„Aus Leidenschaft“ ist der Fernsehgottesdienst überschrieben, den das ZDF am Sonntag, 26. Mai, ab 9.30 Uhr live von der Passionsspielbühne in Sömmersdorf überträgt. Der Titel trifft zum einen die Passion, den Leidensweg Christi, aber auch die Liebe der Sömmersdorfer, die Passion zu ihrem Spiel. So leidenschaftlich sie für ihr Theaterstück agieren, so engagiert müssen sie sein, um ihren Auftakt-Gottesdienst zur Spielsaison 2013 zur Zufriedenheit von ZDF und Deutscher Bischofskonferenz hinzubekommen.
Dem Zufall ist bei einer Live-Übertragung nichts überlassen. Das wissen die Verantwortlichen von Pfarrgemeinde und Passionsspielverein in Sömmersdorf mittlerweile auch. Ein ZDF-Team mit 30 Personen, mit Übertragungswagen und Gerätelaster ist bereits am Freitagmittag angereist, um vor Ort alles vorzubereiten. Eine Firma für Bühnentechnik hat am Vormittag mit Sömmersdorfer Helfern zwei Türme für Beleuchtung und drei Plattformen für Kameras am Zuschauerraum aufgebaut.
Die eigentlichen Vorarbeiten laufen wesentlich länger. Vor zwei Jahren war der Sömmersdorfer Passionsspielverein beim ZDF und der Bischofskonferenz, beziehungsweise deren Katholischer Fernseharbeit, vorstellig geworden. Bei der Suche nach einem Sendetermin musste der wöchentliche Wechsel von evangelischen und katholischen Gottesdienst-Übertragungen berücksichtigt werden, der Sömmersdorfer Probenplan und das Sonntagsthema. Dreifaltigkeitssonntag steht am 26. Mai an, „das passt hervorragend in Bezug auf unsere Passionsspiele“, sagt Diakon Frank Greubel, dritter Vereinsvorsitzender.
Es geht um Charisma, Talente, Leidenschaft – um das Sömmersdorfer Thema schlechthin. Doch das muss professionell an die Fernsehzuschauer vermittelt werden. Auch wenn es ein „normaler“ Gottesdienst für die Gemeinde, auch wenn es keine Show werden soll. Die ZDF-Fernsehleute brauchen gute Bilder, die KFA der Bischofskonferenz achtet auf die Inhalte mit Liturgie, Liedern und Texten.
60 Sömmersdorfer aus dem Passionsspiel werden in ihren Kostümen auf der eben fertiggestellten Freilichtbühne stehen. Die Lieder im Gottesdienst begleitet die Heimatkapelle Sömmersdorf. Alles muss auf die Sekunde passen, die Übergänge von Text und Musik müssen fließend sein. Das Drehbuch hat den Gottesdienst genau eingetaktet. „Wenn wir im Zeitplan hinterher hinken oder zu schnell sind, gebe ich entsprechende Zeichen an den Pfarrer“, erklärt ZDF-Produktionsleiterin Marion Kempe. Ihre Informationen erhält sie über Funk aus dem Übertragungswagen am Rand des Zuschauergeländes. Dort wacht Regisseur Manfred Wittelsberger über den Ablauf.
„Wir haben 44 Minuten und 30 Sekunden“, weiß Frank Greubel. Also einen Puffer von 30 Sekunden, um eventuell eine weitere Liedstrophe zu singen. Oder, wenn der Gottesdienst zu lang wird, eine zu streichen. Danach wird ausgeblendet, dann kommt Peter Hahne im ZDF.
Ohne spezielle Schulung ging es für die Akteure nicht ab. Domvikar Paul Weismantel musste als Zelebrant des Gottesdienstes ebenso Kamera- und Sprachtraining absolvieren wie die Lektoren und anderen Sprecher. Auch die fünf Ministranten wurden instruiert, immer wachsam zu sein und keine Schlurf-Schuhe oder Kapuzen-Shirts anzuziehen. „Das sieht einfach blöd aus“, sagt Greubel, „das ist nicht fernsehtauglich“.
Weil nach dem Gottesdienst, den erfahrungsgemäß 700 000 Zuschauer sehen, etwa 1000 ihre Sorgen oder ihren Dank am Service-Telefon loswerden wollen (ZDF-Hotline: Tel. (07 00) 14 14 10 10) wurden 20 Sömmersdorfer geschult. „Wie gehe ich mit dem Anrufer um? Wie reagiere ich?“, fasst Vereinsvorsitzender Robert König zusammen. Die Vorbereitungen sind das eine, das Wetter das andere. „Wir haben nicht viele Freiluft-Gottesdienste“, sagt Produktionsleiterin Marion Kempe. Aber eines weiß sie: „Zur Life-Zeit regnet's einfach nicht.“
Wer den ZDF-Live-Gottesdienst mitfeiern möchte, soll um 9 Uhr am Platz sein. Zum Mitsingen ist ein Gotteslob nötig. An diesem Samstag ist um 17 Uhr ein Vorabend-Gottesdienst, quasi zur Probe.