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Schweinfurt
Punkt, Punkt, Komma, Strich reicht beim Comic (meistens) nicht
Bewegende Bilder: In der Kunstfabrik wurden Comics vorgestellt, darunter Werke von Liz Baitler aus Schweinfurt.
Foto: Uwe Eichler | Bewegende Bilder: In der Kunstfabrik wurden Comics vorgestellt, darunter Werke von Liz Baitler aus Schweinfurt.
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 02.02.2024 02:49 Uhr

Ritter Jorg erstarrt vor Schreck. Sein Schneider ist gerade erdolcht worden, wie es scheint, von einer geheimnisvollen jungen Frau. Zusammen mit der Stadtwache nimmt der Streiter des Guten die Verfolgung auf – hoch über den Dächern der Stadt kommt es zum Showdown. "Death of Chivalry" nennt sich der Kurzcomic von Liz Baitler, "Tod der Ritterlichkeit". Die Verfolgungsjagd, sie ist nur Prolog einer größeren Geschichte, in der es um Korruption am Königshof gehen soll. Die Bilder sind schwarz-weiß und bleiben, ohne Sprechblasen, erstmal stumm.

"Talking Heads" nennen sich die bayernweiten Live-Comic-Lesungen, die bereits in die zweite Runde gehen. In der Schweinfurter Kunstfabrik erklären zwei junge Zeichnerinnen die Welt der "Sprechenden Köpfe". Designer Julian Reichel begrüßt in der Fußgängerzone rund dreißig Gäste. Mit dabei ist Ehefrau Lea Schumm, mit der er aus Mittelfranken nach Birnfeld gezogen ist.

Weltweit vernetzte Szene

Hinter der Erklär-Veranstaltung steht das Netzwerk "Comic in Bayern", das vom Berufsverband der Illustratoren unterstützt und vom bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst gefördert wird. Lea Schumm ist ebenfalls Designerin und Schöpferin zahlreicher GIFs, Bewegtbilder, die in den sozialen Medien einen festen Platz haben. "Doodleship" nennt sich ihre Präsenz auf der südkoreanischen Webseite "Weebtoons". Rund um Digitalcomics gibt es eine weltweit vernetzte Szene.

Lea Schumm (von links), Julian Reichel und Liz Baitler stellten sich den Fragen des Publikums.
Foto: Uwe Eichler | Lea Schumm (von links), Julian Reichel und Liz Baitler stellten sich den Fragen des Publikums.

Bei Leas vom Leben gezeichneten Charakteren spielt sich die Dramödie hinter Alltagsgeschichten ab. Anfangs waren die Episoden schwarz-weiß, mittlerweile kam Farbe ins Spiel. Es geht um den ersten Kuss, die Angst, gestalked zu werden oder das mutmaßliche Stachelschwein, das die Clique im Italienurlaub erschreckt: auf Englisch, ausdrucksstark, mit Tendenz zur Fröhlichkeit.

Die Bilderwelt von Liz Baitler ist da ein wenig düsterer. Die junge Mediengestalterin aus Schweinfurt beschäftigt sich mit Kampfkunst und Fantasy-Rollenspielen, ist Bassistin und Hochmittelalterfan: ein ikonisches Zeitalter, das mit seinen Hingucker-Miniaturen den Comicstil schon ein wenig vorweg genommen hat. Los ging das Zeichnen 2014. Zustande kam anfangs nur ein Cover, Arbeitstitel "Cruel Winter", "Grausamer Winter". Liz hat rasch gemerkt: "Zeichnen ist nicht das Gleiche wie Comiczeichnen." Neben sehr viel Zeit braucht es fürs Kopfkino noch eine coole Story, die in eine passende Bildfolge umgesetzt werden muss. Die erste echte Geschichte drehte sich minimalistisch um einen Morgenmuffel, der am eigenen Verstand zweifelt.

Den Blick des Zuschauers lenken

Der Durchbruch kam mit Inktober, einem Trainings-Wettbewerb, bei dem Schlagworte zeichnerisch umgesetzt werden, mit einem Werk pro Oktobertag: "Frieren-Bauen-Husky" inspirierte Liz zu einem Schlittenhunderennen zwischen Brüdern. Es folgten YouTube-Tutorien, aktiv wie passiv. 2023 dann der Ritterschlag: Der Auftrag, das Plakat für die Messe "Comicpark" in Erfurt zu zeichnen. Für "Talking Heads" hat sie nun den Mord im Mittelalter inszeniert. Der Effekte wegen arbeitet sie auch mit Airbrush oder Folie, nicht nur mit Tinte und Bleistift.

Um Abgründe des Alltags geht es in den Kurzcomics von Lea Schumm.
Foto: Uwe Eichler | Um Abgründe des Alltags geht es in den Kurzcomics von Lea Schumm.

Vorher gab es Recherche: Wie sah im 13. Jahrhundert eine Werkstatt aus, wie die Mordwaffe, ein wappengeschmückter Rondeldolch? Jedes Detail zählt. Um zu studieren, wie ein Kapuzenumhang richtig fällt, nimmt Liz sogar Videosequenzen von sich selbst auf. "Thumbnails", wörtlich "Daumennägel", nennen sich kleine Vorskizzen, mit deren Hilfe die Bilder entstehen. Den Blick des Zuschauers zu lenken, durch die Anordnung der Illustrationen, ist eine Kunst für sich. Ein möglichst spannender "Pageturner" lädt am Seitenende zum raschen Wenden ein, ähnlich wie bei einem dramaturgischen "Cliffhanger" im Film. Es geht darum, die Emotionen einer Figur zu zeigen, nicht allein mit Sprechblasen. Oder ihr das Geheimnis zu lassen, wie der akrobatischen jungen Frau mit Meuchlerdolch.

Der Andrang bei der Comic-Lesung 'Talking Heads' war groß.
Foto: Uwe Eichler | Der Andrang bei der Comic-Lesung "Talking Heads" war groß.
 
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