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GEROLZHOFEN
Mutig, gerecht und leger
Norbert Finster
 und  Lothar Riedel
 |  aktualisiert: 11.12.2019 19:09 Uhr

Fast 74 Jahre lang war er katholischer Priester und im vergangenen September feierte er seinen 100. Geburtstag. Im Wohnstift Steigerwald besuchte er auch in diesem Alter noch so manchen Gottesdienst. Am Donnerstagabend ist Pfarrer Otto Storg in der Geomed-Klinik gestorben.

Der Geistliche war allenthalben beliebt und verdiente sich hohe Anerkennung vor allem durch sein soziales Engagement. Aber auch zu seinen „Schäfchen“ herrschte eine legeres Verhältnis. Den Mönchstockheimer Ministranten schenkte er einmal eine Schachtel Zigaretten, weil sie beim Aufbau der Weihnachtskrippe geholfen hatten.


+++ Video: Festgottesdienst zum 100. Geburtstag +++
 

Fotoserie
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Otto Storg war sowohl vom Lebensalter auch von der Dienstzeit her der älteste Priester in der Diözese Würzburg. Sein Geburtsjahr ist 1914, das Jahr, in dem der Erste Weltkrieg ausbrach. Noch zu Zeiten von Bischof Matthias Ehrenfried und mitten im Zweiten Weltkrieg, am 16. März 1941, wurde der gebürtige Schweinfurter zum Priester geweiht.

 

Seine Primiz in Schweinfurt feierte er unter Nazi-Repressionen. Vier Wochen nach der Weihe zog die Wehrmacht den Jungpriester zum Militärdienst ein. Im Russlandfeldzug leistete er Sanitätsdienst. In Kiew gelang es ihm Ende 1941, 200 gefangene Juden von einem Transport abzusondern und in die Freiheit zu entlassen. Höchstwahrscheinlich hat er sie vor dem sicheren Tod gerettet.

In Fellen trat Storg 1945 seine erste Kaplanstelle an. Auch seine Folgestellen in Wörth, Alzenau und Amorbach lagen im westlichen Teil der Diözese. 1952 wurde Storg Kuratus in Soden, 1959 Pfarrer in Hendungen. Ab 1962 wirkte er am Steigerwald, nämlich in der Pfarrei Bischwind, von wo aus der auch Mönchstockheim seelsorgerisch mitbetreute. Hier verbrachte er 37 Jahre. Besonders am Herzen lag dem Geistlichen die „Bischwinder Kappel“, die weithin sichtbare Wallfahrtskirche außerhalb des Ortes. Zweimal ließ er die Kirche restaurieren. Einen Teil der Kosten finanzierte er mit dem Erlös des von ihm eingeführten Kappelfestes.

Für seinen Einsatz verliehen ihm die Gemeinden Dingolshausen und Sulzheim die Ehrenbürgerwürde und Bürgermedaille in Gold. Eine Straße in Bischwind trägt seit 2004 seinen Namen.

Der verstorbene Pfarrer Otto Storg wirkte auch in Schallfeld neun Jahre lang als Seelsorger. Von Juli 1966 bis zum September 1975 hatte er die Aufgabe des Pfarrverwesers für die Pfarrei übertragen bekommen. Er übernahm das Amt von Pfarrer Franz Bauer aus Gerolzhofen.
Viele Ministranten, die unter Pfarrer Storg am Altar dienen durften, haben auch nach 40 Jahren dessen tolerante und großzügige Einstellung nicht vergessen. Der Seelsorger strahlte Zuversicht aus und hatte eine positive Sicht des Lebens, die er auch vermittelte. Kurze Messfeiern waren sein Markenzeichen.
Mit Humor erzählte er aufmerksamen Zuhörern von seinem erlebnisreichen Leben, zahlreichen Reisen im In- und Ausland und aus dem Krieg. Storg war in Schallfeld auch Jahre nach seinem Wirken noch ein gern gesehener Gast.

Pfarrer Storgs Wirken erstreckte sich weit über die Diözese hinaus. Seit 1980 hat sich der reiselustige Pfarrer sich für den Kirchenbau in Tansania eingesetzt und für drei Gotteshäuser in den Diözesen Iringa, Njombe und Songea Geld bereitgestellt. Dafür ernannten ihn die Wahehe, ein Stamm in Tansania, zum Ehrenhäuptling. Seit 2004 war er auch Ehrenkanoniker des Kapitels der Heilig-Geist-Kathedrale im tschechischen Königgrätz. Dort hatte er sich während des Zweiten Weltkriegs durch Großherzigkeit und Mut ausgezeichnet. Nach der Grenzöffnung 1989 brachte Storg regelmäßig Hilfsladungen mit Lebensmitteln und Kleidung nach Königgrätz.

Erst mit 84 ging Otto Storg in den Ruhestand. Den ersten Teil seiner Ruhestandszeit verbrachte er von 1999 bis 2008 in Michelau. Danach zog er ins Wohnstift Steigerwald in Gerolzhofen um.

Dort feierte er vor wenigen Monaten seinen 100. Geburtstag. Dazu war auch Bischof Friedhelm Hofmann gekommen. Der Bischof attestierte ihm damals, sein Leben immer nach der Botschaft Jesu ausgerichtet zu haben. Selbst im schrecklichen Russlandfeldzug habe er seine Mahlzeit mit hungernden russischen Frauen und Kindern geteilt und Tiere, Kreuze und Ikonen aus Gebäuden gerettet, die die Wehrmacht angezündet hatte. Hofmann: „Sie sind nicht nur ein Wanderer zwischen zwei Welten, dem Himmel und der Erde, sondern auch zwischen irdischen Staaten und Kulturen geworden.“

Das Requiem für den Verstorbenen wird am Mittwoch, 25. Februar, um 14 Uhr in der Pfarrkirche Sankt Wendelin in Bischwind gefeiert. Die Beisetzung in Bischwind schließt sich an.

 
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