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GEROLZHOFEN
Reiner Apel setzt die Segel gen Gerolzhofen
Reiner Apel setzt die Segel gen Gerolzhofen
Norbert Vollmann
Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 24.05.2015 08:09 Uhr

Reiner Apel hat die Segel gesetzt. Am 1. Juni wird er als neuer Steuermann die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde in Gerolzhofen mit ihren gut 1500 protestantischen Seelen in der Stadt und den zwölf im Umland mitbetreuten Gemeinden bis hinauf nach Geusfeld übernehmen.

Lautstarke Kommandos sind nicht sein Ding, wie man im Gespräch mit dem Pfarrer feststellen kann. Man spürt bald, wenn er mehr und mehr ins Reden kommt, Reiner Apel liebt die Begegnung und das Gespräch und doch pflegt er dabei den leisen, achtsamen Ton.

Am Sonntag, 14. Juni, wird Apel, derzeit noch Pfarrer der Kirchengemeinde Arnstein-Thüngen, um 14 Uhr in einem feierlichen Festgottesdienst von Dekan Günther Klöss-Schuster in der Erlöserkirche in sein Amt eingeführt. Er tritt die Nachfolge des 2014 ins Schwäbische gewechselten Pfarrerehepaars Jean-Pierre Barraud und Anja Saltenberger-Barraud an, das sich die Stelle teilte.

„Ich bin gespannt, in jeder Hinsicht, was auf mich in Gerolzhofen zukommt“, betont der „Neue“. Der seit kurzem 54-jährige Pfarrer unterstreicht: „Ich denke, es gibt eine Reihe guter Gründe für den Wechsel nach Gerolzhofen und dass es für mich eine Pfarrstelle ist, wo ich die Erfahrungen meiner bisherigen beruflichen Laufbahn einbringen und unserem christlichen Glauben Impulse geben kann.“

Als Gründe zählt Pfarrer Apel nach den ersten Eindrücken auf:

• Eine hübsche Stadt, die für Einheimische und Touristen attraktiv ist, mit vielfältigem kulturellem Leben, mit Schulen und sozialen Einrichtungen wie Krankenhaus und Altenheim vor Ort.

• Eine Kirchengemeinde von noch überschaubarer Größe in einem kleinen überschaubaren Dekanat, mit einem neuen Gemeindezentrum, das vielfältige Möglichkeiten bietet.

• Eine lebendige ökumenische Zusammenarbeit, und die Möglichkeit, sich wieder stärker als Seelsorger einzubringen.

• Ein Kirchenvorstand, der die Gemeindearbeit aktiv mitgestaltet.

• Und schließlich die Kirchenmusik als ein Schwerpunkt in Gerolzhofen.

Reiner Apel will aber nicht verschweigen, dass es noch einen weiteren, ganz persönlichen Grund für seinen Wechsel gibt. Die Rede ist von seiner in Ebrach wohnenden Lebenspartnerin. So kommen sich beide nun auch räumlich näher. Auf diesen Hinweis legt Apel aber ganz besonderen Wert: „Dies bedeutet keineswegs, dass ich nur der Liebe wegen zum 1. Juni die Stelle wechsle.“

Der neue Pfarrer möchte vielmehr seine vielfältigen Erfahrungen in der täglichen Arbeit in Gerolzhofen fruchtbar machen, angefangen vom Interesse an Bibel, Musik, Geschichte und kulturellem Leben, über die Pflege ökumenischer Zusammenarbeit bis hin zur Begegnung mit Flüchtlingen.

„Nicht die Äußerlichkeiten sind entscheidend, sondern die Begegnungen, die Möglichkeit, sich zu vertrauen und zu bereichern.“
Pfarrer Reiner Apel

Bei all der Glaubensarbeit hoffe er, dass die Freude an handwerklichem Arbeiten, Natur, Kultur, Garten, Kochen oder das Gitarrespiel als Ausgleich von der beruflichen Beanspruchung nicht ganz zu kurz komme.

Aber auch diese Aussage ist symptomatisch für Apel: „Nicht die Äußerlichkeiten sind entscheidend, auch nicht die Daten und Fakten, die Orte und Gesichter, mit denen ich mich erst vertraut machen muss, sondern die Begegnungen, die Möglichkeit, sich zu vertrauen und zu bereichern, vielleicht auch einmal, um die richtige Entscheidung ringen zu müssen.“

Und es sind diese „anrührenden, eindrucksvollen und intensiven Begegnungen“ mit „Herbergsuchenden“ aus dem Iran, die ihm zuletzt an seiner bisherigen Wirkungsstätte in Gänheim und Thüngen besonders in Erinnerung geblieben sind. Auch und gerade um die Perspektive des Gegenüber verstehen zu können.

Offenbar ist es Reiner Apel gelungen, Zugang zu diesen Menschen, zu ihrer fremden Kultur und ihrem angestammten islamischen Glauben zu finden. Insgesamt 20 von ihnen haben sich am Ende nach intensiven vorbereitenden Gesprächen und Glaubenskursen von ihm taufen lassen. Er hat kein großes Aufheben daraus gemacht, weiß aber: „In ihrer freundlichen und zuverlässigen Art sind sie zur Bereicherung der Gemeinde geworden.“

Im März 1961 in Berlin geboren, ist Reiner Apel schon als gerade einmal ein halbes Jahr altes Baby nach Bayern gekommen und in und um München aufgewachsen. Ein engagierter Religionslehrer hat ihn zum Theologiestudium gebracht, das er in München und Heidelberg absolvierte. Apel: „Es waren die Zeiten der Friedensbewegung, und einer meiner Professoren brachte die Stichworte Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung von der Weltkirchenkonferenz in Vancouver nach Deutschland.“ In der Studentengemeinde habe er eine geistliche Heimat gefunden. Auch als Vikar und angehender Pfarrer sei er dem Münchner Raum treu geblieben.

Lange wirkte er in einer Gemeinde am westlichen Stadtrand Münchens, die Extreme vereinte: Vom oberbayerischen Dorf mit Trachten- und Burschenverein bis hin zur Plattenbausiedlung und sozialen Brennpunkten. Dort habe er die ökumenische Zusammenarbeit der Gemeinden bis hin zu Stadtteil-Kirchentagen und großen Kinderbibelwochen geschätzt. Aus diesem Grund sei er von der Landeskirche in den Ökumene-Fachausschuss berufen worden, dem er 16 Jahre lang angehörte, so Apel.

Nach 13 Jahren Gemeindearbeit wechselte er ins Allgäu und in die erwähnte seelsorgerliche Tätigkeit vorwiegend als Krankenhausseelsorger in Oberstaufen und Scheidegg. Hier hatte er viel mit Krebspatienten zu tun, bis hin zur Sterbebegleitung.

Von den „Wischgläubigen“ im Allgäu führte in sein Weg auf der Suche nach einer eigenen Gemeinde erstmals vor viereinhalb Jahren zu den „Lutherischen“ nach Franken in die Gemeinde Arnstein-Thüngen, verbunden mit allen Formen kirchlicher Arbeit. Jetzt wartet die neue Aufgabe in Gerolzhofen auf Reiner Apel.

 
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