Die Bauarbeiten stehen vor dem Abschluss. Das Rathaus hat für 170 000 Euro ein Stück der ehemaligen Stadtbefestigung – die Mauer der Bastion am Spitaltor – sanieren lassen. Für die Zukunft gesichert ist nun der verbliebene Rest des Bauwerks an der Einfahrt zur Tiefgarage des Kaufhofs an der Schultesstraße.
Das zwei Meter starke Gemäuer grenzte einst den Wassergraben zur Spitalkirche hin ab. Der Graben war mit dem Wasser der Quelle an den Pfannäckern (Gartenstadt, unterhalb der Heeresstraße) gespeist. Gesammelt für den Graben wurde das Wasser im Spitalsee. Heute umschließt die Mauer den Pfarrgarten von Heilig Geist. Der Stadt gehört nur der Wall. Den Garten nennt die Kirchengemeinde ihr Eigen.
Für die Sanierung der insgesamt standfesten Einfassung, aus der vereinzelt Mörtelbrocken gefallen waren, wurden im ausgehenden Winter Büsche und Efeu gerodet. Einige Bäume mussten gefällt werden. Jetzt kann neu bepflanzt werden, wobei die Gemeinde auch an eine Nutzung des Gartens für kleinere Feste denkt. Die schmäler als die Grundmauer ausgeführte neue Krone ist um einen Meter erhöht, auch zum Schutz vor einem Sturz aus dem Pfarrgarten.
In den Geschichtsbüchern muss bis zu den Anfängen der Stadtbefestigung weit zurückgeschlagen werden: etwa 800 Jahre. Damals entwickelte sich die „neue“ Stadt zwischen Marienbach und Pfannbach, der zu jener Zeit noch über die heutige Hadergasse, die Siebenbrückleinsgasse und über den Fischerrain dem Main zufloss. Die Stadt wuchs nach Nordwesten, insbesondere durch Landerwerb vom Deutschen Orden im Jahr 1437. Obertor und Spitaltor wurden hinausgeschoben und „durch eine aus kleinen Kalksteinen, aber kräftig und fest gebauten Mauer“ verbunden, wie der Stadtgeschichtsschreiber Lunkenein berichtet. Dies ist die jetzt noch bekannte Mauer längs der Neuen Gasse und am Messeplatz.
Dreißigjähriger Krieg
Die Bastion vor der Mauer am Spitaltor entstand vor dem Dreißigjährigen Krieg in den Jahren 1614/15. Schweinfurt hatte sich 1542 der Reformation angeschlossen und trat 1609 der protestantischen Union bei. Die Stadtbefestigung sollte in erster Linie vor den Truppen des Würzburger Bischofs Schutz bieten.
Ernsthafte Bedrohung durch den Dreißigjährigen Krieg erreichte Schweinfurt dann 1631, als sich Gustav Adolf mit dem schwedischen Heer näherte. Die wenigen kaiserlichen Verteidiger stahlen sich aus der Stadt. Drei Jahre lang bauten die Schweden die Befestigungen aus. 1634 wurden sie von den Truppen Piccolominis wieder aus der Stadt vertrieben, wobei die Bastei erstmals ihrem ursprünglichem Zweck, der Sicherung des Tores, diente. Es folgten wiederholte Besetzungen Schweinfurts durch kaiserliche Verbände. Zur kriegerischen Auseinandersetzung kam es erst 1647 wieder, als die Schweden unter Feldmarschall Carl Gustav Wrangel die Stadt eroberten und die Bastei ihre zweite (und letzte) Feuerprobe erhielt.
Während des Krieges entstanden zwischen Obertor und Spitaltor noch fünf Schanzen, aus Erde ausgeworfen und mit Gräben und Stützmauern versehen. Zur Finanzierung schenkte Gustav Adolf der Stadt 19 katholische Orte der Umgebung, die sie allerdings drei Jahre später nach der Eroberung durch Piccolomini wieder hergeben musste.
Wrangel erkannte nach seiner Eroberung, dass die Befestigung nicht ausreichend war, und begann 1647 mit dem Ausbau: Die fünf schwachen Schanzen wurden durch drei neue und fest gebaute ersetzt. Es entstand die Schanze am Obertor (jetzt Fichtelsgarten), die Christinaschanze (jetzt Stadttheater) und die Sachsbadschanze, deren Rest im Untergeschoss der Kunsthalle zu sehen ist. 1648 wurde die große Schanze rechts vor dem Obertor errichtet (Motherwell-Park am Samtturm). Kurz darauf endete der Krieg.
Die kriegerischen Auseinandersetzungen um Schweinfurt nahmen ab. 1748 wurde die leicht abreißbare Holzbrücke vor dem Spitaltor durch die feste steinerne Brücke ersetzt, deren Reste bei den Bauarbeiten für die Volkshochschule freigelegt wurden und die unter der Geschäftsstelle von Tagblatt/Volkszeitung zu sehen sind.
1802 wurde Schweinfurt bayerisch. Für den nach der Reichsstadtzeit neu einzurichtenden katholischen Gottesdienst wurde dem ersten Pfarrer Peter Papius die Spitalkirche zugewiesen. Der Pfarrer ersteigerte 1804 den hinter dem Pfarrhaus liegenden Basteigarten zur Eigennutzung. So wurde die Bastei, 190 Jahre vorher gegen den Würzburger Bischof gebaut, letztlich doch „katholisch“. Beim Anlegen des Gartens hat der Pfarrer die starken hochragenden Zinnen der Mauer eigenmächtig abtragen lassen, was ihm den Unmut der Stadtväter zuzog.
In den militärischen Tagebüchern taucht die Bastei 1866 wieder auf. Im Preußisch-Bayerischen Krieg waren nach der Schlacht bei Kissingen die Preußen in Schweinfurt erwartet worden. Die bayerischen Soldaten richteten sich in und um Schweinfurt ein, wobei auch die Bastei (jetzt Pfarrgarten) drei Tage lang von Soldaten besetzt war. Die Preußen zogen jedoch nach Frankfurt ab. Die weitere Geschichte ist geprägt von stetiger Verkleinerung der einst mächtigen Bastei. 1867 trat die Pfarrei die Grundfläche der südöstlichen Basteimauer für die Erweiterung der Toreinfahrt ab. Die Stadt „zahlte“ mit dem Anschluss an die neue Wasserleitung mit je zwei Hähnen im Haus und im Garten, der allerdings immer noch bis zur heutigen Straßenmitte reichte. 1869 wurde erneut verhandelt. Die Stadt bekam weitere 500 Quadratmeter zum Bau des Steinwegs – heute Schultesstraße.
Garten wurde kleiner
1895 wurde das alte Pfarrhaus und die Spitalkirche abgerissen. Durch den Bau des jetzigen Pfarrhauses im Jahr 1896 verlor der Garten noch einmal 300 Quadratmeter und erreichte die heutige Größe. Ihren letzten „Einsatz“ erlebte die Bastei während des Zweiten Weltkriegs. Unter dem Garten entstand 1944 ein Luftschutzstollen. In den 1954 niedergeschriebenen Erinnerungen des ehemaligen Schulrates Ferdinand Hagen heißt es: „Unter der Bastion neben dem Pfarrhaus schafften die KZ-ler und es entstand auch da ein geräumiger Erdstollen mit zwei Eingängen, zu denen später noch eine gute Treppe vom Pfarrhauskeller kam.“ Zu sehen ist davon heute nichts mehr.
Bei der Mauersanierung tauchte jetzt an der Innenseite, etwa einen Meter unterhalb der Krone, ein Stück Kalksteinmauer auf. Möglicherweise ist die 1614 erstellte Bastion, ähnlich wie die Stadtmauer, in Kalkstein errichtet worden. Die außen sichtbaren Sandsteine stammen dann von einer Verstärkung, die wohl unter Wrangel im Jahr 1647 mit dem Bau der Schanzen durchgeführt wurde, mutmaßt Klaus Kispert. Die Außenseite der Mauer ähnelt in der Tat der Schanze am Philosophengang.