Es waren schon noch andere Zeiten, als Schwebheims Pfarrer Dr. Hans Rotter 1949 einen Posaunenchor ins Leben rief. Fünf Jahre nach Kriegsende war bei den meisten noch Schmalhans Küchenmeister und die Motivation dem Posaunenchor beizutreten hatte nicht selten auch einiges mit der wirtschaftlichen Situation zu tun. Fünf Gründungsmitglieder leben noch, Paul Müller ist mit seinen 95 Jahren der älteste von ihnen.
Er hatte schon im Spielmannszug der Hitlerjugend mitgespielt, aber das waren "alles Instrumente ohne Ventil", erklärt er. Deshalb ließ sich Müller gerne einladen in seiner Gemeinde mitzuspielen, zumal er das Instrument von der Kirche gestellt bekam. Neun Männer bewegte Rotter im Juli 1949 dazu den Posaunenchor mit zu gründen, allerdings konnten zu Beginn nur drei von ihnen überhaupt ein Blechinstrument spielen. Der Kirchenvorstand schaffte damals sechs Instrumente an, so dass der Probenbetrieb im August beginnen konnte. Das Chorbuch des Gründungsjahres berichtet von insgesamt 75 Proben und Aufführungen.
Eigentlich war die Trompete das Wunschinstrument
Friedrich Model hatte dafür eine eigene Posaune bekommen. Eigentlich hätte er lieber Trompete gespielt, "das wollte damals jeder", erinnert er sich. Seine beiden Großmütter aber entschieden anders. Sie kauften die Posaune für ihn, unter der Bedingung, dass er zum Posaunenchor geht. Mit den Omas wollte er es sich auf keinen Fall verscherzen, denn von denen bekam er ja auch sein "Sonntagsgeld". Als die Großmütter tot waren verließ er den Chor.
Damals, so Müller, habe man im Saal des Gasthofs Lamm die Gottesdienste gefeiert, weil die Kirche neu gebaut wurde. "Danach sind wir im Dorf rumgelaufen und haben gespielt und die Kinder haben anschließend in den Häusern für den Kirchenneubau gesammelt", erinnert sich der 95-Jährige. Es war wohl eine der hervorstechenden Eigenschaften des ehemaligen Pfarrers, dass er wusste, wie man zu Geld kommt. Georg Husseneder bestätigt das: "Der Pfarrer hat schon gewusst, wo er hingehen muss, wenn er was gebraucht hat." Er besuchte auch seine Familie eine Trompete war schon da und so spielte der 13-jährige Georg mit. "Ich hab schon viel geübt", erinnert er sich und ist froh, dass er keine Zugposaune hatte, "ich war so froh, dass ich nur drücken musste."
Viele kannten zunächst nicht einmal die Noten
Viele hätten damals noch nicht einmal die Noten gekannt, erzählt Model und Husseneder reagiert spontan, "zu denen hab ich auch gehört." Hans Göttemann erinnert sich, wie Rotter dieses Problem gelöst hat. "Er hat immer unter die Noten die Griffe geschrieben." Husseneder lacht: "Ich habe zwar nicht gewusst wie die Note heißt, aber wie sie gegriffen wird."
Alle vier sind voll des Lobes über ihren ersten Chorleiter Rotter. "Sehr gnädig" sei er gewesen, und er habe immer gesagt: "Wir spielen zu Ehren Gottes, da darf auch mal ein falscher Ton dabei sein." Bereits das Erntedankfest 1949 leitete der inzwischen auf 14 Musiker angewachsene Chor mit einem festlichen Chorblasen ein. Das Schweinfurter Tagblatt schrieb damals: "Angesichts der Tatsache, dass die meisten Bläser noch vor wenigen Wochen nicht einmal den Namen ihrer Instrumente gekannt haben, war ihre Leistung wirklich erstaunlich."
Auch mal mit dem Kugelschreiber dirigiert
Dies war wohl nicht zuletzt Rotters Engelsgeduld zu verdanken. "Er war nicht einmal ungehalten, wenn er mit seinem Kugelschreiber dirigierte", betont Husseneder. Sein Nachfolger Georg Jauchstetter war aus anderem Holz geschnitzt. "Mit dem sind viele nicht zurechtgekommen", erzählt Model. Auch Müller hat bei ihm aufgehört. Als Landwirt und Schichtarbeiter konnte er nicht bei jeder Probe anwesend sein, weshalb er bei einem Auftritt nicht mitspielen durfte. Dann habe er halt gar nicht mehr gewollt, erzählt er.
Bei der Einführung des neuen Pfarrers, erzählt Model habe der Posaunenchor nach zwei verschiedenen Noten gespielt. Mit schelmischem Grinsen meint er: "Aber der Pfarrer hat's gar nicht gemerkt." 1969, unter Jauchstetter, trat Jutta Metz in den Chor ein. Damals hätten sich vier Präparanten dem Chor angeschlossen, sie selbst vor allem, weil sie so die Chance hatte ein Instrument zu lernen, das die Kirche zur Verfügung stellte. Die Familie hätte sich keines leisten können, erzählt sie. Auch sie erinnert sich an eine besondere Begebenheit. Die Bläser hatten die Konfirmanden zur Kirche begleitet, weil darin aber kein Platz mehr war und die Musiker erst wieder zum Auszug gebraucht wurden, gingen sie ins Wirtshaus. Da war es aber so schön, dass sie das Auszugsläuten gar nicht mehr wahrnahmen und die Konfirmanden vor der Kirche nur auf einsame Notenständer statt auf den Posaunenchor trafen. "Peinlich" sei das gewesen meint sie und muss doch grinsen.
Ihr Sohn ist heute der achte Dirigent des Posaunenchors. Der spiele zwar noch immer zur Ehre Gottes, "aber auch zu unserer Freude", meint Bernd Schubert.
Am 19. Mai um 9.30 Uhr feiert der Posaunenchor seinen 70. Geburtstag mit einem Festgottesdienst in der Auferstehungskirche am Plan. Geprobt wieder immer mittwochs um 19.30 Uhr im Bibrasaal. Neue Musiker werden mit offenen Armen empfangen.