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SCHWEINFURT
Nachts im Museum: Moderne Kunst für alle Sinne
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 09.12.2014 17:04 Uhr

„Ich finde ihn unheimlich“, meint die Museumsaufsicht, und meint den Pokerspieler. Der Mann sitzt mit Pokerface am Tisch und lässt sich einfach nicht in die Karten schauen, im Untergeschoss der Kunsthalle. Scheint dafür aber den Besucher mit Blicken zu verfolgen. „Nachts im Museum“ nennt sich die Aktion von 13 Schülerinnen (und einem Schüler) des P-Seminars Kunst des Celtis-Gymnasiums: inspiriert vom gleichnamigen Hollywood-Film, in dem allerhand Exponate zum Leben erwachen.

Bei der Museumsnacht am Freitag, die sich schwerpunktmäßig um die „Menschenbilder“ des Expressiven Realismus dreht, ist das eine reizvolle Vorstellung: Der Weintrinker aus dem Gemälde von Franz Frank würde dann neben der Dame in Schwarz auch noch dem Besucher zuprosten, oder das Mädchen würde sich in natura statt in Öl im Sessel räkeln auf dem Bild von Fritz Gartz von 1912.

„Maler der verschollenen Generation“ nennen sich die Künstler aus der Sammlung Joseph Hierling: Maler, die um 1900 geboren wurden und dann, ab 1925, zwischen den Weltkriegen, aus dem Expressionismus etwas Neues gemacht haben. Ihre betont gegenständliche, auf möglichst reale, unverfälschte Menschen und Lebenswelten bezogene Kunst wurde von den Nazis als entartet verfemt. Farben waren teuer, die Einkommen schmal, entsprechend herrschte eine „Poesie der Armut“, gerade die Malerinnen hatten es schwer. Viele Bilder spiegeln die diffuse bis dunkle Zeitstimmung wieder, manch Atelier ist verbrannt, der eine oder andere Künstler blieb im Krieg. Nach 1945 fanden die „Verschollenen“, mit ihren schwer zu deutenden Werken, kaum Anschluss an die Moderne.

Friederike Kotouc, vom Museums-Service (MuSe) Schweinfurt begrüßt zusammen mit Jonathan Auer vom Celtis-Gymnasium die Kunstinteressierten: Die Museumspädagogin hat ein Schuljahr lang Konzept, Plakatgestaltung und Sponsorensuche der Zwölftklässler begleitet. 2012 gab es die erste Museumsnacht, gefolgt vom Tag der offenen Tür im Vorjahr, ebenfalls mit Schulbeteiligung.

Nun herrscht rekordverdächtiger Andrang, zwischen den Werken von Altschäffel und Pfeuffer: An die 450 Besucher strömen von 18 bis 22 Uhr ins ehemalige Sachsbad zu den „Kreativführungen“, wie Friederike Kotouc die Aktionen nennt: „Erlebnisse für alle Sinne.“ Für die Jüngsten gibt es einen Besuch vom Nikolaus, auch die Führerinnen tragen Weihnachts-Outfit. Bildausschnitte dürfen spielerisch ergänzt werden. Dazu gibt es eine Schatzsuche auf den (Farb-)Spuren von Albert Birkle, mit dessen Bildern die Hierling-Sammlung begonnen hat.

Das Selber-Malen mit fluoreszierenden Farben, im Schwarzlichtatelier, dreht sich um die „Wegmarken“-Ausstellung zur Nachkriegszeit: Wie bringt man Jugendlichen, aber auch Erwachsenen, die abstrakte Farbenwelt moderne Kunst nahe? Isi Huber etwa, einem ehemaligem Celtislehrer, mit seinem Frühwerk Amsterdam, oder den neonrosaroten Kreis von Rupprecht Geiger? Einfach selber mal so was malen lassen, lautet die Antwort. „Erinnerung“ nennt sich dann ein gut besuchtes szenisches Rollenspiel, für die „Damen im Café“ und andere Menschenbilder tatsächlich noch einmal zum Leben erwachen, um als Spiegel ihrer Zeit vor den Bildern zu plaudern.

Auch das reale leibliche Wohl kommt nicht zu kurz, dank Buffett in der Großen Halle, plus Klangmalerei durch das Celtis-Trio Vivian Harris, Simon Distler und Jonathan Neupärtl. Auch Kursleiterin Daniela Hübner freut sich über „die Super-Stimmung“ der Museumsnacht, die nicht zuletzt durch die Sponsoren möglich wurde: Das Autohaus Vossiek ebenso wie Horna Verpackungen, die Stadt selbst und der Friseursalon Groha. Nach 22 Uhr leert sich das Museum wieder: Der Pokerspieler darf unbeobachtet weiterkarteln, tief unten in der Kunsthalle.

 
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