Sie hat in der Küche gelernt, aber das war nicht das richtige. Also hat sie einfach den Chef der Geister angesprochen, ob er nicht noch einen Geist brauche. Er brauchte, und so wurde Stefanie aus Stuttgart Geist. Im Wohnwagen hat sie ein Schlafabteil, spuken muss sie täglich von 14 Uhr bis zur Geisterstunde. Entweder vor dem Eingang, wo sie und ihre Mitgeister den Passanten freundlich zuwinken, oder irgendwo in der Geisterbahn selbst. Entlang der Bahn sind Podeste versteckt, von denen aus die Geister plötzlich auftauchen. Da wird dann nicht gewunken, sondern erschreckt. Das macht Spaß. „Die Frauen kreischen am lautesten“, erzählt Stefanie.
Langweilig wird das nie, denn die Geister müssen oft Plätze tauschen, damit die Fahrgäste immer wieder neu überrascht werden. In der Tat ist es mit den Geistern ein wenig wie mit Radarfallen: Man sieht sie erst, wenn es schon zu spät ist.
Das „Daemonium“ wirbt zwar mit dem Slogan „Die neue Dimension des Grauens“, ein Trauma soll aber niemand davontragen. Auch nicht kleine Kinder, denn die Geisterbahn hat keine Altersbeschränkung. „In Schweinfurt kommen viele Familien“, sagt Martin Blume, Chef der Geister und Besitzer der Geisterbahn, „da kann man nichts Extremes oder Gewaltverherrlichendes machen.“ In anderen Städten ist das Publikum sensationshungriger. In Stuttgart etwa muss man schonmal deutlicher werden und einen Geist mit Kettensäge auftreten lassen. Blume: „Die Schwaben sind hart gesotten.“
So gibt es in Schweinfurt zwar durchaus gruselige, mechanisch und pneumatisch bewegte Szenen zu sehen. Etwa einen Unglücklichen, den eine Kreissäge zerteilt, oder allerhand schlecht gelaunte Wesen mit gefährlichen Klauen und ungesunder Gesichtsfarbe. Aber die bunte Welt der liebevoll und detailreich gestalteten Untoten regt durchaus auch zum Schmunzeln an.
Anfassen verboten
Angefasst wird grundsätzlich niemand. „Die Leute wollen eigentlich schon berührt werden, es soll aber nicht unangenehm sein“, sagt Martin Blume. Oft erkundigen sich Besucher an der Kasse, womit sie denn zu rechnen haben, und werden beruhigt. „Wir wollen auf keinen Fall, dass jemand hinterher sagt, er sei unsittlich berührt worden.“ Die Geister haben deshalb Kohlenstaub an den Händen, der sich auf einem vorgeblichen Opfer nachweisen ließe. Blume hatte noch nie eine Beschwerde in dieser Richtung. Allerdings sei die Konkurrenz hart. So sei es vorgekommen, dass ein Geisterbahn-Besitzer einen Rivalen ausschalten wollte, indem er ihm Fahrgäste schickte, die dann just diesen Vorwurf vorbrachten.
Es ist nicht ganz leicht, sich mit Martin Blume zu unterhalten. Nicht, weil er ein verschlossener Mensch wäre, sondern weil alle drei Minuten sein Handy klingelt. Ständig ist etwas zu regeln, etwa weil ein wichtiger Brief nicht rechtzeitig angekommen ist („Wir kriegen hier unsere Post oft später als Normalsterbliche“), oder weil ein Geist wissen will, wo er wann spuken soll.
Martin Blume ist seit 1992 mit Geisterbahnen unterwegs, das „Daemonium“ ist seine dritte, und wie ihre Vorgängerinnen die größte transportable der Welt. 15 Schwertransporter, allesamt Sonderanfertigungen, bewegen die Bahn zu Einsatzorten in Deutschland, Österreich, der Schweiz, den Benelux-Ländern und nächstes Jahr auch nach Tschechien. Zehn- bis 15-mal pro Jahr wird auf- und abgebaut – seltener als früher. Denn nicht nur die Volksfest-Gäste sind sparsamer geworden, es ist auch schwieriger geworden, Hilfspersonal zu bekommen. So muss Blume längere Auf- und Abbauzeiten mit weniger Personal einplanen, und die Abstände von Volksfest zu Volksfest werden größer. Das Geschäft ist schwieriger geworden. Blume gibt vor allem dem Euro die Schuld, und das klingt dann wirklich gruselig: „Was vor sieben Jahren eine Mark kostete, kostet jetzt einen Euro. Die Einkommen aber sind gleichgeblieben.“