
"Wir sind keine Verwalter, sondern Dienstleister für unsere Bevölkerung." So lautete das Credo von Rainer Ullrich, als er Anfang der 2000er-Jahre die Leitung des neu geschaffenen Bürgerbüros übernommen hatte. Hilfsbereit, engagiert und bürgernah hat er seinen Dienst im Rathaus der Gemeinde Kolitzheim verrichtet – ausgestattet mit fundiertem Fachwissen, großer Kompetenz und Empathie.
Mit dem Ablauf des Kalenderjahres verlässt nun ein "Urgestein" die Gemeindeverwaltung, wie es Bürgermeister Horst Herbert bei der Verabschiedung auf den Punkt brachte. Ullrich geht in Ruhestand. Und mit ihm der dienstälteste Mitarbeiter im Rathaus. Über 44 seiner mehr als 48 Arbeitsjahre stand er im Dienst der Gemeinde. Er war ein Jahr nach der Gemeindegebietsreform 1978 eingestellt worden und hielt der Gemeinde fortan die Treue.
Zur Verabschiedung lud Bürgermeister Herbert den Kollegenkreis in den großen Sitzungssaal im Rathaus, um das Wirken des scheidenden Bürgerbüroleiters und Leiter des Standesamtes zu würdigen. Aus diesem Anlass blickte er auf seinen beruflichen Werdegang zurück:
Nach der Mittleren Reife machte Ullrich 1975 eine Berufsausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann bei der Firma Albert Saalmüller GmbH & Co. KG. Danach standen 15 Monate Grundwehrdienst an. Am 1. Oktober 1979 wurde er bei der Gemeinde Kolitzheim angestellt und absolvierte eine entsprechende Fortbildung, um die für die Verwaltungstätigkeit notwendige erste Fachprüfung abzulegen.
Auch die alten Schreibmaschinen kamen zum Einsatz
Mit einfachsten Mitteln habe man damals gearbeitet, erinnert sich Ullrich. So wurde anfangs das alte Mobiliar aus den Rathäusern der zuvor eigenständigen Gemeinden nach Kolitzheim geschafft und als Büroausstattung genutzt. Auch die Schreibmaschinen aus den alten Gemeindekanzleien kamen noch zum Einsatz.
Ein Relikt aus vergangener Zeit sind inzwischen die Dienststunden, die früher unter anderem von Rainer Ullrich in den ehemaligen Rathäusern der einzelnen Gemeindeteile abgehalten wurden, um der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, vor Ort Ausweisdokumente zu beantragen oder abzuholen. Mit dem Einsatz von EDV-Systemen wurden sie eingestellt.

In den folgenden Jahren war Ullrich maßgeblich am Aufbau der modernen Gemeindeverwaltung beteiligt. Bis 2001 gehörten die Grundstücksverwaltung, das Straßen- und Wegerecht, Straßenbeitragsrecht und die verwaltungsmäßige Leitung des Bauhofs zu seinen Aufgabengebieten. "Die EDV war sein Steckenpferd", betonte Herbert, denn Ullrich war maßgeblich am Aufbau der IT-Systeme beteiligt und hat in der Anfangszeit die Systembetreuung übernommen. Pionierarbeit leistete Ullrich auch beim Aufbau des Bauhofes, den er aus einfachsten Anfängen die ersten zehn Jahre aufbaute.
300 Eheschließungen durchgeführt
Danach gestaltete Ullrich die Umstrukturierung im Haus entscheidend mit und übernahm die Funktion des Bürgerbüroleiters. So war er seit 2001 Standesbeamter der Gemeinde. Routiniert und dennoch stets individuell führte er auch häufig an Wochenenden insgesamt um die 300 Eheschließungen durch und zeigte stets Einfühlsamkeit bei der Abwicklung von Sterbefällen. Des Weiteren gehörte der Datenschutz noch zu seinen Aufgaben.

In sein Ressort fielen weiterhin das Friedhofswesen mit den acht Friedhöfen und mehr als 1000 Grabstellen sowie der Bereich "Wahlen", die Homepage und das Ferienspaßprogramm. Seit vielen Jahren war Ullrich zudem im Versicherungsamt mit Rentenanträgen und Kontenklärungen befasst. Insgesamt dürften es über 2000 entsprechender Anträge gewesen sein, mit denen er zahlreiche Bürgerinnen und Bürger in den Ruhestand begleitete, schätzt er.
Sein Berufsleben im Rathaus beinhaltete nicht nur trockene Verwaltungsmaterie: In seinen Anfangszeiten war er mit Gummistiefeln ausgestattet draußen auf den Bauernhöfen unterwegs, um landwirtschaftliche Viehzählungen vorzunehmen. Statistische Erhebungen zu Flächennutzungen von Weinbergen, Obstbaumanlagen, Spargelfeldern und landwirtschaftlichen Ackerflächen gehörten zum Jahresablauf, berichtete Ullrich mit einem Schmunzeln.
Speziell im Standesamt schätzte es Ullrich, nah an den Menschen dran zu sein, die Menschen über viele Lebensabschnitte hinweg zu begleiten – von Geburten über Eheschließungen bis hin zu Sterbefällen. Ein besonderes Anliegen bestand darin, sie bei der Bewältigung von freudigen wie traurigen Anlässen und bei "Geschichten, die das Leben schreibt" zu unterstützen.
Großer Einsatz für die Gemeinde
Bemerkenswert ist auch, dass Ullrich über die mehr als vier Jahrzehnte hinweg nur zwei Chefs erlebt hat: Bürgermeister Erich Henkelmann bis 1996 und anschließend den amtierenden Rathauschef Horst Herbert, der durchweg lobende Worte über den scheidenden Bürgerbüroleiter fand: Für seinen großen Einsatz für die Gemeinde und das vertrauensvolle Miteinander sagte er dem scheidenden Bürgerbüroleiter von ganzem Herzen Dank – ganz persönlich wie auch im Namen der Gemeinde.
Geschäftsleiter Marcel Ritz trug ein Abschiedsgedicht vor, das auf Ullrichs Dienstzeit in gereimter Form zurückblickte: "Von Lacher- bis zur Weinerei, war bei den Trauungen wirklich alles dabei", lautete eine treffende Textzeile. Christian Pfister sprach Dankesworte im Namen des Personalrats, dem Ullrich selbst insgesamt über 15 Jahre angehört hatte.
"Alles Gute für die Zukunft, viel Erfolg bei all deinen Plänen und Vorhaben, Gesundheit und einen zufriedenstellenden nächsten Lebensabschnitt", wünschte die gesamte Belegschaft.
Ullrich bedankte sich für die vielen Glückwünsche und betonte, dass er sich den täglichen Herausforderungen in der Verwaltung immer gerne gestellt habe. Wichtig seien ihm immer Herzlichkeit und Wertschätzung gewesen, sowohl im Kollegenkreis als auch gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.