Umstritten, wohlwollend formuliert, könnte man die Pläne der Stadtverwaltung nennen, den Radwege-Lückenschluss in der Niederwerrner Straße zwischen Schelmsrasen und Nikolaus-Hofmann-Straße zu gestalten. Im November vergangenen Jahres wurde der Vorschlag im Bauausschuss mit knapper Mehrheit durchgewunken, nun gab es richtig Ärger mit den Anwohnern, weswegen die Stadt das Thema erneut zur Beratung vorlegte.
Stadtbaumeister Markus Sauer erläuterte den Sachstand. Die ursprüngliche und vom Ausschuss genehmigte Version für einen provisorischen Radweg auf rund 200 Metern in dem Gebiet hätte den Verlust von 22 Stellplätzen bedeutet, da der erforderliche Sicherheitsabstand zwischen Fahrbahn und Schutzstreifen sonst nicht möglich wäre. Als man das den Anwohnern vorstellte, habe es massiven Widerstand gegeben. Der Lückenschluss stadtauswärts in der Niederwerrner Straße, an dieser Stelle B 303, ist eine alte Forderung. Die Pläne für eine große Lösung kosten inklusive Fahrbahnerneuerung fast eine Million Euro. Wegen Schwierigkeiten bei Grundstückszukäufen ist der Ausbau derzeit kein Thema. Bündnis 90/Die Grünen beantragte deswegen wenigstens einen Schutzstreifen auf der Fahrbahn als Provisorium.
Offener Brief mit deutlichen Worten
Der Offene Brief, den die Anwohner und Gewerbetreibenden an den Stadtrat und die Verwaltung schickten, liegt der Redaktion vor und spart nicht mit deutlicher Kritik. Die 18 Unterzeichner fordern, den ursprünglichen Beschluss zu kippen. „Die Bemalung des Asphalts mit weißen Linien in dem genannten kurzen Abschnitt wird zwar Schutzstreifen genannt, ist in Wirklichkeit aber ein geplanter sträflicher, völlig überflüssiger Leichtsinn“, heißt es.
Es gaukele den Radfahrern Sicherheit vor, die es wegen der parkenden Autos nicht gebe. Außerdem sei durch diese Lösung „der Ruin der Eisdielenkultur in der Niederwerrner Straße vorprogrammiert“, da gut die Hälfte des Umsatzes von Kunden erzeugt werde, die mit dem Auto kurz vor den Eisdielen parkten, sich ein Eis mitnähmen und wieder wegführen. „Die Vernichtung dieser Parkplätze gefährdet viele Arbeitsplätze und führt wahrscheinlich zur Verödung der Niederwerrner Straße“, schließt das Schreiben.
Vorhaben im Moment gestoppt
Die Verwaltung erarbeitete einen neuen Vorschlag, bei dem acht Stellplätze im westlichen Teil der betroffenen Fläche erhalten werden könnten. Der Vorschlag ist aber weder mit den Anwohnern, noch mit der Straßenverkehrsbehörde abgestimmt. Bis die Gespräche vor allem mit den beteiligten Behörden geführt sind, wurde der Antrag zurückgestellt.
Die Reaktion der Anwohner sorgte bei einigen Stadträten für ebenso deutliche Worte. Reginhard von Hirschhausen (Bündnis 90/Die Grünen) empfand das Schreiben der Anwohner als „unsäglich“, sein SPD-Kollege Thomas End empfand die Wortwahl als „erstaunlich.“ Grund für der Räte Verwunderung: Der geäußerte Anspruch auf Stellplätze direkt vor dem Geschäft. Das gebe es in anderen Bereichen der Stadt auch nicht. „Das Selbstverständnis der Anwohner gefällt mir nicht“, so End.
Aus Sicht von SPD und Grünen ist die Niederwerrner Straße eine wichtige Verbindung. Das betroffene Teilstück sei im Moment gefährlich, da vorher und nachher Radwege bestünden und man als Radler dort auf die viel befahrene Bundesstraße müsse, „bis man sich wieder hinter den Bäumen verstecken kann“, so End. Ulrike Schneider (SWL/FW) plädierte dafür, „das große Ganze zu sehen. Wenn wir jedem Wunsch der Anwohner nachkommen, werden wir nie ein durchgehendes Radwegenetz haben.“
OB und CSU teilen Anwohner-Bedenken
CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler hatte schon im November für die große Lösung plädiert und tat dies wieder. Er wolle vermeiden, „den Anwohnern etwas überzustülpen.“ Dass 22 Parkplätze wegfielen, „ist nicht vermittelbar.“ Nur acht zu erhalten, ebenfalls nicht ausreichend. Aus Köhlers Sicht wäre eine Fahrbahnmarkierung die bessere Variante, vielleicht auch auf einem kürzeren Stück.
Deutlich pro Anwohner positionierte sich Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU). Es sei ein „Luxusproblem“, über das man diskutiere, denn der Streckenabschnitt sei aus polizeilicher Sicht völlig unauffällig. Er frage sich, „ob man es nicht einfach so lassen sollte, wie es ist, denn die Anwohner und Gewerbetreibenden sind so zufrieden.“ Wäre er im November 2017 bei der Bauausschusssitzung nicht im Krankenstand gewesen, hätte er schon damals dagegen gestimmt, den Lückenschluss zu vollziehen, so Remelé.