Mehr Geld und mehr bürokratischen Aufwand kostet es künftig jede katholische Pfarrgemeinde, wenn sie Pfarrfeste mit Chor oder Band feiert, beim Seniorenadvent Weihnachtslieder abspielt oder Konzerte veranstaltet. Denn die Verwertungsgesellschaft Gema kündigte zum Jahresende den bisherigen Pauschalvertrag mit dem Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) – weil dieser die nun verlangten höheren Gebühren nicht zahlen will.
Von „sehr ärgerlich“ über „schlimm“ bis „erheblicher Einschnitt“ reichen die Kommentare, die derzeit in katholischen Pfarrgemeinden zu hören sind. Denn sie müssen nun in Einzelmeldungen ihre öffentlichen, sogenannten außerkirchlichen Veranstaltungen selbst bei der Gema anmelden und auch die Gebühren für die Musiknutzung selbst zahlen.
Jahrespauschale von 45 auf 75 Euro angehoben
Das hatte bislang pauschal der VDD, der Rechtsträger der Deutschen Bischofskonferenz, für die Gemeinden übernommen. Aber ihm war die geforderte Erhöhung der Jahrespauschale von 45 auf 75 Euro pro Kirchengemeinde zu viel, sodass der seit 1986 geltende Pauschalvertrag von der Gema gekündigt wurde.
„Eine Fortführung dieses Vertrages ist letztlich daran gescheitert, dass die Vertragspartner keine Einigung über eine angemessene Vergütung und Vertragslaufzeit sowie über eine substanzielle Verringerung der Meldepflichten für die kirchlichen Veranstalter erzielen konnten“, teilt der Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, mit.
Evangelische Kirche zahlt höhere Gebühren
Damit die Gema einen Überblick zu den konkreten Nutzungen der urheberrechtlich geschützten Musikstücke erhält und in die Lage versetzt wird, die pauschale Vergütung zu bewerten und den einzelnen Komponisten ihre Tantiemen zukommen zu lassen, war 2015 vereinbart worden, ein Meldeverfahren für Veranstaltungen einzuführen. Ausgenommen waren pro Pfarrei typische Begegnungen: Gemeindefeste, Seniorennachmittage, Adventsfeiern oder Kindergartenfeste – sofern die katholische Kirche der Träger der Einrichtung ist.
„Wir haben bei der Überprüfung festgestellt, dass von der katholischen Kirche kaum Anmeldungen erfolgten“, erklärt Gema-Sprecherin Gaby Schilcher von der Generaldirektion München. 3000 Titellisten in ganz Deutschland wurden demnach 2017 eingereicht: „Ein Bruchteil dessen, was tatsächlich stattfand.“ Die evangelische Kirche reichte unterdessen 13 000 Veranstaltungen ein – und sie zahlt auch seit Januar 2018 die geforderte Gebührenerhöhung.
„Die Kirche muss wissen, was ihr Musik wert ist“
„Über Jahrzehnte hat es fast keine Erhöhungen der Gebühren gegeben“, schiebt die Gema-Sprecherin nach. Die Verwertungsgesellschaft sei Treuhänderin der Urheber, der Komponisten, Texter und Musikverleger. Sie reiche die Einnahmen nur weiter. Für die Nutzung des geistigen Eigentums müsse man eben zahlen. Auch andere Veranstalter hätten diese gesetzliche Pflicht.
„Musik hat eine hohe Bedeutung, gerade für die Kirche. Sie muss wissen, was es ihr wert ist, dass die Urheber entsprechend bewertet werden“, sagt Schilcher. Aber sie weiß auch: „Leidtragende sind jetzt die Pfarreien.“
20 Prozent Nachlass bei einzelnen Veranstaltungen
Diese hatte im Bistum Würzburg ein Schreiben des diözesanen Justiziars, Roland Huth, aufgeschreckt. Er informierte über die neue Sachlage und unterstrich, dass Gottesdienste und liturgische Feiern wie Prozessionen oder Martinszüge weiterhin pauschal vom VDD vergütet werden. Für andere kirchlich getragene Veranstaltungen wie Konzerte wurde ein Rahmenvertrag mit 20-prozentigem Rabatt ausgehandelt, weiteren Nachlass gibt es für Pfarr- und Kindergartenfeste, Seniorenveranstaltungen und Benefizkonzerte.
Vorsorglich hat der Justiziar seinem Schreiben auch den dreiseitigen Meldebogen der Gema angehängt. Unter anderem mit der Titelliste, in die die live gespielten oder gesungenen Musikstücke eingetragen werden müssen – mit Komponist, Bearbeiter und Musikverlag.
Übergangsfrist endet am Ostersamstag
Nach Einschätzung von Diözesansprecher Bernhard Schweßinger herrsche in vielen Gemeinden Unverständnis über das Vorgehen der Gema. Man müsse sich aber an die rechtlichen Vorgaben halten. Damit sich die kirchlichen Einrichtungen auf die neue Situation einstellen können, verständigte sich der VDD mit der Gema auf eine Übergangsfrist, in der noch keine Sanktionen bei Nichtanmeldung von Veranstaltungen verhängt werden. Diese läuft am Ostersamstag, 31. März, aus.
Dann kontrolliert die Gema. „Wir werten Zeitungen aus, Pfarrbriefe, Internet und vergleichen die Veranstaltungen mit den Anmeldungen“, kündigt Gaby Schilcher an.
Kirchliche Feste ohne musikalische Umrahmung?
Vor einem kulturellen Kahlschlag sei bei der jüngsten Dekanekonferenz in der Diözese gewarnt und dazu aufgefordert worden, an die politischen Mandatsträger heranzutreten, informiert Bistumssprecher Schweßinger. Kosten und Verwaltungsaufwand könnten dazu beitragen, dass zahlreiche kirchliche Feste und Veranstaltungen künftig ohne musikalische Gestaltung stattfinden.
„Das Ganze ist sehr ärgerlich, weil der Erlös von Pfarrfesten für den Betrieb der Kirchengemeinden gebraucht wird“, kommentiert auf Anfrage etwa Dekan Gregor Mühleck vom Dekanat Schweinfurt-Nord. Als „schlimm“ bezeichnet auch Pfarrer Werner Kirchner, Dekan im Dekanat Schweinfurt-Süd, die Änderung gerade im Hinblick auf Benefizkonzerte: „Da bleibt nicht mehr viel übrig.“
500 Euro Gebühren für ein Konzert
Existenzbedrohend für manche Veranstaltung könne die Neuerung sein, sagt Regionalkantor Rainer Aberle. Er hat errechnet, dass für ein Silvesterkonzert des Fördervereins Musica Sacra aus Grafenrheinfeld (Lkr. Schweinfurt) 500 Euro Gema-Gebühren fällig wären. Auch der bürokratische Aufwand der Meldung sei für den Veranstalter enorm.
Eine einseitige Schuldzuweisung an der derzeitigen Situation will er nicht vornehmen. Problematisch sei, dass viele Kirchengemeinden ihre Konzertveranstalter zu wenig darauf hingewiesen hätten, ihre Veranstaltungen bei der Gema zu melden.
Aberle hat die Hoffnung, dass es doch noch ein gutes Ende gibt. Bei der Gema gibt man sich jedenfalls offen: Die Unterzeichnung eines Pauschalvertrags durch die deutschen Diözesen sei immer noch möglich, hieß es.
..."Ein weites Feld" - übrigens genauso wie bei der Verteuerung der Außengastronomie in der Stadt.
MfG
lässt halt gerne für "Gotteslohn" arbeiten, nur kann sich der Komponist, Texter oder Arrangeur halt kein Brot dafür kaufen.
Was anderes ist es immer dann, wenn ein Kirchenoberer etwas "braucht", da ist dann Geld da, auch wenn es eigentlich für einen anderen Zweck gespendet wurde ;( .
Ich lach mich schlapp!
"Alles nur geklaut", so geht es auch nicht. Es muss auch mehr gespendet werden. Das "wie" finanzieren ist und bleibt immer eine schwierige Aufgabe.
Das hat schon seine Berechtigung, aber sicher könnte man es vereinfachen oder entbürokratisieren.
GEZ abschaffen, damit Deutschland verblödet und die AfD ihr Stimmvieh noch leichter einfangen kann?
Wollen Sie nur noch auf RTL 2 - Niveau informiert und unterhalten werden?
Wer den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschafft, schafft auch die Kulturnation Deutschland ab. Aber das wäre der AfD ja auch piepegal, wenn sie nur mit Wählerstimmen an die Macht käme.
Gibt es sowas und mit diesem bürokratischen Aufwand sonst noch wo auf der Welt?