Mit einem Massenansturm hatte keiner gerechnet, doch etwas mehr als 200 Besucher hätten es am Nachmittag der offenen Türen im Schweinfurter Klärwerk am Freitag schon seien dürfen. Wer kam, der war jedoch „wirklich interessiert“, freute sich Stefan Rose von der Werksleitung.
Das Schweinfurter Klärwerk ist auf dem Stand der Technik und erzielt einen guten Ausreinigungsgrad von bis zu 99 Prozent. Große Nach- und Aufrüstungen stehen aktuell nicht an. Kopfzerbrechen bereitet den politisch Verantwortlichen allerdings der Klärschlamm, der zurzeit zum allergrößten Teil auf die Roste der Kohlekraftwerke in den neuen Bundesländern wandert. Nur ein kleiner Teil geht – als Dung – in die Landwirtschaft.
1870 gab es in Schweinfurt erste Kanäle in der Altstadt. Die Brühe landete ungeklärt im Main. 1909 wurde für den Bau einer Abwasserreinigung in der Nähe der heutigen Hahnenhügelbrücke geplant. Es sollte aber noch 46 Jahre dauern, ehe zwischen Main und Oberndorf gebaut wurde. In Betrieb ging die ausschließlich mechanische Abwasserreinigung im Jahr 1960. Die erste biologische Reinigungsstufe war dann 1978 einsatzbereit. 1987 funktionierte die Schlammbehandlung. Die zweite biologische Stufe stand 1992. Von 2007 bis 2009 wurde die Mechanik ausgetauscht.
Bislang hat die Stadt Schweinfurt in das Kanalnetz 90 Millionen Euro und in das Klärwerk über 60 Millionen Euro investiert. Die letzte große Ausgabe war 2011 für die Anschaffung eines neuen Blockheizkraftwerkes, das den Energiebedarf des Klärwerks zu 95 Prozent deckt und mit dem Methangas aus den Faultürmen gespeist wird.
Außer der Stadt sind an das Klärwerk die Ortschaften Dittelbrunn und Hambach, Zell, Weipoltshausen, Üchtelhausen, Mainberg, Schonungen, Forst, Gochsheim und Weyer angeschlossen. Das Kanalnetz in der Stadt hat eine Länge von 230 Kilometern. Zu betreuen sind von den gut 30 Mitarbeitern der Stadtentwässerung zudem 15 Kilometer Druckrohrleitungen, 13 Pumpwerke (damit etwa aus dem Maintal das Abwasser zu Klärwerk gelangt), 23 Regenüberlaufbecken (mit 23 000 Kubikmeter Fassungsvermögen) sowie 12 000 Hausanschlüsse und 6200 Kanalschächte.
Auf dem Weg vom Betriebsgebäude zum Zulauf geht es vorbei am Freilager für behandelten (und stichfesten) Klärschlamm. Die erste Station für eine noch recht übel riechende braune Brühe ist direkt nach dem Zulauf (bis zu 950 Liter in der Sekunde) der Rechen, der Grobstoffe wie Toilettenpapier, Holz und Textilien entfernt. Weiter geht es in der mechanischen Ausreinigung zu einem Schneckenhebewerk, das die jährlich elf Millionen Kubikmeter Abwasser acht Meter in die Höhe bringt. Am höchsten Punkt angekommen durchfließt das Abwasser den kombinierten Sand-/Fettfang. Anschließend setzten sich im Vorklärbecken Schwebstoffe ab, die auf dem Weg der Schlammbehandlung in die nachgerüsteten Faultürme aus den 60er Jahren gepumpt werden.
Das Abwasser fließt weiter von der Mechanik zur biologischen Reinigung in die Belebung, die aus der unbelüfteten Denitrifikation und der belüfteten Nitrifikation und dem Nachklärbecken besteht. Hier bauen Mikroorganismen Kohlen- und Stickstoffverbindungen ab. Phosphor wird durch Beigabe von Metallsalzen entfernt. Im Nachklärbecken werden erneut Schlamm und Wasser getrennt. Der Schlamm landet in den Faultürmen. Das Wasser fließt in den Main. Die auf dem Weg zu den Faultürmen eingedickten Schlämme werden in den markanten silbernen Türmen unter Luftabschluss auf 37 Grad erwärmt. Als Abfallprodukt beim Abbau der organischen Substanzen entsteht das Faulgas (65 Prozent Methan, 35 Prozent Kohlendooxid). Die täglich bis zu 4000 Kubikmeter Gas werden in zwei Behältern für den Einsatz im Blockheizkraftwerk gespeichert. Der ausgefaulte Schlamm wandert mit einem Feststoffanteil von vier Prozent auf einer der beiden Kammerfilterpressen, die den Feststoffanteil bis zur Stichfestigkeit (25 Prozent) erhöhen.
Die wichtigsten Parameter des Abwassers werden vor der Abgabe in den Main nahezu täglich kontrolliert, – einige auch permanent. Messgeräte gibt es zudem in den einzelnen Reinigungsstufen. Werden außergewöhnliche Verunreinigungen schnell erkannt, lassen sich diese oft bei zum Verursacher zurückverfolgen. Für die Sicherheit des 13 Hektar großen Klärwerks sorgt auch, dass alle wesentlichen Teile der Abwasser- wie der Schlammbehandlung doppelt vorhanden sind und getrennt gefahren werden können.
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