Das „Waldsterben“ ist aus dem Amtsdeutsch gestrichen. Hinter „Waldinventur“ sowie „Waldzustandserhebung“ stehen jedoch weiterhin alarmierende Zahlen. Die Bilder von den kahlen Tannen im Schwarzwald und auch bei Schweinfurt sind allerdings Vergangenheit. Mit der Reduzierung des Luftstickstoffes hat sich die Tanne erholt, hat wieder eine – und sogar eine vergleichsweise gute – Zukunftsperspektive. Aktuell bereitet dem Leiter des städtischen Forstamtes, Hans-Ulrich Swoboda, nicht mehr die Luftverschmutzung, sondern der ebenfalls vom Menschen verursachte Klimawandel Kopfzerbrechen.
Zu trocken und zu warm
„Kritisch“ stuft Swoboda den Zustand der Wälder um Schweinfurt ein. Das Jahr 2015 brachte nur 75 Prozent des üblichen Regens und im Jahresdurchschnitt ein Temperaturplus von 1,4 Grad. Zu warm (+0,7 Grad) und zu trocken (92 Prozent) war auch 2016, ein Jahr in dem es im Frühjahr viel, im Sommer kaum regnete. Heuer brachten der Januar 34, der Februar 58, der März 88 und der April nur 52 Prozent der erwarteten Niederschläge.
„Furztrocken“ war es bis Mai. Dann kam Regen, rettete die Neuanpflanzungen, füllte jedoch den Grundwasserspiegel bei weitem nicht auf, sagt der Förster und zeigt an der Buche eine bedenkliche Entwicklung: Nur noch etwa zehn Prozent der Baumkronen sind nicht ausgelichtet. Die Warnstufe ist bei knapp 40 Prozent erreicht. Deutliche Blattverluste hat jede zweite Buche.
Die Blätter fallen im Sommer
„Im letzten August fielen bei der Linde bereits die ersten Blätter, im Oktober war diese kahl; im August und September hat das Laub unter den Füßen der Spaziergänger geraschelt“, berichtet Swoboda weiter. Besser erging es der Eiche, dem Baum mit den tiefsten Wurzeln im Stadtwald, der im vergangenen Jahr von den Fraßgesellschaften (Insekten) weitgehend verschont wurde und an dem auch heuer noch kein großer Befall ausgemacht ist.
Etwa jede fünfte Eiche hat ein volles Blattwerk – und die Eiche ist mit rund 40 Prozent die Hauptbaumart im Schweinfurter Stadtwald. Die Eiche war auch der „einzige Baum, der im letzten Spätsommer noch dunkelgrün war“, so Swoboda.
Ganz übel ist es derzeit um die Esche bestellt. Ein Pilzbefall sorgt für das Absterben der Triebe. Bei zusätzlich anhaltender Trockenheit geht Swoboda von einem Totalausfall der Esche (zwei bis drei Prozent der Bestockung im Stadtwald) aus. Eine Bekämpfung des Pilzes hält der Förster für „in der Praxis nicht durchführbar.
Über alle Baumarten hinweg hat das Forstamt für den Stadtwald 31 Prozent des Nadel- und Laubholzes als „ohne Blattverlust“ eingestuft. Die Warnstufe ist bei 43 Prozent erreicht. Deutliche Schäden sind bei 28 Prozent der Bäume ausgemacht.
Hoffnungen ruhen auf dem Mischwald
Falls sich die prognostizierte Erderwärmung auf 1,5 Grad beschränkt, werde das Ökosystem Wald in einer sicherlich modifizierten Form Bestand haben, meint Swoboda, der auf die Nachfrage, was bei einem Plus von drei Grad und mehr passiere, mit den Achseln zuckt.
Ölpalmen kann der Stadtforst nicht pflanzen. Diese würden jetzt noch im Winter erfrieren. Das städtische Amt setzt auf Vielfalt im Wald bei klarer Dominanz durch das Laubholz – mit Eiche, Buche, Feldahorn, Spitzahorn, Elsbeere, Speierling und weiteren Sorten.
Und hoch im Kurs steht jetzt auch wieder die Tanne, also der Symbolbaum des Waldsterbens in den 1970er- und 1980er Jahren. Die Tanne wurzelt tief, kann das Grundwasser anzapfen – falls der Grundwasserspiegel nicht noch weiter fällt, was das zuständige Wasserwirtschaftsamt befürchtet.