„Alles, was ich heute sage, ist die reine Wahrheit.“ Beteuert Christian Springer in der Kulturwerkstatt. Man muss schließlich nichts mehr erfinden, als Satiriker heutzutage, Nacherzählen reicht.
Für BR-Zuschauer ist der Münchner Kabarettist als „Fonsi“ bekannt: der bajuwarisch grantelnde Kassenwart Alfons im Schloss Neuschwanstein. Der Mann entstammt einer halbverwehten Generation mündiger Bürger, die Schikanen nicht einfach kritiklos hingenommen hat, um stattdessen Geld, Ruhm, dem Fernsehen oder gar der Obrigkeit zu huldigen. Springer serviert am Main ein selten gewordenes Polit-Schmankerl. Mit pikanten Seitenhieben auf freistaatliche Spezlwirtschaft, Blödel- oder Nichtwähler.
Nein, die CSU ist hierzulande gar nicht gegen die Homo-Ehe – „solange ein Partner eine Frau ist.“ Die mediale Doppelspitze Merkel und Gauck? Springer fasst beide ökonomisch als „Gaukel“ zusammen. Gerade hat die Kanzlerin in Minsk die Streitparteien getrennt, mit Aufschub: „Waffenruhe schon, aber ned heut.“ Wenn das Kriegsvolk etwas fürchtet, dann eine Amazone, die ihm barbusig entgegengaloppiert: „Oben ohne“ nennt sich das aktuelle Soloprogramm des Kabarett-Einzelkämpfers.
Es geht um seltene Erden, aus Mali etwa, die in Handys bröseln. Dass zwei Brüder der nach Westafrika strebenden Frontfrau Ursula von der Leyen in dieser Branche arbeiten, ist sicherlich Zufall. Früher starb der Soldat den Heldentod. Heute heißt's: „Für seltene Erden in Mali verdampft“? Außerdem für Bauxit, Kupfer, Uran und Gold. Denn: „Mali ist das Paradies.“ Für rohstoffhungrige Konzerne. Demnächst sollen dann noch 300 000 Goldbarren von der Federal Reserve in New York nach Deutschland zurückkehren.
Springer malt sich aus, wie die Heimkehr des ausgelagerten Staatsschatzes zelebriert werden müsste, damit das Volk endlich merkt: „Wir sind reich. Aber es ist beschissen verteilt.“ Vorsichtshalber wird es wohl keine Liveschaltungen und goldige Celebrity-Shows geben.
Süffisant ist Fonsi Springer, und respektlos, der Humor süffig-eigenwillig. Der Hang zum Blumigen, zum fantasievollen Ausschmücken erinnert nicht zufällig an die Welt des Orients: Der Kabarettgefährte von Helmut Schleich hat mal Arabistik studiert, war oft in Syrien und im Libanon. Im Assadstaat hat er höchstselbst den außer Landes geschleusten Nazi-Kriegsverbrecher und Eichmann-Gehilfen Alois Brunner gejagt. Derzeit engagiert er sich für Bürgerkriegsflüchtlinge, direkt vor Ort, vor allem für Kinder, prangert in flammender Rede unsägliches Leid in den libanesischen Camps an. „Orienthelfer“ nennt sich sein 2011 gegründeter Verein (www.orienthelfer.de). Am Ende verlässt ein Querkopf die Bühne, mit der Aufforderung, den Reichtum in unserem Land zu schätzen, das Leben im Paradies trotz aller Schattenseiten zu genießen – ohne dabei das wirkliche Elend auf dieser Welt zu vergessen.