Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 7 e-Moll ist ein groß dimensioniertes, umfassend besetztes und komplexes Werk, das man nicht oft zu hören bekommt. In der Kulturhalle Grafenrheinfeld bescherte das Brucknerorchester Coburg unter der Leitung von Benjamin Haemhouts in seinem Neujahrskonzert dem zahlenmäßig überschaubaren Publikum dieses seltene Erlebnis, und das auf gutem Niveau.
Fünf Sätze umfasst das 80-minütige Werk, und innerhalb dieser Zeit entspinnt sich ein wahrer Kosmos an musikalischen Ideen, an Fantasie, an Farben. Leider waren die Satzbezeichnungen im Programmblatt nicht gesondert enthalten; dennoch lieferte ein ausführlicher Begleittext ausreichend Hintergrundinformationen zur Charakteristik und auch zur Entstehungsgeschichte.
Das Brucknerorchester Coburg erwies sich als ambitioniertes, leistungsorientiertes Laienorchester, hörbar motiviert, sich hohen Anforderungen zu stellen. Mit Benjamin Haemhouts steht den mehr als 80 Musikern ein professioneller Dirigent zur Verfügung, der das Geschehen sehr bestimmt und standfest lenkt.
Dabei gelinget es ihm mit großer Ruhe alle Temperamente zu entfachen, die sich in der ungeheuren Kleinteiligkeit der Komposition aufspüren lassen. Komplex ist die Vielfalt des Geschehens, ein wahrer Dschungel an Motiven und Themen, an Kapriolen und Epik wartet auf Ausführende und Zuhörer. Ein roter Faden? Fehlanzeige! Man kann sich nur auf ein ständig wechselndes Geschehen einlassen, sich Stimmungen und Eindrücken hingeben.
Urgewalten türmen sich, Farben schillern, ein skurriler Marsch blitzt auf; Momente großer Explosivität stehen durchsichtiger Nachtatmosphäre gegenüber. Almglocken tragen ländliche Idylle in den Saal, ein dekadenter Totentanz wirbelt durchs schattenhafte Scherzo.
Ausgezeichnet hier, wie Orchester und Dirigent die abenteuerlich aufgesplittete Satzstruktur Mahlers zusammenfügten, trotz des düsteren Charakters mit einem kleinen Augenzwinkern.
Geradezu eingängig und liedhaft dann die kammermusikalisch anmutende Nachtmusik „Andante amoroso“, in der sich immer wieder auch Mandoline und Gitarre durchsetzten, bevor der Satz wie in die Ferne entschwand. Schließlich das pompöse Finale: kontrastreich, mit heroischer Gestik, virtuos dahin wuselnd, Wiener Schmelz gegen Bläsertiraden. Das Orchester folgte dem Dirigenten auch hier sehr fokussiert, egal ob bei großen dynamischen Veränderungen oder feinen Tempoübergängen.
Dass hier in den vorausgegangenen Probentagen sehr differenziert gearbeitet worden war, hörte man deutlich. Sehr gute instrumentale Einzelleistungen bei den Soli, ein bisschen Luft nach oben innerhalb der Bläsergruppen, kaum Konditionseinbrüche bei den Streichern, selbst beim kräftezehrenden Schluss: Welche Strahlkraft mag das mit viel Applaus bedachte Orchester wohl in einem akustisch für Sinfonik vorteilhafteren Ambiente entfalten?