„Muslime und Christen haben noch großen Nachholbedarf an gegenseitigem Verständnis“. Der Satz – aktueller denn je – stammt aus dem Jahr 2002. Aufgeschrieben hat ihn Roland Breitenbach für das „Ortsgespräch“. Seit fast 25 Jahren gibt es diese Rubrik im „Markt“, dem Anzeigenblatt dieser Zeitung. Nach der einjährigen Zwangspause – Breitenbach erlitt Ende 2014 bei einem Radunfall lebensgefährliche Verletzungen – erscheint das „Ortsgespräch“ wieder regelmäßig einmal pro Woche. „Gott sei Dank, jetzt lese ich den Markt wieder viel lieber“, schreibt ein Leser.
Der damals verantwortliche Markt-Redakteur war Holger Laschka, der heute die Stimme der Landtagsgrünen ist. Der Markt wurde damals vom Anzeigenblatt zur journalistisch eigenständigen Wochenzeitung umgebaut, erinnert Laschka. Er wollte „auch exklusive Elemente mit Wiedererkennungswert“ unterbringen und suchte eine „moralische Instanz, die den Leuten ihre Sicht auf das Zeitgeschehen schildert“.
Einen Pfarrer habe er dabei zunächst nicht im Auge gehabt, erinnert sich Lachka. Dass Roland Breitenbach doch diese „Art Stammtischjury“ wurde, hatte mit seinem engen Vertrauensverhältnis zu Breitenbach und den Kontakten via Kolping und Schwarzer Elf zu tun. Wichtiger aber war: „Breitenbach war die allseits respektierte öffentliche Person, an der sich einige zwar immer rieben, der aber bei den Menschen egal welcher Konfession oder Partei anerkannt und beliebt war und das heute noch ist“, sagt der Schweinfurter Journalist.
Nicht nur Laschka sagt, dass Breitenbachs Einschätzungen, Wertungen zu Gott und der Welt von Beginn an hohe Qualität hatten, inhaltlich wie sprachlich. Die Themen haben ihm die Menschen „geliefert“, die er bei Seelsorgegespräch, am Krankenbett, beim Gottesdienst, auf der Straße oder beim Einkaufen traf, schildert Breitenbach.
Er sitzt beim Gespräch keine Minute still, weil er aus dem Pfarrbüro unbedingt noch weitere Jahresordner mit den abgehefteten „Ortsgesprächen“ holen muss. „Ein Erdbeben wird es für die Kirche nicht geben, wenn am Samstag die ersten Frauen zu katholischen Priesterinnen geweiht werden, wobei jetzt schon klar ist, dass sie nicht in der katholischen Kirche einen Dienst ausüben können“. Zitiert wird aus einem Ortsgespräch von 2002, in dem Breitenbach über die von ihm stets geforderte „Gleichstellung der Frau in der Kirche“ schreibt. Gott in Jesus sei Mensch geworden und der ganze Mensch „besteht aus Mann und Frau“, hat er notiert.
Ein Blatt habe er nie vor den Mund genommen, egal ob es sich um kirchliche oder weltliche Themen handelte. Etwa 2011 das Geißeln des Denunziantentums („Der größte Lump“) oder 2009 die Auseinandersetzung mit dem Gesundheitssystem unter der provokanten Überschrift „Hauptsache gesund“.
Breitenbach erzählt, dass er bis vor seinem Unfall „beim Einkaufen immer die doppelte Zeit brauchte, weil die Ortsgespräche Anlass zu Diskussionen gaben“. Er kauft heute nicht mehr selbst ein, aber die wiederbelebten Ortsgespräche beschäftigen ihn täglich, die Mails wollen beantwortet sein. Es habe auch Kritik und Einflussnahmeversuche durch die Diözese gegeben. Aber damit hat Breitenbach schon immer umzugehen gewusst.