Der Tiroler Musicus hatte richtig Wums, wie so mancher Zeitgenosse: "Herr Wirt, uns dürstet" nennt sich ein Evergreen des aristokratischen Minnesängers Oswald von Wolkenstein, der nicht nur der Frisur nach eine Art Tony Marshall des Mittelalters war. In den deftigen Liedern des einäugigen "Haudraufs" geht es um manch schöne Maid und gut gefüllte Becher. Der Klassiker der Oberndorfer Barden steht ebenfalls auf dem Programm, beim Jubiläumskonzert am Sonntag, 22. Oktober, ab 18 Uhr in der Rathausdiele. Dann feiern die Musikanten 25. Geburtstag, bei freiem Eintritt.
"Den Verein gibt’s 26 Jahre", berichtet Barbara Mantel, als organisatorische Chefin der zwölf Bardinnen und Barden. 1997 war der Bürger- und Kulturverein des selbstbewussten Schweinfurter Stadtteils gegründet worden. Im Jahr darauf wurde im einstigen "Oberrheinfeld" das erste Walpurgisgericht abgehalten, als farbenfrohes Mittelalterevent, zu Fronleichnam im Pfisterpark.
Die Organisatorinnen und Organisatoren hätten rasch gemerkt, dass sie für die Begleitmusik kein "Ufftata" wollten, so Mantel. Bernd Köppel, langjähriger Chef des Kulturvereins, war sehr geschichtsbewusst. Der 2011 verstorbene Initiator der Barden hat wortwörtlich seinen eigenen Platz erhalten, in der Erinnerung der Oberndorfer. Ehefrau Helene Köppel ist bekannt als Autorin historischer Romane. Die Leitung der Gruppe übernahmen die Urgesteine Herbert Wiener und Helmut Kommer, das Mitmachen war oft Familiensache.
"Kein Mittelalterrock"
Ute Eller zählt zu den noch aktiven Gründungsmitgliedern. Seit einigen Jahren ist die Heilpraktikerin und Stadträtin Mantel Leiterin, Pastoralreferent Michael Pfrang ist für den musikalischen Part zuständig. Der Fan von Krummhorn und Schalmei kam über die Kirchenmusik zu Minnesang und Psalterklang, der die Menschen schon vor Jahrhunderten aufgemuntert hat, als das Erdenlos härter war als heute.
"Es soll kein Mittelalterrock sein", sagt Pfrang, zum breitgefächerten Repertoire aus Volks-, Tanz- und Bauernliedern, das oft augenzwinkernd daherkommt. Aber auch Walther von der Vogelweide, "Superstar" Neidhart von Reuental oder die Carmina Burana leben bei den Barden weiter.
Authentisch soll das Liedgut sein, wie es in den Handschriften überliefert worden ist. Auch wenn keiner so genau weiß, wie sich das in schummrigen Schweinfurter Schänken oder auf dem wuseligen Marktplatz angehört haben mag. Mönch Guido von Arezzo, der habe um das Jahr 1000 schon eine einfache Notenschrift entwickelt, sagt Pfrang. Das meiste sei aber mündlich tradiert, sprich nachgesungen worden.
In Bardentracht
Für das Zusammenstellen der Instrumente brauchte es "viel Geduld und das Internet". Das Trumscheit, ein Streichinstrument, wurde in Nürnberg gefunden, das Hümmelchen, eine kleine Sackpfeife, stammt aus dem Odenwald, die Gemshörner kamen aus Leipzig. Der Zinken, eine Holztrompete, wurde in England aufgestöbert, die Slowakei hat ein Platerspiel beigesteuert, eine Flöte mit integriertem Mini-Dudelsack. "Mein Psalter ist ein Dachbodenfund", berichtet Barbara Mantel stolz. Der neueste Erwerb: ein Portativ, eine Handorgel für Spielleute, sozusagen der Synthesizer der Renaissance. Man merkt schnell: Das Mittelalter war nicht finster oder gar primitiv, weder kulturell noch technisch.
Die Barden sind bescheiden und wollen sich gar nicht mit der Liga etwa der "Capella Antiqua Bambergensis" vergleichen. Für ihre Qualität werden sie dennoch hochgelobt, auch ohne Konzert wird einmal wöchentlich geübt.
Ausflüge zu Bardentreffen, etwa zum Festival nach Nürnberg oder in die Partnerstadt Châteaudun, gehören dazu. Erst vor ein paar Wochen haben die Spielleute beim Schonunger Wikingerspektakel die Hörner zum Klingen gebracht. Auch die große Pestilenz, sprich die Coronazwangspause, wurde einigermaßen überstanden. Am Sonntag darf nun wieder Bardentracht angelegt und den Lauten - wie leisen Tönen gefrönt werden.