„Besinnlichkeit durch Künstlerhand hat eine besondere Qualität.“ So steht es im Gästebuch, das in der Kirchbergschule aufliegt. Bereits zum fünften Mal gab es dort den Üchtelhäuser Adventszauber.
Während vor der Schule der Glühwein dampft, die Suppe auf offenem Feuer kocht und die Blasmusik spielt, ist es drinnen gemütlich warm. Der Förderkreis Kirchbergschule lädt ein ins Café. Die Künstler haben ihre Ateliers geöffnet, und in Workshops für Groß und Klein werden Sterne gebastelt oder Engel gefilzt.
Besonders lebhaft geht es in der Küche der Kirchbergschule zu. „Wir backen Bürgermeisterplätzchen“, erklärt der fünfjährige Darian stolz. Dabei dreht er fleißig an dem alten Fleischwolf, durch den sich der Teig für die Vanillehörnchen quält. Bei so viel Drehenergie hat Bürgermeisterin Birgit Göbhardt alle Hände voll zu tun, um den Oldtimer an seinem Platz zu halten. Der Fleischwolf ist noch von ihrer Oma. Und immer, wenn sie hier mit den Kindern Plätzchen bäckt, kommen nostalgische Gefühle auf. Erinnerungen an die eigene Kindheit und die adventliche Backstube bei der Oma, aber auch an das Plätzchenbacken mit den eigenen Kindern.
Zuhause kommt Göbhardt – seit sie Bürgermeisterin ist – nicht mehr dazu, Plätzchen zu backen. Aber hier in der Kirchbergschule ist sie von Anfang an dabei. Und gleich fürs erste Mal hat sie auch für sich selbst und die Kinder bei der Lebenshilfe in Schweinfurt Schürzen nähen lassen. „Bürgermeisterplätzchen, mmh, lecker, lecker, lecker“, steht darauf zu lesen. Und es scheint auch zu stimmen. Mike Ford, einer der Künstler, kommt in der Backstube vorbei und probiert. Erstaunt stellt er fest: „Die sind gut!“ Auch die kleinen Bäcker bedienen sich nach Herzenslust und sind zufrieden. Nur die mit den Zitronen im Teig, die findet der siebenjährige Philipp nicht so gut.
Fünf Portionen Teig bringt Göbhardt mit, zwei weitere Ursula Neumann aus Maßbach. Sie hilft in der Weihnachtsbäckerei mit, weil sie den Förderverein Kirchbergschule unterstützt und auch ihre eigenen Kinder begeistert mitbacken. Die Kinder seien öfter mal hier bei den Kreativ-Workshops, die die Künstler anbieten, erzählt Neumann und meint: „So etwas gibt es bei uns nicht.“
Die meisten Kinder, die in der Backstube mitarbeiten, haben auch zu Hause schon Plätzchen gebacken. Die neunjährige Lara hat mit ihrer Oma „die mit der Marmelade drin“ gebacken. Und der achtjährige Julian hat mit der Mama „die normalen“ gebacken und dann mit Streuseln verziert.
Auch Darian, der immer noch den Fleischwolf bearbeitet, bäckt mit der Oma Plätzchen. „Aber nicht so altmodisch“, stellt er fest. Der Fleischwolf läuft inzwischen Gefahr, zu einer nie endenden Geschichte zu werden. Was vorne rauskommt und den Kindern nicht gefällt, also fast alles, wird oben wieder reingesteckt.
Die Bürgermeisterin muss regulierend eingreifen, sonst wandert da nie was aufs Backblech. Margot Mayer wartet nämlich schon am Herd auf die Plätzchen. Sie ist die „Ofenwärterin“.
Was Bürgermeisterin Birgit Göbhardt in den letzten Jahren auffällt: „Die Backstube wird immer mehr zur Männerdomäne.“ Beim Plätzchenbacken seien inzwischen mehr Buben als Mädchen da.
Ob das daran liegt, dass die Kinder nach Herzenslust naschen dürfen, oder eher an den technischen Herausforderungen mit den altertümlichen Haushaltsgeräten oder am herzlichen Humor der Bürgermeisterin? Das wird wohl ein Geheimnis des Üchtelhäuser Adventszauber bleiben. Jedenfalls ist dieser, um noch einmal das Gästebuch zu zitieren, ein „zeitgemäßer Umgang mit der Adventszeit“.