"Es war einmal", so lässt Heinz Hellberg, Regisseur und Prinzipal der Operettenbühne Wien, die Operette "Das Schwarzwaldmädel" (Uraufführung 1917) von August Neidhart (Text) und Léon Jessel (Musik) beginnen. Um es vorweg zu sagen, die zwei ausverkauften Aufführungen boten in jeder Beziehung – Gesangssolisten, Orchester und Chor (Dorian Molov) sowie Bühnenbild und Kostüme – ein ganz besonders stimmiges und schönes Theatererlebnis.
Auch Hellberg scheint die Operette als modernes Märchen zu empfinden, das von der zum Scheitern verurteilten Liebe des alten Domkapellmeisters zum jungen Bärbele, seiner Bediensteten, erzählt. Außerdem war bei den Operettenmachern im Jahr 1917 die heile romantische Welt angesagt: Das Kriegsglück hatte sich gewendet, Textbücher mit patriotischem Säbelrasseln wie in der "Czárdásfürstin" von 1914 waren nicht mehr opportun.
Es ist schon erwähnenswert, dass Heinz Hellberg mit seiner Operettenbühne nun schon seit 1996 in Schweinfurt zum Vergnügen des Publikums die Fahnen des Genre Operette hochhält, wobei es ihm auf wundersame Weise gelingt, immer ausgezeichnete Sängerinnen und Sänger auf Tournee zu schicken. Die sind inzwischen in Schweinfurt bei den Operettenfans zu geschätzten Künstlern geworden, auf deren Wiedersehen man sich freut.
Ein besonderes Bravo gilt diesmal dem Bariton Viktor Schilowsky als Domkapellmeister Blasius Römer. Er, der sonst als brillanter Komödiant für Lacher sorgt, beweist hier sein großes schauspielerisches Können. Als das Bärbele im Überschwang Römer einen Kuss gibt – als Verehrung für den väterlichen Freund – schlägt Römers altes Herz Kapriolen. Schilowskys Lied "Auf der Heide blüh'n die letzten Rosen" (von Robert Stolz) zeigt Römers Hoffnung auf ein spätes Glück: "Holde Jugend, kämst du einmal noch zu mir zurück".
Makelloser Sopran und mädchenhafter Charme
Zugleich verdient Verena te Best ein besonderes Lob: Mit makellosem Sopran und mädchenhaftem Charme singt und spielt sie das Schwarzwaldmädel Bärbele, das als "Lumpenprinzessle" auch einmal in einem schönen Kleid zum Tanz am Cäcilienfest gehen möchte. Mit Schilowsky interpretiert sie das sehnsuchtsvolle "Erklingen zum Tanze die Geigen".
Die übrigen Solisten vervollständigen die Besetzung dieser so gelungenen Aufführung: Anita Tauber als Hannele, Ella Tyran als Malwine, die fahrenden Künstler Hans (Stefan Reichmann) und Richard (Alexander M. Helmer) "Wir sind auf der Walz" sowie Gerhard Karzel als Berliner Kunstfleischfabrikant Schmußheim und Sylvia Denk als Traudel.
Bekannte Evergreens sind Malwines "Lachende Augen holder Sirenen", das Duett Malwine und Richard "Malwine, ach Malwine", das Marschterzett "Es kann ein Bub sein" oder das Quintett "Mädle aus dem schwarzen Wald". Am Schluss erkennt der Herr Domkapellmeister, dass er verzichten muss. Richard hat Malwine, Hans das Bärbele als Herzensdame erkoren. Letztlich stimmt es doch, was die Herren schon im ersten Akt verkündet hatten: "Die Weibsleut, die sind eine Brut – aber gut, aber gut". Großer Applaus für die Gäste aus Wien.