
Die Musik liegt ihm im Blut. Das mag abgedroschen klingen, aber für José Antonio Zambrano ist es die einzig richtige Beschreibung: Der gebürtige Venezolaner ist der beste Beweis für die wissenschaftliche Erkenntnis, dass die Gene die Musikalität bestimmen. In Kombination mit seinem Erfahrungsschatz, seinem südamerikanischen Temperament und seiner ansteckenden Begeisterung ist der 59-Jährige ein Glücksfall für die Musikschule Schweinfurt, wo er seit 1996 die Fächer Mandoline, Violine, Gitarre und Musikalische Früherziehung unterrichtet.
Aufhorchen lässt der Vollblutmusiker auch noch in anderer Hinsicht: Seit vielen Jahren komponiert er Werke für kleine und größere Besetzungen, für Soloinstrumente, Ensembles sowie für Zupf-, Streich- und Sinfonieorchester. Sein neuestes Werk: "El vuelo de las garzas", zu Deutsch "Der Flug der Reiher". Das Streichsextett hat Zambrano zum Abschied drei seiner Schützlinge komponiert, die nun nach dem Abitur die Musikschule verlassen. Es wird beim Konzert des Sinfonieorchesters der Musikschule am Donnerstag, 18. Juli, um 18.30 Uhr in der Rathausdiele uraufgeführt.

"Ich lasse sie ungern ziehen", sagt Zambrano, "denn sie haben das Orchester geprägt." Gemeint sind die drei Geigerinnen Louise Orlamünder, Evelyn Feser und Tabea Schneider, die sich bei ihm "musikalisch eingenistet" hatten und nun flügge geworden sind. Neben dem weinenden Auge gibt es aber auch ein lachendes, weil Zambrano bereits kleine vielversprechende Schützlinge in den Startlöchern hat.
Auf allen großen Bühnen der Welt gespielt
Das Sinfonieorchester gründete Zambrano 2012 vor dem Hintergrund eigener Erfahrungen im Landesjugendorchester in seiner Heimat Venezuela. Später – nach Studien am Konservatorium in Caracas – führte ihn sein Weg als Mitglied des venezolanischen Landessinfonieorchesters auf alle bedeutenden Bühnen dieser Welt, vom Teatro Colón in México über das Bolschoi-Theater in Russland bis hin zur Mailänder Scala in Italien.

Zambrano kommt aus einer musikalischen Familie. Schon als Dreijähriger hat er gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder und seinem Freund Felix auf leeren Metalldosen Musik gemacht und so die Leute im Dorf unterhalten. "Das ist mein schönstes Kindheitserlebnis", erzählt der 59-Jährige, "das hat mich geprägt."
Bei einem Musikfest, das der Bund Deutscher Zupfmusiker 1990 in Wuppertal organisierte, kam Zambrano nach Deutschland und blieb. "Ich liebe das Land", sagt er, "es hat mir so viel gegeben." Zambrano hat in Deutschland noch einmal ein Musikstudium im Fach Mandoline aufgenommen und 1998 seine künstlerische Reifeprüfung abgelegt. Neben Geige und Mandoline spielt er auch Gitarre, Kontrabass, Harfe, Klavier und alle typischen südamerikanischen Zupfinstrumente.

Seit zehn Jahren ist Zambrano auch deutscher Staatsbürger. In Schweinfurt hat er eine neue Heimat gefunden und in der Musikschule ein "zweites Zuhause". Nach Venezuela kann er aufgrund der politischen Umstände nicht mehr zurück.
Musik fürs Leben
So sehr Zambrano ein Bühnenmensch ist, so gerne ist er auch Pädagoge. "Es ist spannend zu sehen, wie sich meine Schüler von der ersten Klasse bis hin zum Abitur weiterentwickeln", sagt er. Seine Schülerinnen und Schüler profitieren nicht nur von seinem großen Erfahrungsschatz, sondern auch von seiner Begeisterung für die Musik. "Er hat das Talent, die Kinder zu motivieren", lobt Musikschulleiterin Andrea Schärringer den Musiker und Pädagogen. Und Zambrano freut es, dass seine Schützlinge von ihm die Musik förmlich "absaugen" und dass er ihnen dadurch vieles auf den Weg für ihr Leben mitgeben kann. "Das ist ein schönes Gefühl."
Stolz ist Zambrano vor allem auf das von ihm aufgebaute Sinfonieorchester. "Wir haben ganz klein angefangen, und heute spielen wir große Werke." Neben dem Orchester hat er mehrere Ensembles gegründet, für die er auch Werke arrangiert und komponiert. Das Komponieren ist Zambranos dritte große Leidenschaft. Er schreibt Werke für kleinere und größere Besetzungen und sogar Orchester. Das bisher größte Werk ist "Das blaue Wunder Planet Erde", eine symphonische Dichtung für Sinfonieorchester, Chor und Zupforchester.
Apropos Zupforchester: Zambrano ist auch Dirigent. Neben seiner Lehrtätigkeit an der Musikschule in Schweinfurt leitet er das Landeszupforchester Rheinlandpfalz. Daneben arbeitet er noch als Dozent bei verschiedenen Workshops und Seminaren sowie als Juror bei Wettbewerben.
Musiker, Pädagoge und Komponist – was macht er am liebsten? "Alles", sagt Zambrano. Als Musiker genieße er es, auf der Bühne zu stehen. Als Pädagoge freue er sich, sein Können weiterzugeben. Und als Komponist liebe er es, aus seinem Fundus an Emotionen neue Musik zu kreieren und Menschen damit zu erfreuen.
Und welches Instrument spielt er am liebsten? Auch hier hat Zambrano eine salomonische Antwort: "Ich liebe sie alle." Auf keines seiner Instrumente möchte er verzichten. Eines aber liebt er ganz besonders, die Geige, denn sie ist das Instrument, das ihn auf die Bühne gebracht hat. "Sie ist etwas Schönes, Wunderbares." Zambrano spielt eine Mittenwald-Geige von Josef Klotz, die 1774 gebaut wurde. Auch das ist etwas Besonderes.