Der geplante Bau von Supermärkten hat in der Region auch anderswo schon zu Unmut geführt – oder zu Bürgerentscheiden. In Grafenrheinfeld geht es derzeit um Pläne, auf etwa 1200 Quadratmetern Fläche einen Lebensmittel-Vollsortimenter zu errichten: auf einer Ackerfläche am westlichen Ortseingang, linkerhand vor der Mainbrücke.
Die Aussicht auf ein "MainCenter" am Bauernwehr, inklusive Getränkemarkt und 126 Stellplätzen, ruft unter anderem die Anwohner auf den Plan. Nun wurde ein Bürgerbegehren gestartet, Überschrift "Ja zur Stärkung des Ortskerns – Nein zum MainCenter". Mindestens ein Zehntel der Grafenrheinfelder Wahlberechtigten muss sich mit (gültiger) Unterschrift eintragen, um einen Bürgerentscheid zu erreichen – und damit einen Beschluss des alten Gemeinderats zu kippen. Der hatte noch im Februar eine Sonderbaufläche ausgewiesen und den Bebauungsplan auf den Weg gebracht.
Die Bürger wurden nicht gefragt, sondern vor vollendete Tatsachen gestellt", kritisiert Anwohnerin Angela Hauck, eine der Initiatorinnen des Bürgerbegehrens. Man habe in etwa einem Kilometer Entfernung einen Edeka im Ort, der fußläufig gut zu erreichen sei. Auch in Bergrheinfeld gebe es einen großen Edeka. Nun drohe ein weiterer Leerstand innerorts und damit ein "Donut-Dorf" sowie Ortskernschwächung: "Metzgerei, Bäckereien, Schreibwarenladen, demnächst auch die Kindergärten - alles leer".
Im Außenbereich führe der Neubau zu Flächenfraß, Ortsbild-Beeinträchtigung und Naturzerstörung, so die gelernte Biologin. Insbesondere die geschützte Zauneidechse sei auf dem Areal vorhanden und müsse umgesiedelt werden. Ebenso gebe es jede Menge Insekten in der Hecke, Bäume und Brutgebiete für Vögel. Guter Boden würde unnötig versiegelt, der Naherholungswert am Main würde leiden. Dazu käme eine erhöhte Belastung durch (Liefer-)Verkehr. Einen echten Bedarf gebe es für den Neubau nicht, ist Hauck überzeugt, die seit 2004 in der benachbarten Johann-Köhler-Straße wohnt. Rewe sei von Planungen auf gleicher Fläche abgesprungen. Es gehe wohl mehr um Verdrängungswettbewerb, vermutet Hauck. Auch die Grünen-Fraktion im Gemeinderat sehe die Pläne kritisch. Kompromisse wären denkbar: Man könnte den bestehenden Supermarkt "An der Haak" vergrößern, etwa mit einem zweiten Stockwerk.
Verkehrsanbindung über einen Kreisel
Der künftige Betreiber des "MainCenter", Burkhard Pfister, ist bereits Betreiber des kleinen Edeka-Marktes in Grafenrheinfeld, sowie der Niederlassung in Bergrheinfeld. Die Würzburger Firma ROSBO möchte für ihn den Neubau in die Hand nehmen, der durch einen Kreisel an die Straße angebunden werden soll.
Bürgermeister Christian Keller kann die Kritik nicht nachvollziehen: Der Vollsortimenter sei eine "Riesenchance" für Grafenrheinfeld, auf einem "perfekt geeigneten Platz". Die meisten Gemeinderäte sowie der jetzige und künftige Betreiber sähen das genauso. Das Angebot für die Bürger bezüglich der Nahversorgung werde erweitert, der Altort beim Verkehr entlastet und nicht geschwächt. Keller befürchtet weder einen Leerstand in der Ortsmitte noch ein "Donut-Dorf": "In Grafenrheinfeld gibt's für jedes Mausloch eine Nachnutzung". So seien etwa Tages- und Kurzzeit-Pflegeangebote oder "junges Wohnen" an gleicher Stelle vorstellbar.
Wolfgang Rosentritt verweist seitens der ROSBO GmbH auch auf Überlegungen von Edeka, den Standort zukunftsfähig zu erhalten. Dazu gehöre Sortiment-Erweiterung, Ebenerdigkeit und ausreichend Parkraum. Der Markt in Bergrheinfeld sei schon aufgrund seiner Größe nicht bedroht, sondern diene als Ergänzung. Die zugrunde liegenden Marktuntersuchungen wären zuverlässig. Es gebe sicher Flächenversiegelung, wirklich hochwertig sei die "extensiv genutzte Ackerfläche" nicht, so Rosentritt. Dafür würden jetzt Ausgleichsflächen geschaffen.
"Ich würde den Markt gerne erhalten", sagt wiederum Walter Lutz (86), Besitzer der Liegenschaft "An der Haak". Zusammen mit der "Norma" sei das Supermarkt-Angebot für Grafenrheinfeld ausreichend, findet der Verpächter, der ebenfalls auf die zentrale Lage verweist, neben dem Seniorenheim und barrierefreien Wohnungen: "Ein Kilometer, das können die Leute nicht laufen. Hier ist alles da, Post, Apotheke, Gemeinde, Bank." Dass Grafenrheinfeld mit dem "MainCenter" seinen dörflichen Charakter verlieren könnte – diese Befürchtung hegen auch die Organisatoren des Bürgerbegehrens. "Chancen sind wie Sonnenaufgänge", hat dem gegenüber Bürgermeister Keller im Gemeinderat festgestellt: "Wer zu lange wartet, verpasst sie."
Da ist heute Agrarsteppe + Reste eines Kieswerks (im Übrigen bereits auf Bergrheinfelder Gemarkung), mehr nicht. Das nächste Biotop ist ewig weit entfernt.
Tatsächlich geht es eher darum, dass man in seinem Häuschen hinterm Deich ungestört von der Öffentlichkeit ist. Typische NIMBYs halt, die pure Eigeninteressen der Allgemeinheit unter dem Vorwand, etwas für Alle tun zu wollen, verkaufen.