zurück
Grafenrheinfeld
Neuer Supermarkt: Riesenchance oder Flächenfraß?
Ein Bürgerbegehren will den Neubau eines Vollsortimenters am Ortsrand von Grafenrheinfeld verhindern.
Braucht Grafenrheinfeld einen Vollsortimenter an der Mainbrücke? Angela Hauck und weitere Organisatoren eines Bürgerbegehrens sagen "Nein".
Foto: Uwe Eichler | Braucht Grafenrheinfeld einen Vollsortimenter an der Mainbrücke? Angela Hauck und weitere Organisatoren eines Bürgerbegehrens sagen "Nein".
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 09.02.2024 06:49 Uhr

Der geplante Bau von Supermärkten hat in der Region auch anderswo schon zu Unmut geführt – oder zu Bürgerentscheiden. In Grafenrheinfeld geht es derzeit um Pläne, auf etwa 1200 Quadratmetern Fläche einen Lebensmittel-Vollsortimenter zu errichten: auf einer Ackerfläche am westlichen Ortseingang, linkerhand vor der Mainbrücke.

Die Aussicht auf ein "MainCenter" am Bauernwehr, inklusive Getränkemarkt und 126 Stellplätzen, ruft unter anderem die Anwohner auf den Plan. Nun wurde ein Bürgerbegehren gestartet, Überschrift "Ja zur Stärkung des Ortskerns – Nein zum MainCenter". Mindestens ein Zehntel der Grafenrheinfelder Wahlberechtigten muss sich mit (gültiger) Unterschrift eintragen, um einen Bürgerentscheid zu erreichen – und damit einen Beschluss des alten Gemeinderats zu kippen. Der hatte noch im Februar eine Sonderbaufläche ausgewiesen und den Bebauungsplan auf den Weg gebracht.  

Die Bürger wurden nicht gefragt, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt", kritisiert Anwohnerin Angela Hauck, eine der Initiatorinnen des Bürgerbegehrens. Man habe in etwa einem Kilometer Entfernung einen Edeka im Ort, der fußläufig gut zu erreichen sei. Auch in Bergrheinfeld gebe es einen großen Edeka. Nun drohe ein weiterer Leerstand innerorts und damit ein "Donut-Dorf" sowie Ortskernschwächung: "Metzgerei, Bäckereien, Schreibwarenladen, demnächst auch die Kindergärten - alles leer".

Im Außenbereich führe der Neubau zu Flächenfraß, Ortsbild-Beeinträchtigung und Naturzerstörung, so die gelernte Biologin. Insbesondere die geschützte Zauneidechse sei auf dem Areal vorhanden und müsse umgesiedelt werden. Ebenso gebe es jede Menge Insekten in der Hecke, Bäume und Brutgebiete für Vögel. Guter Boden würde unnötig versiegelt, der Naherholungswert am Main würde leiden. Dazu käme eine erhöhte Belastung durch (Liefer-)Verkehr. Einen echten Bedarf gebe es für den Neubau nicht, ist Hauck überzeugt, die seit 2004 in der benachbarten Johann-Köhler-Straße wohnt. Rewe sei von Planungen auf gleicher Fläche abgesprungen. Es gehe wohl mehr um Verdrängungswettbewerb, vermutet Hauck. Auch  die Grünen-Fraktion im Gemeinderat sehe die Pläne kritisch.  Kompromisse wären denkbar: Man könnte den bestehenden Supermarkt "An der Haak" vergrößern, etwa mit einem zweiten Stockwerk.

Verkehrsanbindung über einen Kreisel 

Der künftige Betreiber des "MainCenter", Burkhard Pfister, ist bereits Betreiber des kleinen Edeka-Marktes in Grafenrheinfeld, sowie der Niederlassung in Bergrheinfeld. Die Würzburger Firma ROSBO möchte für ihn den Neubau in die Hand nehmen, der  durch einen Kreisel an die Straße angebunden werden soll.

Bürgermeister Christian Keller kann die Kritik nicht nachvollziehen: Der Vollsortimenter sei eine "Riesenchance" für Grafenrheinfeld, auf einem "perfekt geeigneten Platz". Die meisten Gemeinderäte sowie der jetzige und künftige Betreiber sähen das genauso. Das Angebot für die Bürger bezüglich der Nahversorgung werde erweitert,  der Altort beim Verkehr entlastet und nicht geschwächt. Keller befürchtet weder einen Leerstand in der Ortsmitte noch ein "Donut-Dorf": "In Grafenrheinfeld gibt's für jedes Mausloch eine Nachnutzung". So seien etwa Tages- und Kurzzeit-Pflegeangebote oder "junges Wohnen" an gleicher Stelle vorstellbar.

Wolfgang Rosentritt verweist seitens der ROSBO GmbH auch auf Überlegungen von Edeka, den Standort zukunftsfähig zu erhalten. Dazu gehöre Sortiment-Erweiterung, Ebenerdigkeit und ausreichend Parkraum.  Der Markt in Bergrheinfeld sei schon aufgrund seiner Größe nicht bedroht, sondern diene als Ergänzung. Die zugrunde liegenden Marktuntersuchungen wären zuverlässig. Es gebe sicher Flächenversiegelung, wirklich hochwertig sei die "extensiv genutzte Ackerfläche" nicht, so Rosentritt. Dafür würden jetzt Ausgleichsflächen geschaffen.

"Ich würde den Markt gerne erhalten", sagt wiederum Walter Lutz (86), Besitzer der Liegenschaft "An der Haak". Zusammen mit der "Norma" sei das Supermarkt-Angebot für Grafenrheinfeld ausreichend, findet der Verpächter, der ebenfalls auf die zentrale Lage verweist, neben dem Seniorenheim und barrierefreien Wohnungen: "Ein Kilometer, das können die Leute nicht laufen. Hier ist alles da, Post, Apotheke, Gemeinde, Bank." Dass Grafenrheinfeld mit dem "MainCenter" seinen dörflichen Charakter verlieren könnte – diese Befürchtung hegen auch die Organisatoren des Bürgerbegehrens. "Chancen sind wie Sonnenaufgänge", hat  dem gegenüber Bürgermeister Keller im Gemeinderat festgestellt: "Wer zu lange wartet, verpasst sie."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Grafenrheinfeld
Uwe Eichler
Apotheken
Bürgerbegehren
Bürgerentscheide
Edeka-Gruppe
Grünen-Fraktion
Rewe Gruppe
Seniorenheime
Supermärkte
Unternehmen
Verdrängungswettbewerb
Verkehr
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Dr.Hauck
    Die Initiatoren und Stellvertreter des Bürgerbegehrens sind nicht alle Anwohner, sondern kommen auch aus dem Altort. Zudem glaube ich nicht, dass sie die Personen kennen, denen sie diese "puren Eigeninteressen" unterstellen. Da müssten Sie sich schon die Mühe machen mit diesen direkt zu diskutieren. Aber im Internet kann man sich ja relativ "gesichtslos" zu allem äußern.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • bschug
    Dem Bürgerbegehren viel Erfolg! Erst dann können die Grafenrheinfelder ja selbst entscheiden, ob sie überhaupt ein Einkaufszentrum auf der grünen Wiese wollen. Das ist doch lebendige Demokratie! Wollen sie für die Zukunft eine graue, versiegelte statt einer grünen Landschaft? Die über 10000 Quadratmeter, die unter Beton und Asphalt verschwinden würden, sind unwiederbringliche Nahrungsflächen für Mensch und Tier. Es sind naturnahe Bereiche sowie teils intensiv, teils extensiv genutzte landwirtschaftliche Nutzflächen. Letztere sind außerdem ökologisch hochwertig ebenso wie das einrahmende Gehölz-Biotop. Wer dort einmal im Frühling und Sommer die Frösche quaken, die Bienen summen und die Vögel zwitschern gehört hat, kann erahnen, welcher Verlust droht. Die ländlichen Gemeinden sollten endlich begreifen, wie wertvoll ihr Grund und Boden ist, anstatt ihn regelrecht an sogenannte Projektentwickler zu verschleudern. A propos „Chancen wie Sonnenaufgänge“, sie kommen wieder, und zwar jeden Tag!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ba.stark@web.de
    Frösche quaken, Bienen summen, usw. Framing des unbedarften Lesers at its best.

    Da ist heute Agrarsteppe + Reste eines Kieswerks (im Übrigen bereits auf Bergrheinfelder Gemarkung), mehr nicht. Das nächste Biotop ist ewig weit entfernt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • bschug
    Das ist nicht Framing, sondern erlebte Wahrnehmung an Ort und Stelle. Und die wünsche ich jeder/jedem, auch noch zukünftigen Generationen. Der "redakteur", der sich eh nur hinter diesem Namen versteckt, möchte statt Zauneidechse, Bienen und Vögeln wohl lieber ein Biotop für stinkende und lärmende LKWs. Außerdem ist das Bauprojekt vollkommen überflüssig, da ein gut gehender Edeka-Laden bereits im Ortskern ist, in dem man alles für seinen täglichen Bedarf kaufen kann. Da brauche ich keine klimakillende Flächenversiegelung und keinen unsinnigen Rohstoffverbrauch. In puncto Sand- und Kiesausbeute hat die Gemeinde Grafenrheinfeld ja schon begriffen, wie wertvoll Flächenressourcen sind. Hier hat sie es jedoch noch nicht verstanden. Womit wird denn das gesichtslose Center, das KEINER braucht, gebaut? Wohl mit Sand, Kies und Beton (letzterer auch ein Klimakiller ersten Ranges)! Diese Einkaufszentren auf der grünen Wiese passen nicht in die heutige Zeit. Was man liebt, betoniert man nicht!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • bschug
    Der "redakteur" hat erstens keine Ahnung, was ein Biotop ist, noch weiß er wohl, wo das MainCenter gebaut werden soll. Beides steht, wenn auch dort gut versteckt auf der Homepage der Gemeinde Grafenrheinfeld (Planung, Naturschutzgutachten). Bitte erst mal informieren!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • ba.stark@web.de
    Wie üblich nutzen, wie der Text schon aussagt, ANWOHNER, Argumente aus dem Aufgeregtheitsbaukasten (Flächenfraß, Zaueidechse, Donut-Effekt) um Aufmerksamkeit zu generieren.

    Tatsächlich geht es eher darum, dass man in seinem Häuschen hinterm Deich ungestört von der Öffentlichkeit ist. Typische NIMBYs halt, die pure Eigeninteressen der Allgemeinheit unter dem Vorwand, etwas für Alle tun zu wollen, verkaufen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten