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SCHWEINFURT
Rauchbombe verätzt Lunge der Ordnerin
Symbolbild Bengalisches Feuer       -  Symbolbild Bengalisches Feuer
Foto: dpa | Symbolbild Bengalisches Feuer
Von unserem Redaktionsmitglied Hannes Helferich
 |  aktualisiert: 16.12.2012 12:06 Uhr

Mit ihrem 6:2-Sieg am 4. März 2012 zuhause gegen den ESC Sonthofen legten die Schweinfurter Mighty Dogs den Grundstein für den Oberliga-Aufstieg. Zwei ERV-Ordner werden das Eishockeymatch allerdings aus einem anderen Grund nie vergessen: Wegen der im Gäste-Block wohl aus Enttäuschung kurz vor Spielende geworfenen Rauchbomben erlitten eine 33-jährige ehrenamtlich tätige Ordnerin und ihr Kollege (47) nachhaltige Gesundheitsschäden.

Die Lunge der Frau wurde verätzt, ihr Lungengewebe ist zu 50 Prozent zerstört, „sie wird mit dem Lungenrest leben müssen“, sagt ihr Rechtsanwalt Werner E. Weber. Der 47-Jährige litt später unter massiven Herzproblemen und Herzrhythmusstörungen. Bei einer Operation – ein Katheder musste gesetzt werden – wäre der Mann beinahe verblutet. Der Jurist (Gochsheim) vertritt außerdem zwei leichter verletzte Ordner.

Alle Ordnungskräfte hatten zuerst versucht, die Rauchbomben zu entfernen, zu löschen und Zuschauer zu evakuieren. Polizeikräfte schritten wenig später ein, nahmen Störer fest. Gegen drei vermeintliche Rauchbombenwerfer ermitteln Polizei und Staatsanwaltschaft Schweinfurt seit März. Kürzlich hat man den Fall ins Allgäu abgegeben. Der nun zuständige Staatsanwalt kann wegen weiterer noch nötiger Ermittlungen noch nicht sagen, wann die Klage steht und wann verhandelt wird.

Der vorher gesunde 47-Jährige, der darüber hinaus Verbrennungen an Füßen, Händen und dem Körper davontrug, hat mittlerweile drei Krankenhausaufenthalte hinter sich. Er ist selbstständig in der Fotovoltaikbranche tätig, nebenberuflich arbeitet er im Sicherheitsgewerbe. Sein Glück: Die Krankenkassen haben bis jetzt alles bezahlt.

Bei der 33-Jährigen ist die Lage anders. Sie ist bei ihrem Mann, einem Beamten, mitversichert, hat zusätzlich eine Privatversicherung. Auch sie hat mehrere Krankenhausaufenthalte hinter sich, darunter in einer Lungenfachklinik. Attestiert ist ihr eine COPD, eine Verengung der Atemwege. COPD wird durch eingeatmete Schadstoffe wie Rauch- und Abgase ausgelöst. Nicht selten kommt es danach zur teilweisen Zerstörung des Lungengewebes.

Die 33-Jährige hat bis heute 17 500 Euro aus der eigenen Tasche bezahlt, beendet sind die Behandlungen nicht. Neben dem finanziellen Desaster kommt hinzu, dass sie wegen der Atemnot in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, „Notfall-Cortison ihr Begleiter ist“, sagt Weber.

Problematisch ist am Fall fast alles. Alle Opfer stellten sich, weil dem ERV zugeneigt, freiwillig zur Verfügung. Für den Job prädestiniert waren sie, weil sie im Bewachungsgewerbe tätig sind. Nur: Sie waren keine Mitglieder des ERV und vom Verein auch nicht als Ordner versichert. Weber, den alle vier mit Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüchen beauftragt haben, wundert das, weil das „leicht möglich gewesen wäre“. Die Spieler seien dem Verein ja auch viel wert, merkt er an.

Sein Hauptaugenmerk wirft der Anwalt freilich auf die Tatverdächtigen, zwei Jugendliche und einen Heranwachsenden. Deshalb auch wird vor einem Jugendgericht verhandelt, was Weber hindert, als Nebenkläger mitzuwirken. Der Strafprozess ist fürs Zivilverfahren dennoch bedeutend. Sollten die Tatverdächtigen nämlich wegen fahrlässiger gefährlicher Körperverletzung verurteilt werden, besteht Versicherungsschutz, bei Vorsatz nicht.

Unabhängig davon hat Weber Kontakt zum ERV aufgenommen, die Berufsgenossenschaften und die Versicherungen der Tatverdächtigen angeschrieben. Das bisherige Ergebnis sei ernüchternd, weil sich alle auf das laufende Strafverfahren berufen. Das gilt auch für die Versicherung eines Tatverdächtigen, dessen Eltern eine private Haftverpflichtung haben. ERV-Vorsitzender Stefan Labus, Augenzeuge der Attacke, spricht – wie auch viele Anhänger im Fan-Forum der Mighty-Dogs – von Dummheit. Die Schädigung der Ordner bedauert er wie Vorstandskollege Herbert Hopfauer. Der erklärt, dass der Ordnungsdienst zwar Sache der Mighty Dogs sei, man als Vorstand aber im Benehmen mit der Berufsgenossenschaft und Versicherung des Vereins derzeit prüfe, ob die Ordner nicht doch versichert waren. Hopfauer sagt aber deutlich, dass nicht der ERV die Ordner geschädigt habe.

Laut dem Mighty Dog-Verantwortlichen Volker Betz befinden sich die heute eingesetzten Ordner im Mitgliederstatus, seien also versichert. Betz bestätigte auch eine ehrenwerte Fan-Initiative. Bei Heimspielen des ERV und in Sonthofen wird zu Spenden für die Opfer, zuvorderst für die 33-Jährige, aufgerufen. Die Aktion soll am Wochenende starten. Zur Höhe der Schadensersatzansprüche konnte Weber noch nichts sagen. Im Fall der 33-Jährigen „reichen 100 000 Euro nicht“, sagte er unter Hinweis auf die Gesundheitsschäden und nicht ausgeschlossene Berufsunfähigkeit. Dem Prozess im Allgäu werde er beiwohnen.

 
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Kommentare
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  • tagblatt_leser
    info@bundesliga.de
    weitergeleitet!
    Was soll die Argumentation der "Pyrofans" im Zusammenhang mit der Fussball-Bundesliga? In Sportarenen - gleich welcher Art - hat derartiges Kriegsspielzeug nichts, aber auch gar nichts zu suchen. Die Freude über den Sieg der eigenen Mannschaft kann auch anders ausgedrückt werden.

    Es gehört zwar nicht hierher, trotzdem habe ich das Bedürfnis, es darstellen zu müssen:
    Warum muss die Allgemeinheit (= Steuerzahler!!) für die Polizeikräfte in den Fussballstadien aufkommen? Wenn Vereine wie der FC Bayern Geld ohne Ende haben für Spielereinkäufe, müssten auch ein paar Euro übrig sein für die Ordnungskräfte und das Personal, das hinterher wieder Bahnhöfe und Züge säubert bzw. repariert...Warum zieren sich die Verantwortlichen (auch die Politiker!), das Kind beim Namen zu nennen?
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  • Es erstaunt mich, daß so ein gr0ßer Zeitraum zwischen diesem schlimmen Ereignis und dem heutigen Bericht liegt. Oder hatte ich dementsprechende Meldungen übersehen?
    So, liebe pyroverliebte "Fans", hier habt ihr doch den schlagenden Beweis für die Bösartigkeit eures Tuns. Diese Ordner, die diese Tätigkeit meistens in ihrer Freizeit ehrenamtlich aus Verbundenheit zu ihrem Verein oder meinetwegen auch gegen kleine Bezahlung in einem gewerblichen Sicherheitsdienst leisten, erleiden schwere und schwerste Verletzungen mit nicht absehbaren Spätfolgen. Dies darf einfach nicht sein, daß Menschen durch solch verantwortungsloses Tun körperverletzt werden. In Gesprächen hört man dann aber immer wieder :"Wenn solche "Feuerwerke" in Dortmund (z.Bsp.) oder anderen großen Stadien abgebrannt werden, warum nicht bei uns?" Deshalb ist es so wichtig, daß auf jeden Fall die Maßnahmen der DFL/Politik hoffentlich greifen und dadurch ein positives Beispiel aussenden.
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