Am vergangenen Samstag war Schweinfurt die elfte von insgesamt 17 Stationen des "Bayerischen LandTruck". Im Mittelpunkt der bayernweiten Tour, die unter dem Motto "Eine Tour für die Demokratie!" durch den Freistatt rollt, stehen die Diskussionsrunden der Bürger mit den Landtagsabgeordneten auf der Bühnenfläche des umgebauten Oldtimer-Trailers. Auf dem Schweinfurter Marktplatz stellte sich ein Quintett den Fragen von Moderator Oliver Schikora und den Bürgern vor Ort: Paul Knoblach (Bündnis90/Die Grünen), Volkmar Halbleib (SPD), Gerald Pittner (Freie Wähler), Gerhard Eck (CSU) und Richard Graupner (AfD).
Den ersten Applaus für einen Redebeitrag in der Diskussion, erhielt der Grünen-Landtagsabgeordnete Paul Knoblach aus dem Publikum, als er sich zum Thema "Steigerwaldbahn" äußerte. Er sei besten Mutes, dass auf der Strecke wieder Züge fahren werden. Es fehle allerdings am Willen der bayerischen Staatsregierung. Der CSU-Landtagsabgeordnete kritisierte vorher "das ewige ideologische Festhalten an Bahntrassen, die nur ein paar wenige auserwählte Gemeinden erreichen". Seine Partei setze im Mix im ÖPNV auch auf die neuen Techniken in der E-Mobilität in Verbindung mit "vernünftigen Bahnstrecken".
Thema war auch die zu befürchtete Erdgasknappheit im kommenden Winter für die Schweinfurter Industrie in Folge des russischen Angriffskriegs und dessen Auswirkungen. Der AfD-Abgeordnete Graupner behauptete in diesem Zusammenhang der Ausstieg aus der Kernkraft sei ein Fehler gewesen.
"Wir müssen alles dafür tun, dass Schweinfurt nicht wieder zur Krisenregion wird, was sie einmal aus anderen Gründen war", sagte Knoblach von den Grünen, der nichts von "Abgesängen" hält und überzeugt davon ist, "dass wir den Winter stemmen". "Auch damals hat man Wege gefunden zur Chancenregion zurückzukommen", erinnert er.
CSU-Mann Eck warnte vor der Abwanderung der Industrie ins Ausland. "Daher wird es immer deutlicher, dass wir eine verlässliche und eine bezahlbare Energie brauchen." Dafür warb er für den Weiterbetrieb von zur Zeit noch laufenden Kernkraftwerken.
Mit Sorgen schauen Politik und Bürger auch auf den Fachkräftemangel vor allem im Pflegebereich.Die Lösung sei ein "ganzes Mosaik", erklärte Eck seine Ansicht, zu der auch die bessere Bezahlung für Pflegeberufe gehören müsse. "Wir müssen die Arbeitsbedingungen verbessern", forderte Freie Wähler-Landtagsabgeordneter Pittner. Der SPD-Abgeordnete Halbleib sprach sich unter anderem für eine allgemeine Dienstpflicht aus.
Knoblach, der selbst 35 Jahre lang im Pflegedienst tätig war, fordert die Entwicklung von Assistenzsystemen, um die häusliche und stationäre Pflege herum, um etwa die etablierten Pflegekräfte von den überbordenden Dokumentationspflichten zu entlasten.
Im direkten Dialog zwischen Bürger und den fünf Politikern, ging es ebenfalls um die Energiefragen. "Kernkraft ist als Dauerlösung nicht verantwortbar", betonte Pittner. AfD-Mann Graupner will eine "ideologisch geprägte Ablehnung der Kernkraft", bei vielen erkennen. Edo Günther vom Bund Naturschutz widersprach den Rednern Eck und Graupner zur angeblichen weltweiten "Renaissance" der Kernkraft. Günther kritisiert weiter Versäumnisse der Landesregierung bei der Energiefrage in den letzten Jahren, unter anderem durch das Festhalten an der 10H-Regel bei der Windkraft. "Atomkraft bringt uns nicht weiter", befand der SPD-Abgeordnete Halbleib.
Zum Abschluss der regen Diskussionsrunde wandte sich die Lehrerin Astrid Gelb an das Politiker-Quintett und sagte: "Bei uns an den Schulen brennt es lichterloh". Bedingt durch die schweren Zeiten während der Pandemie und dem anhaltende Lehrkräftemangel. Eck regte dazu eine bessere Besoldung der Lehrkräfte an, aber auch eine Art bindende Verpflichtung der Lehrkräfte für eine bestimmte Zeit in einem Regierungsbezirk tätig zu sein.
"Die 1000 Lehrer, die wir immer schön versprechen, müssten ja schon an der Uni herumlaufen", sagte Pittner mit Verweis auf den Fachkräftemangel. Der Freie Wähler-Landtagsabgeordnete findet, das System Schule über alle Schularten hinweg, müsse grundlegend überarbeitet werden. Sein SPD-Kollege Halbleib verwies auf die "Fehlsteuerung seit langen Jahren in der Lehrerausbildung" in Bayern.
Knoblach drückte den Lehrkräften und der anwesenden Astrid Gelb seinen Respekt aus: "Spätestens seit Beginn der Corona-Pandemie gehen sie über ihre Grenzen – und das schultäglich." Dass, wie Eck und Graupner vorher andeuteten, die Problematik an den Schulen durch Migration entstanden beziehungsweise verschärft sei, hält Knoblach für einen Irrtum: "Die Personaldecke war schon vor der Pandemie und auch vor 2015 zum zerreißen angespannt."