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Nachempfunden: Der kleine Bruder des Großen Theseus
Schweinfurt Kommt der "Große Theseus" vors Ernst-Sachs-Bad oder kommt er nicht? Der Stadtrat entscheidet am heutigen Dienstag (8 Uhr, Rathaus) formell über die Zulässigkeit des Bürgerentscheids sowie über den Abstimmungstermin 21. Mai.
Von unserem Mitarbeiter Bernd W. Düring
 |  aktualisiert: 15.12.2020 13:58 Uhr
Bis zum Bürgerentscheid ist also noch lange hin. Wer bis dahin vergessen hätte, wie die umstrittene Skulptur aussieht, der kann sie sich neu vor Augen halten. Seit gestern steht ein "Rheseus", ein etwas verkleinerter "Probe-Theseus", vor dem S + H Sanitär- und Heizungstechnik-Geschäft an der Ecke Georg-Schäfer-/Landwehrstraße. Es ist kein vorgezogener Aprilscherz, auch kein Protest, noch weniger aber eine ernst gemeinte Werbung für die Matschinsky-Denninghoff-Skulptur, welche die Schweinfurter Gemüter erhitzt; das Ganze ist nur ein Werbegag der Firma S + H, ihres Chefs Rolf Hofmann und seiner Mitarbeiter. Beim Stammtisch wurde die Idee geboren, vier Wochen ist's her. "Wir wollten ausprobieren, mit einfachen Mitteln auch so was zu machen," erläutert der Firmenchef. Vorlage war ein Zeitungsbild. Auch das Material war vorgegeben: Edelstahlrohr von rund 32 Zentimetern Durchmesser, wie es im Rohrleitungsbau bei Industrie-Anlagen vor allem verwendet wird. Sechs Meter lang ist so eine Rohrstange, die man zerstückelt und mit vorgefertigten und zersägten Bogen wieder zusammengeschweißt hat; dreieinhalb Meter "Rheseus" sind dabei herausgekommen - der "Große Theseus" misst fünf Meter zwanzig.

Zwei Dutzend Zuschauer beobachteten den Aufbau der handwerklichen Werbeanlage, unter ihnen die beiden Stadträte Dr. Kurt Vogel und Stefan Labus. Von einem Kranwagen wurde das 300 Kilo wiegende Röhrenwerk auf eine doppelt so schwere, fest verankerte Stahlplatte gehoben und verschweißt. "Pannen-Service" stand auf dem LKW - die einzige Panne war aber, dass sich der Kranwagen nach getaner Tat in den matschigen Untergrund eingrub - "die Rache der Matschinskys?" - und von einem Abschleppwagen herausgezogen werden musste.

"Rheseus"-Besitzer Rolf Hofmann würde ihn der Stadt schenken, falls er dafür im Gegenzug marode Schultoiletten, gegen die übliche Bezahlung, sanieren dürfte. "Schauen wir mal, ob die Stadt auf uns zukommt". Er rechnet eher mit Auflagen, dass man ihm einen Platz zuweist, wo er den "Rheseus" endgültig aufstellen soll. "Wenn niemand etwas dagegen hat, sollte das Röhrengebilde jedoch vor dem Geschäft stehen bleiben", sagt Hofmann. Insgeheim hatte er schon vor der Aufstellung am Montag mit einem "Anweisungs-Fax von behördlicher Seite gerechnet", nachdem die Tageszeitungen den Event publik gemacht hatten.

2500 Euro sei der reine Materialpreis für 300 Kilo verarbeitetes Rohr, ohne Grundplatte, berichtet der S + H - Chef; selbstverständlich sei da die Arbeitszeit von fünf Mitarbeitern an etlichen Samstagen nicht mitgerechnet. Hofmann vermutet, dass der Berliner "Große Theseus" 1992 in Formen gegossen worden ist, aus Chrom-Nickel-Stahl; auf dem Foto sehe seine Oberfläche rau aus, "während unsere Standard-Rohre glatt sind", so Hofmann.

Ob der Werbegag vor S + H den 1. April überdauert? Ob die Stadtverwaltung mit behördlicher Macht auf den "Rheseus" reagiert? Die "Kunsthandwerker" sehen der Entwicklung jedenfalls mit großer Gelassenheit entgegen. Aber auch sie stellen klar: "Unser Rheseus ist kein Theseus, ja nicht einmal eine autorisierte Kopie, sondern eine Handwerker-Idee vom Stammtisch: So sieht er in etwa aus".

 
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