Im Kalten Krieg, da hatte die Welt wenigstens noch Struktur. In der Disharmonie erinnert sich Götz Frittrang daran, wie damals, während der Schulzeit am Bodensee, der Papa vom Beruf erzählen durfte.
Sein Ernährer, behauptet der Wahl-Bamberger, habe den „Leopard II“ gebaut und mit einem Werbefilm über die kraftstrotzende Kampfmaschine und ihre Glattrohrkanone geglänzt. Die Lehrerin war weniger begeistert – egal. Auch der kleine Götz schlief damals unruhig: In einer Zeit, in der Filme über das drohende nukleare Armaggeddon, wie „The Day After“, noch als Familienunterhaltung galten.
Der Daddy hat damals seinen Sohnemann, der die Zerstörungsradien der Atombombe mit Wachsmalkreisen ausgemalt hat, beruhigt: „Wegen Papas Fabrik wohnst du doch in einem Primärziel.“ Sprich: Zusammen mit Friedrichshafen verdampft auch Familie Frittrang schnell.
Da sage noch einer, der Frittrang, Jahrgang 1977, betreibe nichts als leichte, fluffige Comedy. Die Abgründe, die unter scheinbar heilen Welten lauern: Ihre Risse ziehen sich auch durch die „Wahnvorstellung“, ein „Kabarett am Rande des Nervenzusammenbruchs“. Gleich, ob der liebe Onkel Hipp und seine Gläschen, die Angela, die nach dem Ende der Polit-Karriere vermutlich Teflonpfannen bewerben wird oder das schöne Talibanland Afghanistan, wo ganz dringend Pornos abgeworfen werden müssten: Das Grauen ist näher, als man denkt.
An diesem Abend erzählt Frittrang, „groß, bärtig, irrer Blick“, vom neuesten Kunstprojekt: Fotos von Frauen in der Tiefgarage machen. Dazu muss man sie einfach über längere Strecken hinweg verfolgen und erklären, dass man eigentlich ganz harmlos ist. Ganz im Gegenteil: Nicht erst seit „Charlie Hebdo“ sind vor allem Satiriker gefährdet. Der charmant kokettierende Selbstgeißler („Ich bin ein adipöser Einsiedlerkrebs“) schützt sich mit einer Art kugelsicheren Weste, die seinen Körper als Bio-Panzer umschließt. Ein Ergebnis der schwäbischen Küche und ihren „Arche Noah-Platten“ . Mit eskalierendem Eifer malt sich der Kabarettist aus, was so ein Schwabä verschlingt.
Ein gelernter Poetry Slammer, der schwer geschädigt scheint durch seine Kindheit als Primärziel. Oder die aktuellen Hosenkäufe zusammen mit seiner Mutter: „Ich habe schon mit einem Therapeuten darüber gesprochen.“ Die Mama, für die selbst der Papstberuf nur ein Stellvertreterjob wäre, sie ist unzufrieden mit der Karriere ihres Nachwuchses: Ein Diplomgermanist, in dessen Studentenbude zuletzt Raumsonden aufgestiegen sind, hochgeschossen von den Lebewesen im Badewannenvorleger. Die am Ende eines Evolutionsprozesses von 28 Semestern mal schauen wollten, was ihr Schöpfer da oben so treibt.
Na, ob ihm da nicht wieder mal die Phantasie durchgeht? Der Mann, dessen Vorname eigentlich nur eine LmaA-Bühnenkarriere zugelassen hat. Der rare Familiename soll sich von einem Barbarenkrieger ableiten, durch den mal Rom niedergebrannt worden ist. Beides prägt bis heute.
Immer wieder steigert er vom schnöden Kabarett zum praktischen Infotainment: Wie verscheucht man die Zeugen Jehovas? Oder die GEZ? Letzteres wäre einfach: In dem man sich als Zeuge Jehovas ausgibt. Unterhaltsam ist er, der Frittrang, über zwei Stunden hinweg. Manchmal ist irre halt einfach nur menschlich.