Was für die einen etwas „schuhkartonartig“ daherkommt, wird zum Beispiel von Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann „als der beste Plan, den wir für das Areal bisher gesehen haben“ in den höchsten Tönen gelobt. Nicht minder euphorisch äußert sich Rainer Krapf: „Es ist das Modernste, was bis jetzt auf dem Tisch lag“. Die Rede ist von dem Konzept eines Investors zur Neubebauung des Grundstücks mit dem alten Butterwerk zwischen Kolping- und Friedenstraße.
Im April 2018 hatte die Firma Hiestand Deutschland GmbH den Gebäudekomplex Kolpingstraße 1-3 an eine Unternehmensholding mit Sitz in Gerolzhofen verkauft. Neu entstehen sollen dort jetzt ein reines Mehrfamilienwohnhaus sowie ein kombiniertes Geschäfts- und Wohnhaus. Es wäre der nächste große Wurf im Hinblick auf die Entwicklung erschlossener innerstädtischer Grundstücke. Das alte Molkereigelände war in den vergangenen Jahren immer wieder Gegenstand von Überlegungen gewesen, nicht zuletzt im Rahmen des Altstadtsanierungsprogramms „Soziale Stadt“. Zuletzt war hier seitens der Stadt ein Gründerzentrum zur Unterstützung junger Unternehmer angedacht gewesen.
Der Investor kommt aus Gerolzhofen
Am Montag stand im Stadtrat die rein informelle, grobe Vorstellung des Bauvorhabens auf der Tagesordnung. Der Name des Investors blieb ungenannt. Er kommt nach Informationen der Redaktion aus Gerolzhofen. Die Stadtbaumeisterin machte aber deutlich, „dass der Investor eine Stimmung aus der Sitzung mitnehmen möchte“. Sie selbst ließ schon einmal wissen, dass das Projekt den Bereich gegenüber vom alten Bahnhof enorm aufwerten und ihrer Meinung nach dort gut hinpassen würde. Bürgermeister Thorsten Wozniak geht davon aus, „dass wir zeitnah den Bauantrag erhalten werden.“
Die alten Gebäude werden komplett abgebrochen
Was ist konkret auf dem Grundstück an der Kolpingstraße geplant? Die Gebäude des ehemaligen „Butterwerks" sollen komplett abgebrochen und unter Aufnahme der Gebäudefluchten durch zwei moderne Wohn- und Geschäftsgebäude in zeitgemäßer Architektur ersetzt werden. Die beiden Baukörper sind jeweils zweigeschossig mit einem zurückgesetzten dritten Obergeschoss mit flach geneigtem Pultdach konzipiert.
Parallel zur nördlichen Grundstücksgrenze mit dem Gebäude „Scharfes Eck“ und dem daneben befindlichen brachliegenden, einst als Lagerplatz genutzten Grundstück ist dabei zum einen auf Höhe der alten Molkerei-Durchfahrt zwischen Kolping- und Friedenstraße ein dreigeschossiges Mietswohnhaus vorgesehen. Insgesamt sollen hier elf Wohnheiten in Form von Zwei-, Drei- und Vier-Zimmerwohnungen entstehen.
Die geplanten neuen Wohn- und Geschäftsgebäude
Im Erdgeschoss verfügt jede Wohnung über einen eigenen Garten und eine Terrasse, im Obergeschoss und dem Dachgeschoss mit den „Penthouse"-Wohnungen über einen Balkon beziehungsweise eine Dachterrasse. Überhaupt sorgt die großzügige Durchgrünung für eine Auflockerung des derzeit stark versiegelten Geländes. Insgesamt steht in diesem Wohngebäude eine Gesamtwohnfläche von rund 950 Quadratmetern zur Verfügung.
Zum anderen entsteht entlang der Kolpingstraße anstelle des jetzigen ehemaligen Molkerei-Gebäudes mit der früheren Trinkstube ein ebenfalls dreigeschossiges Gebäude mit Gewerbe-, Büro- sowie Gastronomie- und Veranstaltungsflächen inklusive interessanter Aussicht von der geplanten Dachterrasse auf die Umgebung.
Zu der Nutzfläche von jeweils rund 350 Quadratmeter im Erd- und Obergeschoss für mögliche gewerbliche Nutzungseinheiten wie Praxen, Büros, einen kleinen Einkaufsmarkt, einen Friseurladen oder kleine sogenannte Boarding-Wohnflächen für kurzfristiges und übergangsweises Wohnen und dergleichen mehr soll im Dachgeschoss eine 250 Quadratmeter große Eventveranstaltungsfläche, möglicherweise in Verbindung mit Gastronomie kommen. So ergibt sich auch in diesem Fall eine Gesamtnutzfläche von rund 950 Quadratmetern. Die Stellplätze werden im Hinblick auf das kombinierte Geschäfts- und Wohngebäude nach Bedarf und dann konkreter Nutzung berechnet
Stadtbaumeisterin sieht keine Probleme
Das Vorhaben fügt sich nach den Worten von Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann in Art und Maß in die nähere Umgebung ein und ist mit nachbarlichen und öffentlichen Interessen vereinbar. Das Vorhaben entspreche zudem dem Rahmenplan des förmlich festgesetzten Sanierungsgebietes „Friedenstraße" im Rahmen der "Sozialen Stadt". Durch die Umgestaltung des Geländes finde eine Aufwertung von Kolping- und Friedenstraße statt. Eine Schaffung von Wohnraum im äußeren Stadtkern stärke zudem den Wohnstandort Gerolzhofen, sagte Maria Hoffmann weiter.
Arnulf Koch erinnerte an die verschiedenen Anläufe, die man in der Vergangenheit immer wieder im Hinblick auf eine neue Nutzung des ehemaligen Butterwerk-Areals genommen habe. Die vorgelegte Nutzung ist in seinen Augen „die intelligenteste, die wir bisher vorgestellt bekommen haben“. Die präsentierte Aufteilung mache die Bebauung luftig. Das Bauvorhaben werde sich gut in diese Ecke einfügen, so ein zuversichtlicher Arnulf Koch.
Sorge um die Butterwerk-Relikte
Birgit Röder würde sich die eine oder andere Reminiszenz an die einstige Nutzung des Betriebsgeländes als Butterwerk und Molkerei wünschen. Von Maria Hoffmann erfuhr sie, dass der Investor auf Bitten der Stadt intensiv darüber nachdenke, nach Möglichkeit zumindest das bestehende Reliefbild und den vorhandenen Schriftzug in der Außenfassade in geeigneter Form wieder in die Baumaßnahme zu integrieren. Auch Erich Servatius ist es ein Anliegen, gewisse Relikte aus der Zeit des Alten Butterwerks zu erhalten, die nun im Zuge des Abbruchs entfernt werden sollen. Er möchte diese Dinge für das Stadtmuseum sichern.
Günter Iff erschien der Faktor von einem Stellplatz pro Wohneinheit als zu gering an dieser Stelle. Allerdings müsste die Stadt noch rechtzeitig die Aufstellung eines Bebauungsplanes in die Wege leiten, um hier einen Faktor von 1,5 oder zwei Stellplätzen pro Wohneinheit verbindlich verlangen zu können, antwortete die Stadtbaumeisterin. Christian Ach erfuhr, dass eine Unterkellerung der Gebäude nicht vorgesehen ist.
Dächer sorgen für Diskussion
Burkhard Wächter störte sich an den flach geneigten Pultdächern, die sich nicht in die Umgebung einfügen würden. Er betonte: „So gefällt es mir nicht.“ In dieselbe Kerbe hieb Erich Servatius. Auch er forderte, die Dachform anzupassen.
Widerspruch ernteten beide von Birgid Röder: „Ein modernes Gebäude ist mir lieber als eine halbseidene Lösung.“ Aber auch hier wie schon bei der Zahl der Stellplätze verwies die Stadtbaumeisterin auf die grundsätzlich fehlende Einflussmöglichkeit, solange es für das Areal keinen verbindlichen Bebauungsplan als Satzung gibt.