"Ohne das Internet geht bei uns gar nix", sagt André Jurleit, Geschäftsführer der Firma GPSoverIP in der Hauptbahnhofstraße 2 (Avia-Hochhaus). Und ohne das Internet gäbe es den Entwickler und Hersteller von Hard- und Software für ganzheitliche Telematiksysteme sowie Systementwickler zur Optimierung von logistischen Prozessen auch gar nicht.
Es waren die Jahre 2001/02. Das Internet lernte das Laufen, was hieß, dass man sich mit einem Computer von einem beliebigen Ort in das Netz einwählen konnte. Bei der Firmengründung im Jahr 2003 sah Jurleit die Chance, das Speditionswesen zu modernisieren und bei der Entwicklung der Logistik, die heute nach der Anzahl der Beschäftigten die drittgrößte Branche des Wirtschaftsstandortes Deutschland ist, mitzumischen.
Steuern, planen, optimieren
Bei der "Praktischen Rechenkunst" (das Wort Logistik kommt aus dem Altgriechischen) ließen dann auch gewaltige Umwälzungen nicht lange auf sich warten. Heute unterscheidet man zwischen Absatzlogistik, Beschaffungslogistik und Produktionslogistik. Logistik steht für eine interdisziplinäre Wissenschaft, für einen Wirtschaftszweig und für betriebliche Funktionen. Es geht nicht mehr nur darum, etwas von A nach B zu bringen. Logistik steht für Planung, Steuerung und Optimierung der Güter-, Informations- und Personenströme.
Dass dies über Entfernungen hinweg geschieht, ist der Verdienst der Telematik, die zumindest zwei Informationssysteme zusammenführt, wodurch das Transportieren, Lagern, der Umschlag wie auch das Kommissionieren, Sortieren, Verpacken und Verteilen zu optimieren ist.
Kontrolle der Kühlkette und des Reifendrucks
In eine führende Position unter der vielfach namhaften Konkurrenz (darunter MAN oder etwa VW) kam die Schweinfurter Firma mit einem neuen Verfahren zur Positionsübermittlung für Geokoordinaten, welches 2004 zum Patent angemeldet wurde. In Echtzeit verfolgt seither das navigierende GPSauge Fahrten – etwa die der Lastwagen einer Spedition. Mittlerweile sieht das "Auge" weit mehr und informiert zwischen Fahrzeug und Firmenzentrale (aber auch autorisierte Dritte) beispielsweise über die Motortemperatur, über die Kühlung im Laderaum, den Reifendruck, Spritverbrauch und Tankfüllung und natürlich auch über die freie Ladekapazität. Zum Stand der Technik gehört ebenfalls, dass die Frachtpapiere aus dem Drucker in der Fahrerkabine kommen.
Die Mitfahrzentrale und Frachtbörse clickApoint von GPSoverIP bringt per Internet Verlader und Spediteure sowie Anbieter von freien Plätzen und Suchende weltweit zusammen. Die Entwicklung gehe immer weiter, so André Jurleit und weiter: "Sie wächst und wächst" – und zwar als Plattform der Datenübertragung. "Nicht nur unter www.google.de" oder als Warenbestellportal, sondern vor allem als Übermittler von Daten im Hintergrund werde das Netz eine immer wichtigere Rolle spielen. Als Beispiele nennt Jurleit die Videotelefonie oder die Smart-Home-Technologie, die von jedem beliebigen Ort per Smartphone das Licht im heimischen Keller genauso wie die Spülmaschine in der Küche einschalten lässt.
"Das Internet verändert uns immer mehr", so der Entwickler Jurleit, für den das Positive überwiegt, und der auch um die steigende Abhängigkeit vom Internet weiß. Bei diesem Punkt erinnert der Geschäftsführer an den Stromausfall im Juli 2015, nachdem ein Trafo im Umspannwerk an der Hahnenhügelbrücke explodiert war. An diesem ersten Samstag des Monats konnte der Startschuss für ein Autorennen auf dem Nürburgring nur deshalb pünktlich fallen, weil die Stadtwerke zugesichert hatten, dass in 30 Minuten der Strom für den Hauptrechner von GPSoverIP in der Hauptbahnhofstraße 2 wieder fließen wird. Bei Ausfall der über das Internet laufenden Telematikdienste aus Schweinfurt wäre eine Absage des Rennens unvermeidbar gewesen, so Jurleit.
Eigene Zentralrechner in Schweinfurt
Dass alle Telematik-Produkte der GPSoverIP über den eigenen Zentralrechner laufen, ist gegenüber Insellösungen ein dicker Pluspunkt bei der Sicherheit und bei der Wartung. Doch wenn es in Schweinfurt keinen Strom gibt, dann ist eben auch am Nürburgring nichts los. Am Standort Schweinfurt und Deutschland will Jurleit auf jeden Fall festhalten. Er ist stolz darauf, dass das GPSauge das einzige Komplettpaket am Markt sei, das den Titel Made in Germany mit Fug und Recht trage.
Anwendungen von GPSoverIP sind weltweit im motorisierten Rennsport im Einsatz. Nicht nur Autofirmen, sondern auch die Veranstalter setzten auf technische Lösungen aus Schweinfurt. Über die Stärke des Reifenprofils bis zum aktuellen Tankstand können sich Fahrer und Rennstall informieren. Auch erfährt die Rennleitung, wo welcher Wagen ist und wo sich gerade ein Unfall ereignet hat.