Svetla ist in Bulgarien aufgewachsen. Sie ist 18, als sie entführt wird. Die Eltern sind machtlos, denn die Polizei wird nicht gegen den reichen Ali, einen Zuhälter, vorgehen. Renate Hofmann, die Leiterin von Solwodi ("Solidarity with Women in Distress", Solidariät mit Frauen in Not) Bad Kissingen schildert den Leidensweg von Svetla, der sie quer durch Deutschland führt – immer auf der Flucht vor neuer Zuhälterei und Prostitution.
Die weit über 50 Teilnehmerinnen der alljährlich stattfindenden Fahnenaktion am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen hören betroffen Svetlas Geschichte.
Es sind die persönlichen Geschichten, die dem Aktionstag ein Gesicht geben. Er betrachtet heuer das Thema Zwangsprostitution genauer und stellt die Frage: "Wem gehört mein Körper?" Die Fahnenaktion findet in diesem Jahr bundesweit zum 20. Mal statt. An 6300 öffentlichen Gebäuden in rund 850 Kommunen wird die Fahne "frei leben ohne Gewalt" gehisst, in Schweinfurt bereits zum 19. Mal. Initiiert vom Frauenplenum wurde die Veranstaltung von der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Heide Wunder, Pfarrerin Gisela Bruckmann, den Dekanatsfrauen, dem Weißen Ring und dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) vorbereitet.
"Zwangsprostitution ist ein Verbrechen", machte Wunder klar. Sie verletze das Menschenrecht auf seelische und körperliche Unversehrtheit. Nicht nur Frauen aus Osteuropa, China und Nigeria würden Opfer von Zwangsprostitution, sondern vermehrt auch junge deutsche Frauen, die Opfer sogenannter Loverboys. Das sind Männern, die sich an Frauen heranmachen, ihnen die große Liebe vortäuschen, in Wirklichkeit aber nur ein Ziel haben, ihre Opfer in die Prostitution zu treiben.
Hofmann erlebt täglich, "dass das Prostitutionsschutzgesetz nicht die Prostituierten schützt, sondern die Prostitution". Sie zitierte ein Loverboy-Opfer, das nach sechs Jahren Prostitution die lasche Gesetzgebung in Deutschland für einen "Push-Faktor für die Prostitutionsausübung" hält.
Gewalt gegen Frauen ist international
"Wir wollen Flagge zeigen für ein freies und selbstbestimmtes Leben für Frauen", betonte Wunder und deshalb hisste sie gemeinsam mit anderen Frauen eine deutsche und eine arabische Flagge, denn Gewalt gegen Frauen ist international.
In einer Andacht in der Johanniskirche, zu der immer noch über 40 Mitfeiernde kamen, wurden "die Eindrücke von draußen", wie Bruckmann es nannte, noch einmal vertieft. Eine Loverboy-Geschichte zeigte den Anwesenden die Problematik auf, und Hofmann stellte die Arbeit von SOLWODI vor. Allein im vergangenen Jahr haben in Bad Kissingen 136 Frauen Hilfe gesucht, 167 Frauen wurden beraten, darunter viele junge Deutsche.