
Eigentlich kann es jeden treffen. Da darf der Arbeiter nach 30 Jahren auf dem Bau seinen Beruf wegen eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr ausüben. Ein anderer hatte einen Betriebsunfall, der verhindert, dass er wieder in seinen alten Beruf zurückkann, der Bäcker bekommt eine Mehlstauballergie, oder jemand ist dem Tempo und den Druck seines Arbeitsplatzes nicht mehr gewachsen und erkrankt psychisch.
Wie geht es weiter wenn alle medizinischen Maßnahmen ausgeschöpft sind?
Beispiele gibt es viele und immer ist die Frage: Wie soll es jetzt weitergehen? Wenn alle medizinischen und Reha-Maßnahmen ausgeschöpft sind, dann hilft das Berufsförderungswerk (BFW). Seit 20 Jahren gibt es eine Außenstelle der in Nürnberg ansässigen Einrichtung auch in der Kugellagerstadt. Geschäftsstellenleiter Detlef Wieland, der seit 19 Jahren dabei ist, erinnert sich noch an die Anfänge. Damals war er alleine auf weiter Flur, heute ist er Chef und hat sechs Mitarbeiter, drei davon sind für Bad Neustadt zuständig, wo 2009 eine weitere Außenstelle eröffnet wurde.
Neben der Betreuung der Betroffenen war es eine Hauptaufgabe ein gutes Netzwerk aufzubauen, zu Firmen und Betrieben, von der Großindustrie bis zum kleinsten Handwerker. Aktuell habe man 400 Unternehmen in der Datenbank, erklärt Wieland.
In sozialversicherungspflichtigen Berufen halten
Ziel des BFW ist es die Betroffenen in sozialversicherungspflichtigen Berufen zu halten oder wieder dahin zurückzubringen. Wurden ursprünglich nur Rehabilitanden betreut, gibt es inzwischen drei Gruppen, denen geholfen wird.
Das sind immer noch die Rehabilitanden, die oft aus gesundheitlichen Gründen schon länger nicht mehr arbeiten konnten, manchmal isoliert sind, und für die die Neuorientierung nicht selten einen beruflichen Abstieg bedeutet. „Da hat jemand als Facharbeiter gutes Geld verdient und kann jetzt nur noch als Helfer arbeiten, das ist nicht einfach“, betont Wieland. Gemeinsam wird die berufliche und persönliche Situation angeschaut und nach neuen beruflichen Möglichkeiten gesucht. Das heißt für die Betroffenen aber auch, dass sie sich häufig neue Kompetenzen aneignen müssen, die das BFW in Unterrichtseinheiten vermittelt.
Dann gilt es einen Praktikumsplatz zu finden mit dem Ziel daraus einen Arbeitsplatz zu machen. In allen Phasen werden die Teilnehmer von den Mitarbeitern des BFW, darunter auch eine Psychologin betreut.
Menschen mit psychischem Handicap helfen
Eine zweite ständig wachsende Klientel der Einrichtung sind Menschen, die psychisch erkrankt sind. Auch hier muss geschaut werden welche persönlichen Stärken und beruflichen Fähigkeiten vorhanden sind und wie diese wieder in einem Arbeitsprozess genutzt werden können. Hier werde engmaschig betreut, erklärte Wieland.
Und dann kamen da noch die Jugendlichen und jungen Erwachsenen dazu, die ein Handicap haben. Das geht von der körperlichen Einschränkung, über Lernschwächen bis zu chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose beispielsweise. Diese begleitet das BFW zwei Jahre lang in einer dualen Ausbildung. Nach der gemeinsamen Suche nach einem Arbeitsplatz und der Bewerbung, besuchen die jungen Menschen einen Vollzeitlehrgang beim BFW. Anschließend teilt sich die Ausbildung in drei Abschnitte, im Betrieb, in der Berufsschule und in den ausbildungsbegleitenden Unterricht im BFW.
Rund 100 Teilnehmer pro Jahr
Die Teilnehmer an ihren Maßnahmen, inzwischen rund 100 pro Jahr, bekommt das BFW von der Deutschen Rentenversicherung, den Berufsgenossenschaften oder von der Agentur für Arbeit. Besonders Stolz ist Wieland auf die Erfolgsquoten, die bei 70 bis 80 Prozent liegen. Ein gutes Ergebnis, wenn man bedenkt „dass die Betroffenen oft Nischenarbeitsplätze brauchen, die immer seltener werden“, so Sonja Schönknecht.
Der aktuelle Fach- und Arbeitskräftemangel nützt den Teilnehmer des BFW wenig. „Menschen mit Handicap haben keine Teilhabe am Aufschwung“, stellt Wieland fest.