Schwarze Löcher verschlingen Neutronensterne, weiße Zwergsonnen wirbeln durchs Universum, und zwischendrin entwickelt der „Bordcomputer“ ein Eigenleben: Ein Hauch von „Odyssee im Weltall“ herrschte bei Pia Zierhuts Jahresabschluss-Konzert in der Disharmonie: im Schein psychedelisch-bunter Bilder auf der Leinwand. Schon einmal hat die aus Schweinfurt stammende Multimedia-Künstlerin und Sängerin, die heute auf der Upper Westside in New York lebt, hier ihre „Songs in 3D“ vorgestellt. Das Räume wie Zeiten übergreifende Farben- und Formenspiel, die CD-Release Party für ihr Album begleitet Steven Ciric an der Gitarre.
Pia Zierhut, die in Nürnberg Kunst studiert hat, ist Autodidaktin, was das Singen angeht. Entdeckt wurde dieses Talent ab dem vierten Lebensjahr. Dank dem Elektrogeschäft der Eltern fehlte es aber auch nicht an frühem Verständnis für moderne Technik. Bis heute singt Zierhut zwischendurch unter der Dusche, oder beim Autofahren. Man glaubt ihr kaum, dass sie bei einem ersten Auftritt mal ausgebuht worden sein soll, als die Stimme kippte. Vielleicht baut „P*I*A“ gerade deswegen immer wieder mal „riskante“ Passagen ein, in denen sie die Tonleiter zu schwindelerregenden Wolkenkratzer-Höhen hinaufsteigt. Während darüber, als Videoinstallation, bereits die Sonnensysteme kreisen. Absturz ist längst keine Option mehr. „Geisterhaft“ hat ein Amerikaner die frei schwebenden Sphärenklänge aus Schweinfurt mal genannt, andere loben ihre höchsten Töne einfach als ungewöhnlich.
Ansonsten wird von melancholischen, ruhigen Club-Balladen, über Jazz, Blues und Soul bis hin zu Cross Over, Folk und Weltmusik „All in one“ geboten, gelegentlich mit mehr als einer sanften Prise Eigenwilligkeit. Eher konservative Ästhetik trifft auf ätherische Experimentalmusik. Es geht um Zwischenmenschliches, Liebe („Hey Joe“ „Air That I Breathe“), im Kontrast zu Einsamkeit, und natürlich „The City“, New York. Eine rastlose Metropole, die vergöttert, bemitleidet, gehasst und beneidet wird, oft alles zusammen. Aber hinter all den glitzernden, kühlen Fassaden eine eigene, verletzliche und schon verletzte Seele hat. Vielleicht sogar eine entfernte Seelen-Verwandtschaft mit einem betongrauen, aber nicht wirklich graumausigen Mini-Mainhattan namens Schweinfurt. Erst kurz vor dem 11. September 2001 kam die Künstlerin „auf der Walz“ aus Franken an den Hudson. Die windschauernde Atmossphäre des Gitarrensongs „You“ ist da eine Art Vorahnung von Nine Eleven: in den letzten Tagen, bevor mit den Türmen im echten Manhattan eine ganze Welt zusammenbrach. Viele Wegbegleiter aus Schweinfurter Tagen sind an diesem Abend da, darunter Gitarrenlehrer Lorenz Schmidt von der Musikschule. Die ehemalige Celtis-Schülerin lässt ihr Publikum mittendrin mitsingen, auch der Disharmonie-Verein war schon bei ihr zu Besuch in den New Yorker Clubs. Trotz ein paar Computerproblemen mit der Videokunst ein nicht alltägliches, absolut hörens- und sehenswertes Gesamtkunstwerk. „Summertime“ nennt sich die Zugabe, ein wenig ironisch ob des Winterwetters, dann wünschen sich die Schweinfurter noch das „Lied von Hawaii“. Die Cover-Version von „Somewhere over the rainbow“ ist einfach nur noch schön.