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Schweinfurt
Nichts als Weiß: Heinrich Schafmeister gibt den Underdog in der Kunst-Komödie in Schweinfurt
Spielszene aus Yasmina Rezas Komödie 'Kunst' im Evangelischen Gemeindehaus als Ersatzspielstätte des Schweinfurter Theaters mit Luc Feit und Heinrich Schafmeister.
Foto: Jürgen Frahm | Spielszene aus Yasmina Rezas Komödie "Kunst" im Evangelischen Gemeindehaus als Ersatzspielstätte des Schweinfurter Theaters mit Luc Feit und Heinrich Schafmeister.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 29.01.2023 03:00 Uhr

"Guten Abend", begrüßt Marc im Evangelischen Gemeindehaus, "mein Freund hat sich ein Bild gekauft. Ganz in Weiß!" Marc beugt sich herunter, schaut auf Knien ganz genau hin, kneift die Augen zusammen, sieht ein paar diagonale Linien, ebenfalls ganz in Weiß. "Teuer?", fragt er seinen Freund Serge. "200.000. 200 Riesen hast Du gezahlt, für diese Scheiße?"

"Kunst" ist der Titel des in 40 Sprachen übersetzten Erfolgsstückes von Yasmina Reza aus dem Jahr 1994, das das Euro-Studio einmal mehr auf Tournee schickt. Station drei war nun Schweinfurt mit einer bis auf den letzten Platz besetzten Ersatzspielstätte für das sanierungsfällige Theater der Stadt.

Die Tour findet unter erschwerten Bedingungen statt. Musste doch für den erkrankten Leonard Lansink kurzfristig Martin Molitor einspringen. Er tat dies mit Bravour, ohne dass man nur die Spur eines Bruches bemerken konnte.

Über Kunst kann man trefflich streiten, doch darum geht es nicht allein

Dass man über Kunst trefflich streiten kann, muss nicht eigens bemerkt werden. Yasmina Reza nimmt das weiße Großformat auch nur als Rahmen, um die brüchige Freundschaft dreier Männer zu zeigen, deren Widersprüche immer wieder kräftig mit schönen anbiedernden Worten übertüncht wird. Freundschaft ist nun mal einmal farbig.

Als Marc und Serge sich über das Bild in Rage reden, versucht Yvan (Heinrich Schafmeister) zu vermitteln, mäandert zwischen den beiden Streithähnen, erkennt im Bild plötzlich sogar Farben. "Schleimer", kommentiert Serge.

Die Inszenierung noch von dem inzwischen gestorbenen Fred Berndt auf den Weg gebracht, kommt mit einem wahnsinnigen Tempo und einiger Lautstärke daher, reiht Pointe an Pointe, wobei einige davon leider von der Geschwindigkeit des Spiels erschlagen werden.

Die Bühne ist ebenfalls weitgehend in Weiß gehalten. Stellwände markieren den Raum, drei Ledersessel, mehr braucht es nicht.

Der Underdog im Hawaiihemd als Vermittler zwischen Freunden

Der Yvan Schafmeisters ist ein Underdog. Beruflich wohl gescheitert, steht er zwischen dem erfolgreichen und mit seinem Kunstfimmel auf gesellschaftliche Anerkennung gierenden Dermatologen Serge (Luc Feit) und Marc (Martin Molitor), dem tatkräftigen Luftfahrtingenieur. Yvan ist ein weinerliches Nichts, ein älterer Mann im Hawaiihemd, kurz vor der Hochzeit.

Toll, wie Schafmeister die Gefühlswelt dieses Mannes in Übersprungshandlungen packt, immer wieder, wenn es hart wird, die Schuhe auszieht, sie etwa wie Telefone ans Ohr hält, um die Forderung beider Stiefmütter, auf der Einladungskarte platziert zu werden, irgendwie zu regeln. Das ist urkomisch, die stärkste Szene des Abends.

Der Mann mit dem zerknautschten Welpengesicht

Schafmeister spielt mit seinem bekannten, zerknautschten Welpengesicht, hängenden Mundwinkeln, einen traurigen Jammerlappen. Er ist für viel Slapstick zuständig. Da wird heftigst gestritten, unter die Gürtellinie gezielt, als ob es kein Morgen gäbe. Da setzt es Ohrfeigen, wird geprügelt, über die Bühne gerollt, getobt, um in einem versöhnlichen Schlussbild zu münden. Komödie halt.

Nach 80 kurzweiligen unterhaltsamen Minuten dankt das Publikum begeistert. Es hat drei großartige Schauspieler erlebt.

 
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