Die Grünverbindung vom Obertor zum Main entlang der mittelalterlichen Stadtbefestigung ist ein Kernpunkt der vom Stadtrat beschlossenen Altstadtsanierung. Die Stadtmauern am Oberen Wall mit dem Weißen Turm als Mittelpunkt, der Bereich Mühltor und der Wallgraben mit den beiden Türmen sind längst saniert und zum Blickfang geworden. Mit dem Samtturm und den ihn umgebenden Bastionsbauwerken geht es jetzt mit einem wichtigen Baustein im Motherwell-Park weiter, der Bestandteil der Grünachse vom Obertor bis mittlerweile zum Main ist.
Die Garagene der AWo sind achon abgebrochen
Samtturm und das Drumherum waren im Rahmen eines Erbpachtvertrags langte Jahre privat genutzt. 2015 hat die Stadt den Turm samt Nebengebäude am Motherwell Park (hinter dem Gretel-Baumbach-Haus der Arbeiterwohlfahrt/AWO) erworben. Das Ensemble kann jetzt also in Eigenregie saniert und vor allem als weiterer Teil der Grünanlage öffentlich zugänglich gemacht werden.
Im aktuellen Bau- und Umweltausschuss wurde die Nachricht parteiübergreifend begrüßt. Laut Markus Sauer, dem Leiter des städtischen Hochbauamtes, sind die vorgelagerten Garagen (der AWO) bereits abgebrochen und der Grundstückzuschnitt neu geordnet. Abgebrochen wird nun auch der hässliche Beton-Treppenaufgang aus den 1960er Jahren.
Eine neue ansehnliche Treppe ersetzt den martialischen Beton-Aufgang
Der Turm wird künftig öffentlich zugänglich ein. Ein neuer behutsamer Treppenaufgang wird in das obere Geschoss führen. Geplant ist außerdem eine neue Aussichtsplattform. Ersetzt wird auch der marode Treppenaufgang am oberen Wall. Die Bastionsmauern werden instandgesetzt und saniert. Die Planung ist laut Sauer mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt.
Die Arbeiten beginnen im Sommer 2017 und dauern bis ins Frühjahr 2018. Die Kosten für Abbruch-, Neugestaltungs- und Sanierungsarbeiten betragen 521 000 Euro. Das Projekt wird vom Städtebauförderprogramm „Leben findet Innenstadt“ gefördert. Die Stadt rechnet mit 60 Prozent.
Im 15. Jahrhundert bauten die Schweinfurter die Stadtbefestigung aus. 1542 wurde die Stadt lutherisch und 1554 im Markgräflerkrieg als Zufluchtstätte des Markgrafen Alcibiades von Ansbach und Brandenburg von den katholischen Hochstiften Bamberg und Würzburg völlig zerstört. Schon 1563 begann der Wiederaufbau der Befestigungswerke, die im 30-jährigen Krieg mit einem Ring von Bastionen letztmals erweitert wurden.
Sieben Türme zählt die Befestigung einst im Abschnitt zwischen Main und Obertor
Vom Main bis zum Obertor hatten die Wallanlagen nach heutiger Kenntnis sieben Türme: die beiden Pulvertürme am Zürch, den in Resten erhaltenen Wiesenhüterturm am Centrum, den Weißen Turm, einen auch in Resten nicht mehr erkennbaren „Turm an der Figur“, den Jäger- und eben den Samtturm. Der Jägerturm stammt aus dem Jahr 1564. Er wurde in der zweiten Hälfte des Jahres 2009 freigelegt. Fehlstellen im Mauerwerk wurden ergänzt und auch das angrenzende Stück Stadtmauer in Richtung Samtturm samt Zinnen und den vier Schießscharten instand gesetzt. Der jetzige Aufbau des Jägerturms mit Fachwerk und bibergedecktem Spitzdach ist zwar nicht historisch belegt, wurde aber nach Vorbildern aus dem 16. Jahrhundert errichtet.
Als Schweinfurt zu Beginn des 19. Jahrhunderts bayerisch wurde, brauchte die jetzt ehemals freie Reichsstadt keine Türme, Tore und Mauern mehr. Zur Finanzierung der französischen Kriege verkaufte sie Türme, Schanzen und Gräben, wobei Letztere vielfach zu Gärten umgewandelt wurden (Neue Gasse). Von 1832 bis 1880 wurden das Brücken-, Ober-, Mühl- und Spitaltor im Zuge von Eisenbahn-, Brücken- und Straßenbau abgetragen.