Es ist mucksmäuschenstill im Musikraum der Körner-Grundschule. Rund 25 Viertklässler gönnen sich gerade eine "Petra-Eisend-Spezialmassage": Sanft streichen sie über die eigenen Handrücken, nachdem sie kurz zuvor noch die Handflächen aneinander gerieben und aufgewärmt haben.
"Körner trommelt" heißt es immer montags, und in drei aufeinanderfolgenden Stunden kommen je eine erste, vierte und zweite Klasse in den Raum, in dem schon 25 afrikanische Trommeln bereitstehen.
Schnell die Namen der Instrumente wiederholt, und das auf ganz spielerische Weise: "Doun-Doun – Sangan - Kenkeni" brummen die Jungs im Rhythmus, "Djembe" quietschen die Mädels auf ein Zeichen der Diplom-Sozialpädagogin und Percussionistin Eisend. Sie ist die erfahrene Leiterin des Projekts, das der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) organisiert und ermöglicht.
An der sozialen Brennpunktschule – 85 Prozent der Schülerschaft kommen aus Familien mit Migrationshintergrund und sind sozial benachteiligt – haben sich die Nachteile der beiden Pandemiejahre besonders niedergeschlagen. Vereinsaktivitäten, Freizeitbeschäftigung, musikalische Betätigung waren bei den Kindern besonders zurückgefahren oder fanden gar nicht statt.
Konzentration, Durchhaltevermögen und Aufmerksamkeit benötigen Förderung
Gelitten hat darunter nicht nur die Sozialkompetenz; auch Konzentration, Durchhaltevermögen und Aufmerksamkeit benötigen Förderung, Motorik und Koordination müssen trainiert werden. Und hier setzt Petra Eisend an: Seit acht Jahren arbeitet sie mit Kindern und Jugendlichen in diesem Bereich, hat viel Erfahrung gesammelt und trifft dazu noch den richtigen Ton. Bevor es ans Trommeln geht, wird die Körperwahrnehmung geschult, gemeinsam und voll Power atmen die Kinder, klopfen ihren Körper ab, summen dazu – die Sinne sind geweckt!
Die erste kleine Percussions-Sequenz: Viermal rechts, viermal links klopfen, erst im Gruppendialog mit Eisend, dann darf jedes Kind alleine mit der Klasse kommunizieren – gar nicht so einfach, da aktiv in der Musik zu bleiben und durchzuhalten, bis auch alle im Kreis einmal dran waren. Eine Sekunde Unaufmerksamkeit und schon ist man aus dem Takt!
Einen Anker im Schulalltag nach all dem Distanzunterricht und den Hygiene-Abstandsregeln wolle man geben und etwas besonders Positives wie Musik für die Kinder ermöglichen, so die Geschäftsführerin des SkF, Doris Engelhardt. Eine Fördermöglichkeit für "Körner trommelt" wurde bei der Deutschen Stiftung für Engagement und Ehrenamt gefunden, einem gemeinsamen Vorhaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, des Bundesministeriums des Innern und für Heimat und des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Neben der Förderung des Ehrenamts möchte die Stiftung auch allen Menschen in Deutschland die gleichen Chancen zur Teilhabe am Arbeitsleben und an der Gesellschaft ermöglichen.
Ein Rhythmus aus Ghana wird eingeübt
"Lockere Hände, sonst klingt es nicht gut und tut weh", ruft Petra Eisend. Ein Rhythmus aus Ghana wird eingeübt: "Takkatakka bum" skandiert die Schar, klatscht dazu, versucht auf den Trommeln noch ein "dam dam bum" dranzuhängen, und das nach genau festgelegtem Handeinsatz. Das klappt ganz gut in der Gruppe – aber wird es auch jeder allein schaffen?
Eisend besucht jetzt jedes Kind im Kreis einzeln, um individuelle Hilfestellung zu geben, um zu verstärken, zu loben. Freundlich, aber bestimmt ist ihr Ton, niemand wird bloßgestellt, die Atmosphäre ist warm und herzlich. Erstaunlich ruhig geht es zu, niemand kaspert herum oder bricht aus. Fast eine Stunde wird schon gearbeitet, kleine Ermüdungserscheinungen treten auf, doch schnell hat Petra Eisend die Aufmerksamkeit der Kinder durch eine eigene Trommeleinlage gefangen.
Nochmal tief durchgeatmet, und dann mit Feuereifer ans Finale: Das klingt schon richtig afrikanisch, und am 12. Dezember darf sich die ganze Schulgemeinschaft auf eine Vorführung in der Stadthalle freuen.