
Nicht heimlich, jedoch ziemlich still und leise hat das Sozialreferat der Stadt die Arbeit und den Auftrag von Seniorenbüro und Seniorenbeirat verändert. Aus den Veranstaltern von Reisen und Freizeitangeboten für Ältere ist die politische Vertretung der Senioren geworden – oder soll es zumindest werden.
Bis 2009 hatte 15 Jahre lang Hilger Kestler mit Rita Blaurock das Seniorenbüro aufgebaut und geführt. Die Räume am Schrotturm waren Beratungsstelle für die Bürger und Koordination-Zentrum für die Seniorenarbeit in Schweinfurt, – für jene des Rathauses sowie der Vereine, Verbände und Organisationen und insbesondere für die Arbeit des Seniorenbeirats.
Weniger Personal
Eine Sekretärin gibt es längst nicht mehr. Nach Boris Glöckner (bis 2014) ist Andreas Gehring heute der Geschäftsführer des Seniorenbeirats, aber nicht nur des Seniorenbeirats. Gehring führt zudem dem Beirat für Menschen mit Behinderung und der Lokalen Agenda die Geschäfte.
Die Räumlichkeiten heißen auch nicht mehr Seniorenbüro, sondern soziales „Zentrum am Schrotturm“, wo zusätzlich der Pflegestützpunkt von Stadt und Landkreis, die Betreuungsstelle der Stadt für Behinderte und das städtische Versicherungsamt untergebracht sind.
Ein Blick auf das Seniorenprogramm der Stadt im zweiten Halbjahr 2017 weist an Einzelveranstaltungen nur noch einen einstündigen Jonglagekurs, zwei Ausflüge zum Umweltgarten Reichshof, zwei Vorträge, eine Busfahrt und eine Tanzveranstaltung aus. Regelmäßig im Angebot sind Seniorengymnastik, Walken, Wandern, Schach, das Tanzcafé im Marienstift, der Seniorentanzkreis und der Offene Treff im Schrotturm.
Neue Aufgaben
Dieser neu hergerichtete Raum im Schrotturm hat jeweils am Montag und am Mittwoch von 14 bis 17 Uhr geöffnet. An den Montagen sind diese drei Stunden gut besucht, an den Mittwochen kaum.
Für den Sozialreferenten der Stadt Jürgen Montag und Corina Büttner (Leiterin des Amtes für soziale Leistungen) steht das ausgedünnte Freizeitangebot nicht für einen Rückzug der Stadt aus der Seniorenarbeit, sondern für neue Strukturen, die nicht zuletzt das Subsidiaritätsprinzip verlange, wonach die Stadt nur dort unterstützend einzugreifen hat, wo nicht die freie Wirtschaft oder Vereine und Organisationen für Angebote sorgen.
Umworbene Senioren
Allenthalben hätten sich die Angebote für Senioren vervielfacht, egal ob bei den Reisen oder im Sport, sagt Montag. Über die Programme vom Aero-Club bis zum Wassersport informiere man im Seniorenbüro umfassend, ergänzt Büttner. Wer sich nur die Vorschläge der beiden großen Kirche zur Freizeitgestaltung für Senioren anschaue, habe schon reichlich Auswahl, so Montag. Und die Kirchen stellten nur einen Bruchteil der Angebote für Senioren von insgesamt rund 100 Veranstaltern in Schweinfurt. Auch seien eigene Seniorenprogramme heute weit weniger als früher nachgefragt, da viele der allesamt immer fitteren Senioren Unternehmungen aller Art und für jedes Alter buchen würden.
Für Corina Büttner ist der Raum im historischen Schrotturm trotzdem ein wichtiger Mosaikstein in der Seniorenarbeit. Er stehe für einmalige Treffen oder auch bei der Gründung von Gemeinschaften wie auch von Selbsthilfegruppen zur Verfügung.
In den Alltag einbeziehen
Wichtig ist Jürgen Montag, dass die Belange der Senioren allüberall Berücksichtigung finden. Hier sieht er den Seniorenbeirat in der Pflicht. Dass sich beim Landesturnfest 2019 täglich ein Programmpunkt direkt an die Senioren wenden wird, sei ein durchaus beachtenswerter Erfolg, so der Sozialreferent, der den Beirat bei der stadtteilbezogenen Seniorenarbeit auf dem richtigen Weg sieht. Bei diesem großen Thema habe der Beirat die Federführung übernommen und fülle diese Rolle auch aus.
Sinn und Zweck der aktiven Seniorenpolitik durch den Beirat sei es, dass es zwischen Rathaus und Beirat auch einmal knirsche. Gewollt sei keine pflegeleichte Seniorenvertretung, sondern ein Sprachrohr, das für die Sache laute Töne nicht scheue.
Schritt für Schritt
Beiratsvorsitzender Norbert Holzheid bestätigt im Gespräch mit der Redaktion dieser Zeitung den Kurswechsel bei den Aufgaben des Beirats. Das Mitwirken in der Politik habe den Schwerpunkt Reisen und Veranstaltungen abgelöst. Mit Arbeitskreisen – etwa zu den Themen Wohnen und Öffentlichkeitsarbeit – soll alsbald ein weiterer Schritt in dieser Richtung erfolgen.
Allerdings komme man nur Schritt für Schritt voran. So müsse die Umsetzung des seniorenpolitischen Gesamtkonzepts zurückstehen, da der Beirat sich aktuell an dem Projekt „Barrierefreies Schweinfurt“ beteiligt. Die Teilhabe aller am Leben habe Priorität, lasse über den Tellerrand hinausschauen, zeige, dass man beispielsweise mit dem Beirat für Menschen mit Behinderung viele Probleme gemeinsam angehen könne, so Holzheid.
Gewachsen sei das Ehrenamt diesen Aufgaben jedoch nur, wenn die politisch Aktiven von der Verwaltungsarbeit befreit bleiben, sagt Norbert Holzheid, der kritisiert, dass dem Geschäftsführer Andreas Gehring die Stunden für die Beiratsarbeit zusammengestrichen seien. Weniger Stunden bei immer mehr Senioren und steigender Verantwortung – diese Rechnung gehe nicht auf, so der Vorsitzende.
Dickes Lob
Positiv notiert hat Holzheid, dass Stadtrat und Stadtverwaltung dem Beirat Wertschätzung zollen würden, dass man die Vertretung der älteren Mitbürger ernst nehme. Insbesondere Corina Büttner „unterstützt den Beirat sehr, stärkt uns den Rücken“, freut sich Norbert Holzheid.