Die Christuskirche hat seit Sonntag ganz offiziell einen neuen Pfarrer: Wolfgang Weich. Auf dem Papier ist er zwar schon seit Neujahr der Hirte der Gemeinde, doch erst jetzt wurde der 49-Jährige mit einem Gottesdienst feierlich in sein neues Amt eingeführt.
Der gebürtige Schweinfurter ist kein Theologe mit gewöhnlichem Lebenslauf. Der Vater von drei Kindern ist promovierter Physiker. Doktor Wolfgang Weich hat sich über zehn Jahre mit theoretischer Elementarteilchenphysik beschäftigt, also mit den kleinsten bekannten Bausteinen der Materie. Als wissenschaftlicher Assistent an der Ludwig Maximilians Universität München und als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut hat er sich viele Jahre mit den grundlegenden Fragen des Lebens beschäftigt – und dabei doch irgendwann das wahre Leben vermisst.
„Ich wollte näher an das echte Leben heran, mit Menschen zu tun haben“, sagt Wolfgang Weich. Schon als Physiker habe ihm die Lehre immer am meisten Spaß gemacht, nur leider war das nur ein kleiner Teil seiner Arbeit. Bei der Sinn-Suche brachten ihn Quarks und Leptonen nicht vorwärts. „Wenn ich mir unsicher bin, was das Ganze soll, dann hilft mir die Physik nicht weiter“, findet Weich. Deshalb begann er, Theologie zu studieren.
Seine Familie, die in seinen ersten Lebensjahren in Schweinfurt wohnte, sei vom Glauben geprägt. Deshalb sieht Weich keinen Widerspruch zwischen seiner früheren und heutigen Arbeit. Auch wenn er eingesteht: „Es gab Phasen der Distanz zu Gott, auch gewollte Distanz.“ Er findet, man kann Glaube an Gott und an die Physik auch vereinen und spricht in Bildern: „Wenn sie eine Brücke bauen, dann brauchen sie Gottvertrauen, dass sie hält, aber sie müssen auch die Regeln der Statik kennen.“
Dass er eine Brücke baut – das wünschen sich auch die Kirchenverantwortlichen vom neuen Pfarrer der Christuskirche. So richtete sich Dekan Oliver Bruckmann im Gottesdienst an Wolfgang Weich. Mit seinem Weltverständnis als Physiker und Theologe könne er so reden, dass auch naturwissenschaftlich Fragende neugierig würden. „Vielleicht nicht mehr als neugierig, aber immerhin“, so der Dekan in der voll besetzten Kirche.
Den Werdegang „den fanden wir interessant, den fanden wir gut“, sagte auch Jürgen Schott vom Kirchenvorstand beim Empfang nach dem Gottesdienst in den Gemeinderäumen. Also klopfte die Gemeinde bei Wolfgang Weich an, der bislang Pfarrer in Poppenlauer gewesen war. „Wir haben gehört, da gäbe es wohl einen, der sei ganz gut und auch schon einige Jahre auf einer Stelle, könnte also mal wieder wechseln“, erzählte Schott. Der Christuskirche waren im vergangenen Jahr erst Pfarrerin Grit Plößel und dann Pfarrer Martin Schewe weggebrochen. Nur mit viel Anstrengung und Engagement sei es gelungen, die Zeit bis jetzt zu überbrücken. Die zweite Pfarrstelle ist immer noch vakant. Für ihre Hilfe dankte Jürgen Schott allen Beteiligten aus der Gemeinde.
Weich selbst stellte die viel beachtete Sache mit der Physik in seiner ersten Predigt hintenan. Er sprach über Gerechtigkeit – sei es im deutschen Bildungssystem oder in Syrien, wo Menschen leiden müssen, während woanders Frieden herrscht. „Gottes Gerechtigkeit, die steht in Frage – und nicht erst seit heute“, predigte Weich und gab damit einen Vorgeschmack auf drängende Fragen, die er helfen will, zu beantworten.