Der Antrag auf Bezuschussung der Arbeit der Bürgerinitiative "Bergrheinfeld sagt nein" stand auf der Tagesordnung der jüngsten Gemeinderatssitzung. Deren Vorsitzender, Norbert Kolb, informierte das Gremium über die Arbeit des seit 2019 eingetragenen Vereins.
"Die BI Bergrheinfeld ist ein Zusammenschluss von interessierten Bürgern, Bauernverband, Flurbereinigungs- und Jagdgenossenschaft", erklärte Norbert Kolb. Hintergrund seien Grundstückskäufe durch den Netzbetreiber Tennet im Jahr 2014 für ein neues Umspannwerk gewesen. Dieses sollte das alte im Industriegebiet "Am Bahnhof" nach Abschaltung des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld ersetzen.
Stromtrassenpolitik der EU
Das neue Umspannwerk "Bergrheinfeld West" sollte unser Beitrag zur Energiewende sein. Von neuen Stromtrassen sei damals nie die Rede gewesen. "Mittlerweile wissen wir, dass bereits im Jahr 2008 von der EU eine neue Stromtrassenpolitik für Deutschland beschlossen wurde", so Kolb.
Für das neue Umspannwerk seien zwölf Hektar Land benötigt worden, wobei der dringend benötigte "Phasenschieber" nur einen Bruchteil dieses Geländes ausmacht. Rund acht Hektar brauche Tennet für die geplante Konverterhalle. Insgesamt habe der Netzbetreiber bereits 54 Hektar Feld in Bergrheinfeld gekauft, wobei für die Baumaßnahmen nur etwa 24 Hektar benötigt werden. Somit stünden noch rund 30 Hektar zur freien Verfügung.
150 Strommasten
Kolb wies darauf hin, dass die Trasse von SüdLink durch Unterfranken grob feststehe. Inzwischen gehe es um die Frage, ob am Ende drei statt zwei parallele Leitungen durch das Land führen. Die Leitung P43, die erst gestrichen wurde, sei wieder in der Planung. Tennet spiele nicht mit offenen Karten, betonte Kolb. Bergrheinfeld sei mit über 150 stehenden Strommasten seit Jahren stark belastet und kein einziger werde abgebaut.
Die Kosten des Netzausbaus, die Kolb auf rund 150 Milliarden Euro schätzt, zahle der Verbraucher. Analysten gingen von einem möglichen Strompreis beim Endkunden in Höhe von 50 bis 60 Cent je Kilowattstunde ab 2025 aus. Strom dürfe nicht zum Luxusgut werden.
8000 Megawatt Leistung
Das Kernkraftwerk Grafenrheinfeld als Versorger der Industrie in Schweinfurt und Umgebung hatte eine Kapazität von rund 1600 Megawatt. Durch das Abschalten fehle diese Strommenge, doch seien die Lichter bei uns nicht ausgegangen und würden auch in Zukunft nicht ausgehen, so Kolb. Weiter sagte er, dass Bergrheinfeld-West auf 8000 Megawatt Leistung ausgelegt sei. Das weise darauf hin, dass es bei den Stromtrassen nur um den europäischen Stromhandel gehe und 25 Prozent des deutschen Stromes künftig über Bergrheinfeld fließen solle.
Reine Stromautobahnen
Ziel der BI sei es, die Netzausbaupläne in Deutschland zu minimieren. "Unser Ansporn ist eine tatsächliche Energiewende, an der auch Privatpersonen, regionale Erzeuger und Industrie ein Geschäftsfeld der nächsten Jahre neu erschließen kann", betonte Kolb. Die bisherigen Planungen seien reine Stromautobahnen: Kabelanfang im Norden, Kabelende in Bergrheinfeld-West. Dazwischen gebe es keinen Abzweig oder keine Nutzung für andere.
"Wir halten das, wie auch die komplette Planung, für überzogen", so Kolb. Die aktuell gebauten Leitungen seien ausreichend, wenn man sie modernisiere. Und die Umsetzung per Schnellverfahren sei ein weiterer Schritt, um den Bürgern jegliches Mitspracherecht zu nehmen.
Klage vor dem EuGH
Vertreten werde die BI vom Würzburger Rechtsanwalt Wolfgang Baumann, erklärte Kolb. Dieser vertrete die Auffassung, dass alle drei SuedLink-Trassen gegen EU-Recht verstoßen. Der Grund sei eine bis jetzt fehlende Kosten-Nutzen-Untersuchung, die von den EU-Verordnungen aber zwingend vorgeschrieben sind. Deshalb werde man das Bundesbedarfsplangesetz vor den Europäischen Gerichtshof bringen.
Dezentrale Energiewende
"Wir können noch einiges bewirken", erklärte Kolb, doch es sei verdammt zäh. Die Gelder der BI würden satzungsgemäß verwendet. Hohe Kosten fielen beispielsweise für Gutachten oder bei der Beteiligung an Antragskonferenzen an. Die BI werde sich auch künftig für die dezentrale Energiewende einsetzen.
Bürgermeister Ulrich Werner dankte der BI für deren Engagement. Er sehe die Entwicklung sehr kritisch, vor allem weil man vom Netzbetreiber Tennet nur mit Teilwahrheiten gefüttert werde. Er fragte, warum müsse so viel Strom über Bergrheinfeld fließen als europäischer Umschlagplatz für Strom. Hier gehe es nicht nur um Bergrheinfeld, sondern ganz Deutschland müsse für diese Trassen zahlen.
Den Antrag auf Bezuschussung der Arbeit der BI befürwortete der Gemeinderat einstimmig. Die BI erhält für ihre Arbeit dieses Jahr einen Zuschuss in Höhe von 5000 Euro.