Was Worpswede für stadtflüchtende Maler oder Schwabing für die Münchner Boheme war, soll Oberwerrn ein Juni-Wochenende lang für die Kunstszene im Oberen Werntal sein: eine Künstlerkolonie auf Zeit.
Am 10. und 11. Juni lädt die Interkommunale Allianz zum „Tag des offenen Ateliers“ ein, diesmal zentriert an der Festscheune in der Raiffeisenstraße, unweit der Kirche. Parallel dazu wird es Ausstellungen von Künstlern oder Kunsthandwerkern in Maibach und Obbach geben.
Die generellen Ausstellungszeiten sind am Samstag von 14 bis 18 Uhr und am Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Die genaue Übersicht gibt es in den Rathäusern, bei der Schweinfurter Tourist-Information oder unter www.oberes-werntal.de.
„Kunst ist mit ein Entscheidungskriterium für den Wohnstandort“, sagte Allianzmanagerin Eva Braksiek bei der Vorstellung der mehr als 25 Aussteller.
Gezeigt werden Unikate aus Holz, Edelmetall, Stoff, Glas oder Farbe an und in der Festscheune. Dort gibt es Samstag wie Sonntag individuelle Blumenmotive des Brebersdorfer Malers Manfred Sperber zu bestaunen. Was anderswo als Brennholz gilt, wird von Elisabeth Müller (Werneck) zu Holzschmuck gedrechselt. Zu sehen sind ihre Kunst- und Gebrauchsgegenstände am Sonntag.
„Ausgefallen, aber tragbar“ ist der Schmuck der Schweinfurter Goldschmiede Wehner. Heimatforscherin Gisela Bartenstein-Eschner stellt unter anderem ihr neuestes Buch vor: „So war das Leben früher“ – eine reich bebilderte Fundgrube, wenn es um Familiengeschichte und Geschichten an der Wern geht.
Der Rottershäuser Martin Staab präsentierte in Öl verewigte italienische Landschaften, als Schüler des „römischen Kissingers“ Carlo Catoni. Tiffany-Glaskunst zeigt Lokalmatador Claus Günther auf den Suren der amerikanischen Jugendstil-Ikone Louis Comfort Tiffany.
Impressionismus ist out? Nicht bei Brunhild Schwertner. Die Schweinfurterin wagt einen zarten, aber eindrucksvollen Blick auf lichtdurchflutete fränkische Landschaften und lebendige Orte.
Glaskunst aus Muranoglas fertigt Nicole Vay von der Sondheimer „Casa del Salamandra“ über offener Flamme an. Die Gochsheimerin Doris Rückel zeigt Aquarell-, Postkarten- und Kalenderbilder, Mona Rückel Zeichnungen von Mensch wie Tier. Danuta Spiegel (Euerbach) hat Patchworkkunst und Stickereien dabei, die Niederwerrnerin Monika Tinkl kreatives Kartenmaterial mit Ausflugszielen in ganz Mainfranken zusammengestellt.
Den verschmitzt-verspielten polnischen Blickwinkel zeigt Tomasz Ciastko. Der Wahl-Sömmersdorfer bemalt Fachwerkbalken und lässt Lichtobjekte leuchten. Der aus Tschenstochau stammende Künstler ist noch auf der Suche nach einem Team.
Die Tuscheporträts von Axel Weisenberger (Zeuzleben) entstehen oft nur in einer Viertelstunde, sind aber dennoch lebensnah und eindringlich. Die Euerbacherin Karin Kuhn malt in Acryl, verwendet aber auch Spachteltechnik oder Wachs. Malerin Gudrun Harth (Veitshöchheim) sucht sich ihre Motive in der Natur, die sie nach Geschmack verändert.
Klöppeln gehört nicht nur zum Handwerk: „Die Spitzen, die wir herstellen, könnte keine Maschine machen“, sagt Textilkünstlerin Lore Elflein-Gerstner. Gerade mal 15 Jahre jung und schon Profizeichnerin mit Acryl, Kohle, Bleistift oder Computer ist die Waigolshäuserin Tabea Krause.
Der Schweinfurter Fotograf Herbert Götz lässt mit seinen „designeden Fotos“ sowie elektronischem Pinsel die Grenzen zwischen Gemälde und Fotografie verschwinden: Wo hört Realität auf, wo beginnt Kunst?
„Blühendes Leben“ nennt sich die Ausstellung der Geldersheimerin Claudia Cebulla mit Blütenpracht im Stil eines Edgar Degas oder Emil Nolde. Im Anwesen Fries, Hauptstraße 8, sind außerdem die dunkelschönen Acryl-, Tusche- und Kohlezeichnungen von Karin Lorenz aus Niederwerrn zu sehen. Am Bonland 36 zeigt Wolfgang Kohlhepp surreale Landschaften in einem japanischen Garten voller Bonsaibäume: mit einigen nochunvollendeten Werken. Am Buchweg 36 gibt es eine Vorführung: Hanne Walz wird Keramik für Haus und Garten herstellen. Nebenan, am Buchweg 38, stellt die Malschule von Theo Bieber aus, in Erinnerung an den Ehemann von Elisabeth Bieber und Mitbegründer des Ateliers „Kunst am Buchweg“.
Im Maibacher Sportheim werden am Samstag von 13 bis 18 Uhr und am Sonntag von 11 bis 18 Uhr ungewöhnliche Ölgemälde vom Vicky Weisenberger gezeigt. Fotograf Andreas Klausberger führt dort ins Land der 7000 Inseln und asiatische Gefilde. Auf dem Bauernhof in der Schweinfurter Straße 35 ist Malerin Hannelore Göbel das zehnte Mal dabei. Auch 2017 geht es um die Frage, wie paradiesisch das Leben auf dem Land eigentlich ist. In Obbach, Frühlingstraße 14, lässt Thomas Baum seine Metallkunst teilweise stilvoll im Garten rosten, auch fürs leibliche Wohl ist gesorgt.
„Der Tag des offenen Ateliers bringt soviel Buntheit und Kreativität in den Landkreis“, lobte Hobbyautorin Gisela Bartenstein-Eschner.