
Die Bundestagsabgeordnete der Grünen kam pünktlich. Und weil Renate Künast auch keine Wahlkampfrede hielt, blieb reichlich Zeit für Gespräche, vor allem mit dem Naturland-Landwirt Benedikt Karg in Kronungen und mit Gemüsebäuerin Isolde Tietze auf dem Schweinfurter Marktplatz.
Bereits 1990 wurde der Hof von Benedikt Karg von dessen Eltern auf Ökolandbau umgestellt. Seither werden auf 45 Hektar naturschonend Weizen, Roggen, Dinkel, Futterpflanzen (wie Triticale, Erbsen, Bohnen und Kleegras), aber auch Kartoffeln, Zwiebel und Äpfel geerntet. Im Hofladen von Karg (Von-Erthal-Straße 4), der an vier Tagen in der Woche jeweils zwei Stunden geöffnet hat, gibt es auch die Eier der 200 Freilandhühner, Kürbisse, Walnüsse, Apfelsaft, Suppenhühner, Rote Beete und sonstiges saisonales Gemüse aus eigener Produktion sowie Ökoware von Partnerbetrieben aus der Region.
Grundversorgung im Hofladen
Für den Vollerwerbslandwirt Benedikt Karg, der seit 2013 das Sagen auf dem Hof hat, ist der Laden zur Haupteinnahmequelle geworden, auch weil er die Grundversorgung für den Ort übernommen hat, und weil es Apfelbier, Wurst, Kaffee, Säfte und viel Gutes für das Frühstück gibt.
Mit „das ist aber gemütlich hier“ nahm der Gast aus Berlin Platz auf dem Paletten-Sitzenmöbel im Hof und erfuhr, dass das Schweinfurter Land eine trockene Region ist, in der es heuer mehrfach Hagel und starken Regen gegeben hat, und trotzdem Waldbrände drohen. Mit Benedikt Karg sprachen Künast, der Grünen-Kreisrat und Landtagsdirektkandidat Paul Knoblach sowie die Bundestagsabgeordnete Manuela Rottmann aus Hammelburg über den mit 45 Hektar im Bundesvergleich kleinen und für Franken schon recht stattlichen Hof und über dessen 200 Hennen, deren Eier ausschließlich bei ihm über die Theke gehen.
Mehr Ökolandbau
Künast bekannte, dass sie ihr Ziel von 2001, 20 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland auf Ökobetrieb umzustellen, kräftig nach oben korrigiert habe und erfuhr, dass nicht nur Bauer Karg im bayerischen Landwirtschaftsministerium einen Mitstreiter beim Öko-Landumbau sieht. Lob gab es auch für die interkommunalen Allianzen und deren Engagement bei der Vermarktung der Bioware., was die Artenvielfalt sichere und dem Klimawandel entgegensteuere. Hier sieht Künast auch den Freistaat und den Bund in der Pflicht, „Steuergelder sinnvoll“ einzubringen.
Auf dem Anhänger des Traktors wurden dann die zwei Dutzend Gäste auf die Felder zwischen Kronungen und Kützberg geschaukelt, wo derzeit der mobile Hühnerstall von Benedikt Karg steht. Wenn die 200 Hennen und zwei Hähne in vier bis sechs Wochen die von einen Elektro-Weidezaun geschützten knapp 1000 Quadratmeter abgefressen haben, wird der umgebaute LKW-Anhänger mit Solarzelle (für Zaun und Beleuchtung) und 500-Liter-Wassertank zum nächsten Futterplatz gefahren – ganzjährig. Körner bekommt das Federvieh auch, jeden Morgen und am Abend. Karg berichtete auch von „Ausfällen“ im Winter. Dann hole sich der Habicht um die 20 Hennen. Marder und Fuchs halte der Zaun ab.
Ein Kochbuch schreiben
Die nächste Station auf der Frankentour von Renate Künast war der Stand des Naturlandbetriebs von Gustav und Isolde Tietze vor dem Schweinfurter Rathaus. Der Gartenbaubetrieb in Sennfeld erntet auf 15 Hektar Freifläche und Gewächshäuser mit vier Festangestellten Gemüse, Obst und Blumen und verkauft seine Produktion vor dem Rathaus, an einen Bio-Großhändler sowie an Kollegen. In der Saison ist der Stand auf dem Marktplatz mit bis zu 60 Gemüse- und Salatsorten aus dem Eigenanbau bestückt.
Am Dienstag erinnerte sich Isolde Tietze an ihre ersten Jahre auf dem Markt. Vor 43 Jahren seien noch über 70 Erzeuger aus Sennfeld, Gochsheim und Schwebheim und nicht nur ein halbes Dutzend aus Sennfeld gekommen, so Tietze. Alles sei kleiner gewesen, jedem habe ein Sonnenschirm gereicht. Künast begeisterte sich für die sieben Tomatensorte des Naturlandbetriebes, erfuhr, dass die fünf Tomatensorten auf ihrem Balkon in Berlin es gerne feucht haben, aber nicht im Wasser stehen wollen. Im Gespräch über die Gemüsesorten und die Küche kam die Bundestagsabgeordnete dann gleich zweimal zu dem Ergebnis: „Wir schreiben zusammen ein Kochbuch“.



