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SCHWEINFURT
Motto: Mit uns können Sie reden
Robert Bundschuh im Gesprächsladen.
Foto: Anand Anders | Robert Bundschuh im Gesprächsladen.
Susanne Wiedemann
 |  aktualisiert: 27.04.2023 06:40 Uhr

Ich muss mal mit jemandem reden. Wer ein Problem hat, wen etwas umtreibt, ist mit diesem Wunsch schon einen wichtigen Schritt gegangen. Mit jemandem reden. Nur, mit wem? Einem Bekannten? Einem Freund? Einem Familienmitglied? Oder besser vielleicht mit einem Außenstehenden?

Da bietet sich der Gesprächsladen, eine Einrichtung des Katholischen Dekanates Schweinfurt in der Manggasse 22, an. Das Motto „Mit uns können Sie reden“ ist Programm. Und das seit fast 20 Jahren. Weit über 31 000 Gespräche wurden seitdem geführt. Und der Bedarf wird nicht weniger. Im Gegenteil.

Leidensdruck spielt eine Rolle

Robert Bundschuh ist seit Anfang an dabei. Die Leute haben eine Entscheidung getroffen, wenn sie hier sind, sagt er. Der Leidensdruck ist entsprechend hoch. Viele stecken in einer Krise. Viele werden mit Erlebnissen oder Erfahrungen nicht fertig. Arbeitslosigkeit, Trennung, Trauer, Probleme in der Arbeit, bringen Leute in den Gesprächsladen.

Aber auch Sorgen um ein pubertierendes Kind, seelische Probleme. Oder einfach der Wunsch, mal sein Herz auszuschütten und erleichtert weiterzugehen.

„Die Themen sind so vielfältig und bunt wie das Leben“, sagt Bundschuh. Ein Großteil der Gesprächssucher sind Frauen, sie sind zwischen 28 und 30 oder 50 bis 55 Jahre alt. „Wir sind eine hilfreiche Einrichtung“, ist sich Bundschuh sicher. Denn das Angebot ist niederschwellig. Wer reden will, kommt einfach vorbei.

Wer will, kann anonym bleiben

Er braucht keine Verpflichtung eingehen, muss keine Termine aufmachen und kann anonym bleiben. Das wollen viele, die den Weg in die Manggasse 22 finden. Auch, wenn der Hintergrund kirchlich ist: Es geht nicht um Glauben, Religion ist kein Thema. Es geht ums Zuhören und ums Helfen.

Und es geht in erster Linie ums Reden. Nicht um überzeugen, etwas anders zu machen, um Ratschläge geben. Zuhören ist wichtig, nicht bewerten, nicht beurteilen, nicht verurteilen, was man hört als Mitarbeiter im Gesprächsladen. „Das Gegenüber ist Chef seines eigenen Lebens“, ist die Devise.

Was ist das Ziel des Gesprächs? Wegnahme von Traurigkeit. Angst und Sorge sollen an Wucht verlieren. „Die Leute sollen gestärkter, ermutigter gehen, als sie gekommen sind.“ Wahrgenommen zu werden, Wertschätzung zu erfahren, auch das ist ein Ziel eines Gesprächs. Gerade in Zeiten zunehmender Vereinsamung sei das wichtig.

In der Regel verlaufen die Gespräche kurz. 15 bis 20 Minuten, sagt Bundschuh. Die Mehrzahl der Leute kommen einmal, bei Traumasituationen ist Bedarf nach Gesprächen größer. Fünf- bis sechsmal suchen Menschen das Gespräch. „60 Prozent sind aber Einzelkontakte.“

Ermutigen wollen Bundschuh und das Gesprächsladen-Team, in dem 13 Ehrenamtliche aus den unterschiedlichsten Berufen engagiert sind. Übrigens auch hier sind es mehr Frauen: 11:2 ist das Verhältnis. Wer im Gesprächsladen aktiv ist, wird ausgebildet, es gibt regelmäßige Supervisionen. Und der Teamgeist scheint sehr wichtig zu ein.

Humor ist wichtig

Bei den Gesprächen spielt aber auch Humor eine große Rolle. „Das Leben hat noch andere Facetten“, auch das ist eine Botschaft, die jemand nach Hause mitnehmen kann.

Was ist tabu? Floskeln, Plattitüden. So was wie „Das wird schon wieder“. Das mag aus der Hilflosigkeit kommen, mit den Problemen anderer umzugehen. Nur ist es nicht hilfreich.

Der Gesprächspartner gibt vor, wie sein Gegenüber agiert und reagiert, sagt Bundschuh. Wer zuhört, will dem anderen helfen, auf die Spur zu kommen, sich über seine Gefühle klar zu werden, Möglichkeiten zu entdecken. Statt des Gefühls „Nichts geht mehr“ ist der neue Ansatz: „Was geht noch?“

Es ist ein Geben und ein Nehmen, beschreibt Bundschuh die Gespräche. Beide Seiten kommen mit sich selbst in Berührung. Ein Prozess, der Einfühlungsvermögen und Achtsamkeit erfordert. Oder wie Bundschuh formuliert: Kommunikation kann man lernen, aber auch verlernen.

Hinweis: Der Gesprächsladen in der Manggasse 22 ist geöffnet Montag, Dienstag und Mittwoch von 10 bis 14 Uhr, Donnerstag und Freitag von 14 bis 18 Uhr (und nach Vereinbarung). Tel. 20 79 55

www.gespraechsladen-schweinfurt.de

 
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