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GEROLZHOFEN
Polen hört auf Hymne aus Gerolzhofen
Komponist aus Gerolzhofen mit polnisch-österreichischen Wurzeln: Die von Marian Waskiewicz komponierte polnische Verfassungshymne („Hymn Konstytucji 3 Maja“) findet zu seiner großen Freude in seinem Heimatland Polen immer größeren Anklang.
Foto: Norbert Vollmann | Komponist aus Gerolzhofen mit polnisch-österreichischen Wurzeln: Die von Marian Waskiewicz komponierte polnische Verfassungshymne („Hymn Konstytucji 3 Maja“) findet zu seiner großen Freude in seinem ...
Norbert Vollmann
Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 26.04.2023 21:39 Uhr

Wenn am 3. Mai unser Nachbarland Polen seinen Nationalfeiertag zu Ehren der Verfassung von 1791 begeht, dann wird dort ein Gerolzhöfer mit polnisch-österreichischen Wurzeln wieder ganz besonderes Gehör finden. Denn die von Marian Waskiewicz komponierte Konstitutions- oder Verfassungshymne („Hymn Konstytucji 3 Maja“) findet dort immer größeren Anklang.

Der Gerolzhöfer – der Vater war katholischer Pole, die Mutter protestantische Österreicherin – freut sich sichtlich über das zunehmende Interesse an seiner Komposition. Die Tantiemen sind dabei zwar für ihn ein willkommenes Zubrot, spielten aber eher eine untergeordnete Rolle, als er sich über die Partitur machte.

Marian Waskiewicz zu seinem eigentlichen Antrieb: „Bisher gab es keine Hymne für diesen Anlass. Dieser Umstand hat mich dazu bewogen, diesem historischen Ereignis einen angemessenen Rahmen zu geben. Ich habe mir deshalb erlaubt, eine Hymne zu schreiben“.

Die Aufrufe im Musik-Kanal You Tube (Stichwort: Hymn Konstytucji 3 Maja) machen Marian Waskiewicz schon etwas stolz. Er betont: „Dafür, dass es kein Schlager ist, ist das nicht schlecht. Wenn das so weiter geht, singt in 20 Jahren halb Polen die Hymne.“

Tatsache ist jedenfalls, dass den bald 75-Jährigen inzwischen Anfragen bis hin in die USA und nach Südamerika erreicht haben, sein Werk spielen zu dürfen. Die Zeichen stehen also gut, dass aus der Verfassungshymne eine kleine, neue polnische Nationalhymne wird. Denn wer aufgrund seiner Geschichte um die Bedeutung des 3. Mai 1791 für das lange geknechtete und unterdrückte polnische Volk weiß, kann sich vorstellen, dass die Hymne im freiheitsliebenden Land einen hohen Stellenwert hat (siehe weiteren Artikel).

Dazu trägt auch und gerade der von der Polin Zofia Pietrzyk zur Musik von Marian Waskiewicz verfasste Text bei. Darin heißt es unter anderem: „Polen, Polen, Polen, du unbezähmbares Land – bau uns eine Demokratie, in der wir leben wollen.“ Und weiter: „Freiheitliche Verfassung – dein Echo erklingt am 3. Mai – und ermutigt uns zum Glauben an eine bessere Welt.“

Mit Zofia Pietrzyk hat Waskiewicz schon früher zusammengearbeitet. Es war zu der Zeit, als er sich nach seiner Zeit als Geschäftsmann wieder seiner ursprünglichen Passion, der Musik, zugewandt hatte und nach Texten von ihr als auch von dem in Polen sehr bekannten Andrzej Waligorski mehrere Chansons schrieb.

Marian Waskiewicz, Jahrgang 1939, hatte seine Ausbildung als Komponist, Pianist und Dirigent in Breslau, Wien und Salzburg erhalten. Nachdem er sein Leben über 20 Jahre lang erfolgreich der Musik gewidmet hatte, beschloss er den „goldenen Käfig“ zu verlassen.

Er, der noch kurz zuvor als aussichtsreicher Anwärter auf den Chefdirigenten-Posten des Symphonischen Orchesters Berlin galt, wurde stattdessen ab 1982 Unternehmer und leistete erfolgreiche Pionierarbeit zwischen Deutschland, Polen und dem Baltikum.

In Zusammenarbeit mit den bekannten Wöllner-Werken in Ludwigshafen führte er bauchemische Produkte ein und sorgte mit Hilfe des TÜV Rheinland und des TÜV Bayern für eine gute Ausbildung der Mitarbeiter in den dortigen Firmen.

2001 beendete Marian Waskiewicz seine unternehmerische Tätigkeit. Die Musik kehrte in sein Leben zurück und er begann „aus Spaß, damit ich nicht einroste“, wie er selbst sagt, wieder zu komponieren.

2009 hatte er die Idee, die Weihnachtsgeschichte von Carl Orff und Gunild Keetman im Einvernehmen mit dem Schott-Verlag ins Polnische zu übersetzen. 2010 wurde sie in Verbindung mit der Musikakademie Posen und 700 Schulkindern in seinem Heimatland erstaufgeführt. Die Presse sprach von einer „ergreifenden Vorstellung“. Die Choreografie lieferte die Orff-Schülerin Dagmar Waskiewicz, seit nun fast 50 Jahren die Frau an Marians Seite. Ausschnitte einer davon für den polnischen Markt produzieren DVD finden sich auf You Tube unter „Historia Bozego Narodzenia“.

Eine bei uns ganz unbekannte polnische Tradition regte Marian Waskiewicz ebenfalls an, kompositorisch tätig zu werden. 100 Tage vor dem Abitur tanzen dort im Januar alle Abiturienten im ganzen Land in Schulen und auf öffentlichen Plätzen eine Polonaise. Dafür wurde lange Zeit vorwiegend auf zwei Kompositionen von Michal Oginski beziehungsweise Wojciech Kilar zurückgegriffen. Marian Waskiewicz schrieb eine dritte Polonaise.

Die Idee war geboren worden, als er und seine Frau nach der Silvesterfeier in Breslau (Wroclaw) in ihre Wohnung auf der Dominsel zurückkehrten. Er meinte damals „Es wäre schön gewesen, eine Polonaise zu tanzen“.

Worauf sie meinte: „Dann schreibe halt eine.“ Gesagt, getan. Die Neujahrspolonaise (im Internetportal Youtube unter dem polnischen Namen „Polonez Noworoczny“ anzusehen) findet seitdem in Polen wie die von Marian Waskiewicz komponierte Verfassungshymne immer mehr Gefallen. Sie wurde bereits zwei Mal, 2013 und 2014, von der Breslauer Ausgabe der größten Zeitung Polens, der Gazeta Wyborcza, für den Tanz der Abiturienten in Breslau ausgewählt.

Die „Polonez Noworoczny“ wurde dabei auf dem großen, alten Marktplatz von Tausenden von Schülern getanzt, angeführt von Oberbürgermeister Rafal Dutkiewicz und dem stellvertretenden Chefredakteur der Zeitung, Wojciech Perlowski.

Im Herbst 2014 wird Marian Waskiewicz übrigens mit der Sudetenphilharmonie Waldenburg (Walbrzych), zusammen mit seiner Tochter, der auch unter dem Namen Danusha Waskiewicz bekannten Bratschistin Danuta Waskiewicz, ein Konzert in Polen geben, worauf sich beide schon besonders freuen.

Mehr Infos über Marian und Danuta „Danusha“ Waskiewicz im Internet:
www.marian-waskiewicz.com
www.danushawaskiewicz.com/de

Die polnische Verfassung von 1791

Polen-Litauen gab sich als erstes Land in Europa eine moderne Verfassung (Konstitution) im Sinne der französischen Aufklärung. Sie wurde am 3. Mai 1791 im Warschauer Königsschloss ratifiziert. Es war erst die zweite ihrer Art auf der Welt überhaupt, nach der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika von 1787. Diese Reform war jedoch aufgrund der Freiheitsbestrebungen eine Bedrohung für die absolutistische Herrschaft der Nachbarländer Polens, allen voran für Russland und Preußen. Die Intervention Russlands mündete 1792 in den russisch-polnischen Krieg. Im Rahmen der Zweiteilung Polens durch Preußen und Russland wurde die Verfassung Polen-Litauens 1793 wieder außer Kraft gesetzt. Es blieb nur noch ein Reststaat übrig. Nach 123 Jahren Fremdherrschaft gewann Polen erst im Jahre 1918 nach Beendigung des Ersten Weltkriegs seine Unabhängigkeit zurück. Man spricht deshalb auch von der zweiten polnischen Republik. Die Besetzung Polens durch Hitler 1939 zu Beginn des Zweiten Weltkriegs und die anschließende Zeit des Kommunismus unter dem starken Einfluss der UdSSR setzten den freiheitlichen Bestrebungen des Landes aber schon bald ein erneutes Ende. Nach der Wende im Jahr 1989 wurde der 3. Mai zu Ehren der Verfassung von 1791 bereits 1990 wieder zum Nationalfeiertag. Seit 2007 ist er es auch in Litauen, wo Marian Waœkiewicz am 16. Juli 1939 in Wilna (Vilnius) geboren wurde.

Musikalische Familie: Marian Waœkiewicz mit seiner Tochter Danuta. Die bekannte Bratschistin ist auch unter dem Namen Danusha Waœkiewicz bekannt. Beide geben heuer im Herbst in Polen mit der Sudetenphilharmonie Waldenburg ein gemeinsames Konzert.
Foto: Waœkiewicz | Musikalische Familie: Marian Waœkiewicz mit seiner Tochter Danuta. Die bekannte Bratschistin ist auch unter dem Namen Danusha Waœkiewicz bekannt.
 
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