
„Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen“, wusste schon Matthias Claudius. Viel erzählen kann auch Nele Brüggemann, die im Winter dreieinhalb Monate durch Australien, Bali und Thailand reiste. Es war beileibe nicht ihre erste Individualreise. „Ich war schon zweimal in China, in Afrika und Neuseeland“, erzählt die 21-Jährige und sie stellt fest: „Reisen ist cool, aber wenn du schon viel gesehen hast, dann kennst du auch fast alles schon.“
Die Mediengestalterin hat den Urlaub von zwei Jahren zusammengespart und noch einen Monat unbezahlt dazu genommen um sich auf diese Reise zu begeben. Begleitet wurde sie von einer Kindergartenfreundin, Luisa Mohr. „Wir haben uns nicht gestritten und nicht gezickt, trotzdem ist es ganz schön anstrengend ein Vierteljahr auf so engem Raum zusammenzuleben“.
40 Euro Stundenlohn für einfachste Arbeiten
Der enge Lebensraum der ersten eineinhalb Monate war ein Kastenwagen, der den beiden auf der Fahrt durch Australien als Wohnmobil diente. Übernachtet wurde oft auf Parkplätzen oder hinter Tankstellen, denn „die Campingplätze sind sehr teuer, 20 Euro die Nacht“, erklärt Brüggemann. Allerdings verdiene man in Australien unglaublich viel Geld. Schon für einfachste Arbeiten bekäme man einen Stundenlohn von 40 Euro und mehr, erzählt sie. Und auch wenn sie Australien als eine „Zwischending zwischen Europa und Amerika“ erlebte, es gab doch Dinge, die sie vorher so noch nicht gesehen hatte.
Da war beispielsweise eine Kleinstadt, die unter einer Fledermausplage litt. 250 000 Fledermäuse hatten sich dort niedergelassen und man konnte nichts dagegen tun, denn die Tiere stehen unter Artenschutz. „Die Leute haben mir echt leid getan“, erzählt die junge Frau. Die Tiere hätten Menschen und Pferde gebissen und dabei nicht selten die Tollwut übertragen. „Dort sind Tierärzte gestorben, weil sie noch kein Gegengift gegen die Tollwut hatten“, erinnert sich Brüggemann.
Andererseits stellt die junge Frau fest, dass man schon „verrückte Vögel“ kennenlernt auf so einer Reise. Da waren beispielsweise zwei Esten, die eigentlich nur ein Jahr nach Australien wollten, dann aber – als sie sahen, wie viel Geld man dort verdienen kann – doch alles versuchten, um dauerhaft bleiben zu können. Oder der Kanadier, der sobald er Geld hat, nach Australien kommt um hier mit seinem Paracider zu fliegen. Seinen Schirm, ein Zelt zum Schlafen und ein wenig Geld, mehr brauchte der nicht, „kein Handy kein nichts“, wundert sich Brüggemann. Wenn das Geld weg war, flog er zurück nach Kanada um neues zu verdienen.
Bali mit Familienanschluss
Von Australien ging es nach Bali, da die beiden jungen Frauen hier und in Thailand Unterkünfte über Airbnb buchten, hatten sie oft Familienanschluss. So feierten sie Weihnachten, indem sie mit einer Familie Hähnchen auf dem Boden sitzend aßen. Mit dem Flug nach Asien tauchten die zwei jungen Frauen in eine andere Welt ein: „Nicht so hektisch nicht soweit wie wir, und unglaublich spirituell“. Die Balinesen halten täglich mehrere Zeremonien für ihre Götter ab. „Eine Frau aus der Familie war nur für die Rituale zuständig“, erzählt die 21-Jährige. „Die hat täglich etwa 20 Schälchen mit Blumen, Wasser und Räucherstäbchen hergerichtet. Die wurden im Haus verteilt und in den Tempel gebracht“. In Bali erlebten die jungen Frauen auch „heftige Rollerunfälle“. Alle seien mit großen „Motor-Bikes“ unterwegs und hätten auch Babys dabei. Es gebe zwar eine Helmpflicht aber den Helm setze man nur auf, wenn die Polizei in der Nähe sei, erzählt Brüggemann. Auch sie selbst ist eine 125er-Maschine gefahren, die hätte sie in Deutschland nicht fahren dürfen.
Schöne Landschaft mit viel Plastikmüll
Im landschaftlich abwechslungsreichen und schönen Bali aber, auch das erlebten die beiden, stank es permanent nach Plastik. Die Einwohner wüssten nicht mehr wohin mit ihrem Müll und so werde er an allen Ecken und Enden verbrannt.
In Thailand hat es Brüggemann am besten gefallen. „Das ist schon wesentlich sauberer, fortschrittlicher und westlicher“, stellte sie fest. Sie suchte das, was sie noch nicht kannte, „Thaiboxen war super interessant“, erzählt die junge Frau. Das Aufwärmen zu Musik ähnelt eher einem Tanz, dann aber schickten die Thais sogar Sechsjährige in den Ring, „die haben richtig draufgehaut.“ Durch Zufall erlebten die beiden Reisenden auch einen echten Hahnenkampf, der in einer Seitenstraße veranstaltet wurde. „Tote Hähne lagen am Straßenrand, das Pflaster war blutig, die Hähne hatten Sporen an den Füßen so scharf wie Rasierklingen – eigentlich schrecklich, aber gleichzeitig faszinierend.“
Verluste durch Kreditkartenbetrug
Wer über ein Vierteljahr unterwegs ist, erlebt nicht nur Gutes. So verlor Brüggemann in Bali 800 und in Thailand sogar 1500 Euro durch Kreditkartenbetrug. „Plötzlich standen wir ohne Geld da, weil beide Kreditkarten gesperrt waren“, erzählt die junge Frau. Glücklicherweise geschah das erst am Ende der Reise und gut, wenn man zuhause Eltern hat, die schnell Geld einzahlen konnte. „Das kostete zwar ordentlich Gebühren, war aber die einzige Möglichkeit“, bedauert Brüggemann. Trotz dieser negativen Erfahrung wird das sicher nicht ihre letzte Reise gewesen sein, aber jetzt muss erst einmal wieder Urlaub angespart werden.
Wer mehr Bilder von der Reise der beiden jungen Frauen sehen will, kann dies bei der Ausstellung der Fotogruppe der Naturfreunde tun, bei der Nele Brüggemann auch einen Teil ihrer Bilder zeigt. Am 21. und 22. ist die Ausstellung von 10 bis 18 Uhr geöffnet.