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Schweinfurt
Rechtsanwalt ohne Zulassung musste wegen zweier Briefe in Schweinfurt vor Gericht
Ein Berliner Advokat nimmt im Gericht den Platz des Angeklagten ein. Den Straftat-Vorwurf hört man recht selten. Sein Einspruch hat sich letztlich ausgezahlt.
Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt
Foto: Anand Anders | Landgericht und Amtsgericht Schweinfurt
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 08.02.2024 13:15 Uhr

Es fühlt sich für mich ganz komisch und falsch an, weil ich 25 Jahre auf der anderen Seite gesessen habe." Mit "andere Seite" meint der 56-Jährige den Platz neben ihm, den sein Rechtsanwalt besetzt. Rechtsanwalt war der Mann auf dem "falschen" Platz jahrzehntelang selbst – bis ihm die Rechtsanwaltskammer Berlin am 11. Januar die "Erlaubnis zur Ausübung des Berufs des Rechtsanwalts widerrufen" hat. So steht es in der Anklageschrift, die soeben vor dem Schöffengericht Schweinfurt verlesen wurde. Am 13. März wurde die Entscheidung rechtskräftig.

Trotzdem hat der 56-Jährige in Vertretung eines Mandanten noch Ende März zwei Schreiben ans Amtsgericht Schweinfurt gesandt, in denen er als Rechtsanwalt firmiert. Er vertrat einen Mann wegen des Gebrauchs eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherung. In diesen Schreiben, heißt es, ging es um banale Dinge. Doch just bei Absendung der Briefe durfte der 56-Jährige schon nicht mehr als Anwalt arbeiten. Das brachte ihm einen Strafbefehl mit einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen ein. Dagegen legte der Jurist Einspruch ein, weshalb es zur öffentlichen Hauptverhandlung vor dem Amtsrichter kam.

Schulden beim Finanzamt

Was hat dazu geführt, dass der Angeklagte in seinem Beruf nicht mehr arbeiten darf und um seine Existenz bangen muss? Er habe damals "mit dem Finanzamt eine Zeit lang nicht gut zusammengearbeitet" und Zahlungen nicht geleistet, sagt er. 68.000 Euro habe die Finanzbehörde von ihm gefordert, die er nicht hatte. "Die hatten dann keine Geduld mehr mit mir." Auch privat und gesundheitlich sei er stark angespannt gewesen, als dann auch noch der Widerruf der Berufsausübung durch die Rechtsanwaltskammer dazukam. "Ich habe das Schreiben nur quergelesen, war nicht mehr Herr meiner selbst", beteuert der Angeklagte. Die Anklage selbst sei jedoch "richtig". Der Antrag auf Wiederzulassung laufe bereits.

"Ich will den Mandanten nicht aus dem Vorsatz rausargumentieren", sagt der Verteidiger – und kommt gleich zum Punkt. Er hätte gern eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage. Die Schuld des 56-Jährigen sei gering, weitere Verfahren gegen ihn gebe es nicht. Sein Fehler sei nicht so schwerwiegend, dass man ihm für alle Zeiten die Rückkehr in den Beruf unmöglich machen müsse.

Staatsanwalt ist gegen eine Einstellung des Verfahrens

Der Richter kann sich eine Einstellung vorstellen, aber der Staatsanwalt macht nicht mit. Er meint, von einem Rechtsanwalt könne man erwarten, dass er die Frist kannte, wann der Widerruf seiner Zulassung rechtskräftig wird. Für den Angeklagten spreche sein Geständnis, seine Reue und dass er ohne Vorstrafen sei. Der Staatsanwalt fordert wegen des Missbrauchs von Berufsbezeichnungen in zwei Fällen für den derzeit Arbeitslosen eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 10 Euro.

Der Verteidiger bedauert, dass die Staatsanwaltschaft den Vorschlag des Gerichts "blockiert". Weil der Angeklagte Rechtsanwalt sei, solle er wohl "doppelt bestraft" werden. Jeder andere dürfte mit einer Einstellung rechnen. Es gehe um die Existenz seines Mandanten. Der Antrag der Verteidigung: Nicht mehr als 30 Tagessätze Geldstrafe.

Das Urteil: 50 Tagessätze à 10 Euro für den Missbrauch von Berufsbezeichnungen. Die Strafzumessung sei deutlich anders als im Strafbefehl, auch weil die persönlichen Umstände des Angeklagten nun klar seien, sagt der Richter. Der Angeklagte sei allerdings zu Unrecht in einem Verfahren als Anwalt aufgetreten. Gegen das Urteil ist Berufung oder Revision möglich.

 
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