
Wenn früher in China der sprichwörtliche Sack Reis umgefallen ist, hat das auch an der Wern niemanden interessiert. Heute lässt schon ein abgeschossener Ballon aufhorchen, selbst eine Kommune wie Niederwerrn. Im Gespräch mit der Zeitung machte Kämmerer Andreas Harth deutlich, dass die Entwicklung der eigenen Finanzen stark von der weltpolitischen Großwetterlage abhänge. Die sei unberechenbar. Niemand wisse, wie sich Inflation, Preise, Löhne oder Arbeitslosenzahlen entwickeln werden. "Wir müssen auf Sicht fahren", wiederholte der Rathausmitarbeiter seine Aussage im Gemeinderat, wo vor kurzem der Haushalt 2023 verabschiedet worden ist.
Auf einer Herbsttagung der Gemeindekämmerer sei die Stimmung eher pessimistisch gewesen. Die für Niederwerrn wichtige Einkommenssteuerbeteiligung verlaufe derzeit aber noch "relativ linear". Ab 2025 soll die Zahl der Bewohner des Ankerzentrums in den Conn Barracks zurückgehen, was wiederum Auswirkungen auf die Schlüsselzuweisungen haben werde.
Seit 2008 schuldenfrei
Die Werntalgemeinde ist seit 2008 schuldenfrei, hat aber Großprojekte wie die Neue Mitte oder den teilweisen Schulneubau zu stemmen. 20 Millionen Euro Kosten stehen im längerfristigen Finanzplan beim Punkt Schulsanierung, drei Millionen Euro unter dem Stichwort "Konversion der Conn Barracks". Die neue Ortsmitte, inklusive Energiescheune und Gestaltung des Löb-Kent-Platzes an der ehemaligen Synagoge, ist mit insgesamt 9,5 Millionen Euro veranschlagt. 400.000 Euro werden in die künftige Gestaltung des Oberwerrner Kimmel-Anwesen fließen. Allein 3,73 Millionen Euro Ausgaben sind im Verwaltungshaushalt als Kreisumlage eingeplant.
Bis 2026 sollen die Rücklagen von derzeit 14,48 Millionen Euro auf etwas über eine Million Euro sinken. Danach sieht es nach Kreditaufnahme und Neuverschuldung aus – lange Jahre Fremdworte in der Werntalgemeinde. Für 2024 stellt der Kämmerer eine Erhöhung der Hebesätze in den Raum. Die Grundsteuer A und B liegt derzeit bei 330 Prozent und könnte jeweils auf bis zu 400 Prozent, die Gewerbesteuer von 310 in Richtung 360 Prozent steigen. Auch die freiwilligen Leistungen der Gemeinde sind derzeit auf dem Prüfstand, für Vereine wie für Privathaushalte.
Bürgermeisterin Bettina Bärmann verteidigte einzelne Streichungen, etwa bei der Bezuschussung von PV-Anlagen oder Zisternen, die kaum in Anspruch genommen worden sei. Es müsse zielgerichteter gefördert werden, angesichts der viel beschworenen "Zeitenwende". Niederwerrn habe gespart und könne nun investieren, aktuell etwa 195.000 Euro in die Gewerbeflächen des Motorpools.
Kritische Gedankenspiele
CSU-Sprecher Felix Zirkelbach sah manche Gedankenspiele im Rathaus kritisch. Die Grundsteuer sei erst erhöht worden, bei der Kürzung freiwilliger Leistungen brauche es Bedacht und Weitsicht. Sicher sei es schön, dass nach langer Planung die Neue Mitte begonnen werde. Es bringe aber nichts, wenn sich die Vereine angesichts der Mehrbelastungen finanziell nicht mehr halten könnten und beispielsweise der Musikverein einen solchen Ort nicht mitbeleben könne. Zirkelbach erinnerte an den Vorschlag der CSU, die gemeindlichen Hallen für Privatnutzung zu öffnen. Für einen Hundespielplatz habe es leider keine Mehrheit gegeben, trotz des großen öffentlichen Interesses.
"Sparen" sei das Gebot der Stunde, fand Roland Fick, angesichts einer wechsel- und krisenhaften Gesamtlage. Der Staat reglementiere zu viel, meinte der Freie Wähler, das Anspruchsdenken des Einzelnen wäre zu hoch. Von den Gemeinden würde immer mehr verlangt, ohne entsprechende finanzielle Ausstattung: "Die Kommunen sind am Anschlag". Der erste Haushaltsentwurf wäre, mangels Gegenfinanzierung, gar nicht genehmigungsfähig gewesen. "Es kann nicht jeder immer alles haben", zitierte Fick US-Präsident und Gründervater Thomas Jefferson.
Gemischte Gefühle bei der CWVO
Gemischte Gefühle herrschten bei der CWVO, mit Blick auf schwindende Vereinszuschüsse. Wolf Dietrich Lang verwies auf Anträge und Impulse seitens der SPD, etwa 100.000 Euro für eine Windpark-Beteiligung, die zusammen mit 8000 Euro für eine "fahrradfreundliche" Verkehrsschau in den Projektplan eingestellt wurden. Es gelte, sparsames Wirtschaften mit Zukunftsfähigkeit zu verbinden.
Bettina Häckner (Grüne) sprach von "schwierigen Zeiten". Die Frage sei nicht "tun wir das Richtige?", sondern "werden wir das Richtige getan haben?" sagte Häckner, mit Blick auf Umwelt und Klima. Für ihre Fraktion hob sie die Umgestaltung des Wittelsbacher Platzes mit E-Ladesäulen oder die Billigung weiterer Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden hervor. Der Haushalt wurde einstimmig verabschiedet, beim Finanzplan gab es vier Gegenstimmen, mehrheitlich von der CSU.