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Schweinfurt
Podiumsdiskussion im St.-Josef-Krankenhaus: Wie man in Würde altern kann
In Würde altern: Darüber diskutierten Michael Mildner, Fabian Bandorf, Jochen Keßler-Rosa und Moderator Günter Borgolte (von links).
Foto: Heinrich Wullhorst | In Würde altern: Darüber diskutierten Michael Mildner, Fabian Bandorf, Jochen Keßler-Rosa und Moderator Günter Borgolte (von links).
Heinrich Wullhorst
 |  aktualisiert: 13.02.2024 08:39 Uhr

Das Schweinfurter Josefskrankenhaus feiert in diesem Jahr zwei Jubiläen. Seit 15 Jahren gibt es ein Ethikkomitee, die Abteilung für Akutgeriatrie besteht seit einem Jahrzehnt. Aus diesem Anlass gab es am Dienstag einen Themenabend, bei dem sich die Podiumsteilnehmer darüber austauschten, wie man in Würde altern kann.

Moderiert von dem Neuropsychologen Günter Borgolte diskutierten Pfarrer Jochen Keßler-Rosa, der seelsorgerische Aspekte in die Debatte einbrachte, der ehemalige ärztliche Direktor des Krankenhauses, Michael Mildner, und Fabian Bandorf, der als Stationsleiter der Akutgeriatrie ganz nah an den Patienten ist.

Die Menschenwürde sei, so Keßler-Rosa nicht nur im Grundgesetz verankert. Sie habe ihre Wurzel in dem Gebot "du sollst Vater und Mutter ehren".

"Wie weit kannst du gehen und wie weit darfst du gehen." Diese Frage hat ihn in fast 40 Jahren in der Akut-Medizin begleitet, berichtete Michael Mildner. So habe er einer 99-jährigen Patientin einmal ein Kunstgelenk implantiert. Die Patientin habe danach noch bis zum 102. Lebensjahr selbstständig leben können. Auch das sei eine Qualität, die für Würde im Alter stehe. Da gelte es gelegentlich, Grenzen zu verschieben.

Entscheidende Faktoren, die Würde im Alter sicherzustellen, seien die Förderung von Teilhabe, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung. "Das müssen wir den Menschen bis ins hohe Alter ermöglichen", beschreibt Mildner den Auftrag an Ärzte und Pflegepersonal. Die Teilhabe im Familienverband sei in den vergangenen Jahrzehnen zunehmend zurückgegangen. Oft seien die Kinder in alle Welt verstreut, und die Anbindung in der Nachbarschaft gehe selbst auf dem Dorf heute zurück. Für sein eigenes Altwerden wünscht sich Mildner, immer neugierig zu bleiben.

Viele haben Angst vor den alltäglichen Lebensanforderungen

Fabian Bandorf hat in vielen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten herausgefunden, was für sie zu einem würdigen Leben im Alter gehört. "Viele haben Angst vor den alltäglichen Lebensanforderungen des Alters. Sie wollen nicht allein sein und wünschen sich gebraucht zu werden", erläutert der Stationsleiter. Deshalb sei es wichtig, die Patienten bei ihren Gewohnheiten abzuholen und am Anfang intensive Informationen über ihren Alltag zu beschaffen. Das Ziel des Klinikaufenthalts in der Geriatrie solle immer sein, den Menschen die Rückkehr in ein Zuhause zu ermöglichen.

Das müsse, so Keßler-Rosa, nicht immer die eigene Wohnung sein. "Ältere Menschen suchen einen Ort, wo sie sein dürfen und nicht unter Druck sind", stellt er fest. Sie würden sich nach Kontakt zu anderen Menschen sehnen, selbst dann, wenn sie nur noch im Bett liegen können. "Sie freuen sich über jede Berührung, die sie spüren." Das Bibelzitat "es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei", verweise auf die sozialen Bezüge, die der Mensch zu einem Leben in Würde brauche. Er kritisiert die Kommerzialisierung des Gesundheitssystems und betont, wie wichtig gemeinnützige Trägerstrukturen sind. "Je weniger Gemeinnützigkeit es gibt, um so stärker steigt die Renditeorientierung."

Die Leiterin des Ethikkomitees, Cordula Gehlert-Wohlfahrt, hatte in einem kurzen Einspielvideo ältere Menschen befragt, was für sie zentral ist, um den Alltag zu meistern. Eine geregelte Tagesstruktur gehört ebenso dazu, wie die Bereitschaft sich weiterhin über das Geschehen in der Welt per Zeitung oder Internet zu informieren.

Zu den Interviewpartnern gehörte auch der Würzburger Alt-Bischof Friedhelm Hoffmann. Er betrachtet es als ein "großes Geschenk, alt werden zu dürfen". Das Mehr an Zeit ermögliche es, mehr für andere da zu sein als es das Berufsleben oft zulasse.

 
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