
Als Schwedenkönig Gustav Adolf im protestantischen Schweinfurt eingerückt ist, Oktober 1631 – da soll der Verteidiger des lutherischen Glaubens prompt das katholische Geldersheim bevorzugt haben, rein gastronomisch. Dass der "Löwe aus Mitternacht", inmitten des Dreißigjährigen Kriegs, dort im Fränkischen Hof übernachtet hat, als Guter Stube der Besetzten, wäre zumindest naheliegend.
Seit 1. November hat das geschichtsträchtige Gasthaus seine Pforten wieder geöffnet, nach mehrjährigem Leerstand. Freitags und samstags, jeweils ab 18 Uhr, übernimmt der Verein für Heimat- und Brauchtumspflege die Bewirtung, ebenso vor Feiertagen, mit einem ehrenamtlichen Team unter Federführung von Jens Wörner. Neben Ausschank und kleinen Brotzeiten soll es auch Sonderveranstaltungen und Wirtshaussingen geben. Eine Homepage hält über die Termine auf dem Laufenden, ebenso über Buchungsmodalitäten: www.fränkischer-hof-geldersheim.de
Sogar einen römisch-deutschen Kaiser zu Gast
Verbürgt ist, dass mit Joseph I. mal ein römisch-deutscher Kaiser im Fränkischen Hof geweilt hat: Am 18. Oktober 1702 wurde der Habsburger mit tausend Reitern in Geldersheim zu horrenden Kosten verpflegt, denn Kost und Logis waren für Seine Majestät frei: Der Gasthof unweit der ehemaligen Kaiserpfalz befand sich im Besitz der Gemeinde, die ihn Anfang 1703, wohl beeindruckt vom royalen "Drive In", an einen Ebenhäuser Bäcker, Valentin Meißner, verkaufte.

Seit dem 15. Jahrhundert hatte sich neben den Gaden eine "Schenkstatt" befunden. Besitzer war zunächst das Hochstift Würzburg, dann, nach einem Großbrand 1570, die Gemeinde. Das mit dem "Schenken" wurde mitunter wörtlich verstanden: Die Gerichtsherren von Werneck erhielten in der Schänke eine gratis Mahlzeit.
Offene Rechnungen ins Kerbholz geschnitzt
Auf dem Hof findet sich noch der Eingang zu uralten Kellergewölben: Im Eiskeller bunkerten die Dörfler das namensgebende Kühlmittel, das winters in Teichen nahe Euerbach gebrochen wurde. Bierfässer wurden gepicht, sprich innen mit heißem Teer abgedichtet: "Manchmal trieben dann Teerfetzen im Bier", erinnert sich Alfred Popp an die Zeit, als offene Rechnungen noch ins Kerbholz geschnitzt wurden, in doppelter Ausfertigung.
Heimatforscher Popp hat sich viel mit dem Fränkischen Hof beschäftigt – und eine lange Liste von Pächtern und Wirten zusammengetragen. 1645, am Ende des Dreißigjährigen Kriegs, wurde die Gemeinde-Schenkstatt niedergebrannt und wieder aufgebaut. 1835 richtete der Bierbrauer Johann Hümmler einen Tanzsaal ein. Dessen Witwe heiratete 1857 Großgastronom Adam Schmitt, der im Ort unternehmerisch sehr aktiv war. Ihm verdankt das Gasthaus "Zum Roß" den heutigen Namen.

1889 gab es wieder einen schweren Brand. "Schmitt´s Söhne" ließen 1898 an der oberen Bachbrücke eine moderne Brauerei bauen. Offenbar übernahmen sie sich dabei finanziell. 1906 wechselte der Fränkische Hof in den Besitz der Poppenhäuser Brauerei Werner.
Zu dieser Zeit stand hier bereits das erste öffentliche Telefon im Ort, in einem kleinen Anbau. Verwaschene Fotos aus den 1920ern beweisen, dass es den Brauch des "Betrunkenen-Dekorierens" lange vor dem Smartphone-Zeitalter gab: "Schlank" war der Spitzname eines Dorforiginals, dem mal ein Papierhut aufgesetzt, mal das Gesicht bemalt oder gleich ein Mega-Humpen auf den Tisch gestellt wurde. Im Krieg waren im Haus blutjunge Flaksoldaten einquartiert.
Der Fränkische Hof war ein "Hot Spot" deutsch-amerikanischer Freizeitgestaltung
Nachdem die Amerikaner den nahen Flugplatz übernommen hatten, ging es hoch her: Bis 1952 hätten sie das Gelände nicht verlassen dürfen, erinnert sich Popp. Die GIs schnitten schon mal Löcher in den Zaun: Wehe, wenn die Militärpolizei sie erwischte. Der Fränkische Hof war ein "Hot Spot" deutsch-amerikanischer Freizeitgestaltung, mit Ice und Musikbox. Namen wie "Säu-Erich" (ein mondän auftretender Viehhändler) und der seiner Lebensbegleiterin, der "Roten Inge" (die eigentlich Maria geheißen haben soll), sind bis heute ortsbekannt.

Ab 1990 hat die Gemeinde das Areal teilweise umgestaltet, im Rahmen der Dorferneuerung. 2000 wurde sie Komplettbesitzer, mit Glasanbau am von der Gemeinde genutzten Saal und millionenschwerer Renovierung. Danach wechselten die Pächter öfters, in Zeiten allgemeinen Wirtshaussterbens. Als die große Corona- und Gastronomiekrise begann, stand das Haus endgültig leer.
Nun will der Verein die Tradition weiterführen und wieder Leben in die Geldersheimer Dorfmitte bringen: Als erstes Highlight wartet Ende November die Kirchweih. Jens Wörner, der einen Gabelstapler-Service in Grafenrheinfeld betreibt, verweist auf die Familiengeschichte: Der Ansprechpartner des Vereins in Sachen "Fränkischer Hof" stammt selbst aus einer Bamberger Brauereifamilie. Wer mithelfen will, kann sich bei ihm, Tel. (0160) 92489393 melden. Bürgermeister Thomas Hemmerich lobt das Vereinsengagement und hofft, dass jetzt möglichst viele Geldersheimer das Angebot nutzen.