Wolfgang Amadeus Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" entstand in einer Zeit, als Orientalisches nicht nur am Wiener Kaiserhof ziemlich angesagt war: Uraufgeführt 1782, erfüllte der Schauplatz, ein Palast an der türkischen Küste, genau die gesellschaftlichen Wünsche. In Schweinfurt brachte die Kammeroper Prag in Koproduktion mit der Nordböhmischen Oper Usti nad Labem das Singspiel zur Aufführung.
Der Garten im Palast des Bassa Selim wird im Bühnenbild (Martin Otava) durch einen Feigenbaum aus Tüchern symbolisiert, der Hof umgeben von hellen Wänden mit kleinen Fenstern und Durchgängen, dazu ein paar Lastenkarren; den orientalischen Zauber darf die Fantasie des Betrachters entspinnen.
Traditionelle Inszenierung
In dieser eher kargen Umgebung entwickelte sich eine recht traditionelle, ja betuliche Inszenierung (Martin Otava), was durchaus gefällig und wenig anstrengend einfach nur zum Genießen einlud. Konstanze wurde gemeinsam mit ihrer Zofe Blonde und deren Geliebtem Pedrillo entführt und auf einem Sklavenmarkt an den Bassa verkauft. Der spanische Edelmann Belmonte, Dienstherr des Pedrillo, liebt Konstanze, und so wird der Plan entworfen, die Damen zu entführen. Diese Pläne scheitern zunächst am widerborstigen Osmin, der in den Diensten des Bassa steht, und am Bassa selbst. Zuletzt löst sich jedoch alles in Wohlgefallen auf.
Unter der straffen Führung von Milan Kanák lieferte das Orchester eine duftige und akzentuierte Ouvertüre, begab sich für den Rest des Abends jedoch in routinierte Mittelmäßigkeit. Jarmila Baxová als Konstanze erfüllte ihre Rolle als traurig-schmachtende Gefangene recht anschaulich und mit eher fülliger denn koloraturhafter Stimme, in den Höhen leider scharf und schrill. Monika Sommerová konnte sich an diesem Abend stimmlich weit mehr profilieren, lieferte zudem eine quirlige und kokette Blonde, die wesentlich mehr Regieeinfälle hätte erfüllen können, als sich ständig Hände klatschend fröhlich im Kreis zu drehen.
Richard Klein als schneidiger Pedrillo und Ivaylo Guberov als Osmin überzeugten nicht nur mit dem komödiantisch köstlichen Duett "Vivat Bacchus", in dem sich Orient und Okzident ganz anschaulich verbrüdern. Guberovs Aufzählung der martialischsten Folterqualen hätte gerne markanter, manches auch pünktlicher interpretiert werden dürfen; dafür gelang ihm die Arie "Oh wie will ich triumphieren" umso vorzüglicher!
Daniel Behle jedoch, ganz Edelmann Belmonte, sang qualitativ alle an die Wand: Egal ob Freudentränen, Seelenqual, Liebesleid, glühende Hoffnung oder vollkommenes Glück: Intensiv sein Spiel, charaktervoll und geschmeidig sein Gesang, eine beeindruckende Leistung!
Richard Maynau war in seiner Sprechrolle ein würdevoller Bassa Selim; von der Spielfreiheit her war ihm vor allem die vordere Bühnenebene zum Hin- und Herspazieren zugewiesen. Ein paar spritzige Regieeinfälle gab's aber doch, etwa die Badewannenszene zwischen Osmin und Blonde, die einer gewissen aktuellen Pikanterie angesichts des hierbei besungenen Freiheitsdrangs der Engländer nicht entbehrte. Ein netter, harmlos vergnüglicher Abend, der mit viel Applaus bedacht wurde.
Es muss nicht alles dramatisiert, aktualisiert, und sonstwie verdreht werden! Dafür ist Mozarts Musik nicht gemacht worden, dafür ist sie nicht gedacht - und dafür braucht sie auch kein Mensch!