„Die Angehörigen bekommen Luft zum Durchatmen. Oft kann nur so ein Umzug ins Heim verhindert werden.“ Ulrich Buchholz spricht aus Erfahrung und natürlich auch ein bisschen, um Werbung zu machen. Er ist Pflegedienstleiter in der neuen Tagespflege der Caritas-Sozialstation Sankt Michael in Zeuzleben. In dem Flachdachbau am Marktplatz, wo früher Kinder das ABC lernten, können jetzt bis zu 28 Senioren den Tag verbringen. Und zwar nur den Tag, es gibt keine Übernachtungsmöglichkeit, also auch keine Kurzzeitpflege. Seit dem Jahreswechsel ist die Tagespflege in Betrieb, am 29. Mai folgt nun auch die offizielle Eröffnung.
Für den Trägerverein Sankt Michael war die Umgestaltung der früheren Grundschule ein ambitioniertes Projekt. Überall stehen schöne alte Möbel, die der Verein aus einer Wohnungsauflösung bekommen konnte. „Wir haben lange nach einer geeigneten Immobilie gesucht“, sagt Vereinsvorstand Hans Friedrich. Die Schule war dann ideal: mit 600 Quadratmetern ist viel Platz, die Gänge und Türen sind breit und das komplette Haus barrierefrei. Die Auslastung gibt dem Verein Recht. Laut dem Pflegedienstleiter sind durchschnittlich 95 Prozent der Plätze belegt.
Gestartet war man noch mit 20 Plätzen, seit diesem Monat wurde nun auf 28 aufgestockt. Mehr werden es nicht, sonst wird es zu eng. „Wir sind fast ein bisschen überrannt worden“, sagt Buchholz.
Auslöser für das Projekt war die Stärkung der Tagespflege durch den Gesetzgeber im vergangenen Jahr („Pflegestärkungsgesetz I“). Während die Kosten für die Tagespflege früher quasi vom Pflegegeld abgezogen wurden, bleibt nun das gesamte Pflegegeld bei den Angehörigen - selbst wenn der Höchstsatz für die Tagespflege in Anspruch genommen wird.
Angehörigen bleibt mehr Geld
Das Geld fehlt daheim nicht mehr. „Der Gesetzgeber will damit einen Umzug ins Heim hinauszögern, weil wegen der hohen Kosten irgendwann jeder Heimbewohner zum Sozialhilfeempfänger wird“, sagt Buchholz. Eine erhöhte Nachfrage nach Tagespflegeplätzen war also mit der Gesetzesänderung abzusehen.
Besonders stolz sind Buchholz und Friedrich auf die eigene Profiküche im Haus. Hier wird alles frisch gekocht, anstatt aus einer Großküche angeliefert zu werden. „Gutes Essen können Senioren in der Regel noch sehr gut wahrnehmen.“ Hier werden die Tagesgäste gefragt, was sie mögen. Zwei Köchinnen wurden eingestellt. Es sei erstaunlich, dass eher wenig fleischlastiges Essen gewünscht werde. „Oft sind es einfache Gerichte, vielleicht aus der Kindheit der Menschen - wo es nun mal nicht so viel Fleisch gab“, meint Buchholz.
Für die Zukunft können sich die Männer von Sankt Michael vorstellen, im Speisesaal einen Mittagstisch anzubieten. Für andere Senioren aus Zeuzleben, vielleicht auch für den Kindergarten nebenan. Eine offene Einrichtung soll es sein, deshalb gibt es auch keine Zäune und keine Kontrolle am Eingang.
Nach dem Mittagessen ziehen sich die Senioren gerne in den Ruheraum zurück, in dem für jeden der 28 Plätze ein Sessel bereitsteht. Oder es geht nach draußen, wo noch eine Terrasse entstehen soll. Oder in den Beschäftigungsraum. Oder zum Backen in die Therapieküche. Manche Gäste kennen das Gebäude noch als Grundschüler. „Die sagen dann ,Da hab' ich früher gesessen' oder ,Da war mein Klassenzimmer'“, erzählt der Pflegedienstleiter.
Derzeit kommen von Montag bis Freitag etwa 70 Menschen aus sämtlichen Wernecker und Waigolshäuser Ortsteilen sowie aus Wipfeld und Schwanfeld regelmäßig nach Zeuzleben. Der Jüngste ist 58, die Älteste 102 Jahre alt. Alle Pflegestufen sind vertreten, die Fähigkeiten der Gäste entsprechend verschieden. Im Moment läuft schon eine Befragung, ob die Einrichtung auch am Wochenende öffnen soll.
Großes Eröffnungsprogramm
Wer sich ein Bild von der Einrichtung (Marktplatz 14, Zeuzleben) machen will, hat dazu am Sonntag, 29. Mai, und Montag, 30. Mai, Gelegenheit. Der Sonntag startet um 9.30 Uhr mit einem Festgottesdienst, danach folgt die offizielle Einweihung. Ab 11.30 Uhr gibt es Mittagessen und Programm inklusive Führungen. Am Montag ist ein Seniorennachmittag für alle geplant, es gibt wieder Führungen sowie um 16 Uhr einen Vortrag über die gesetzlichen Veränderungen in der Pflegeversicherung.
