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Gerolzhofen
Mode ist die Haut der Seele
"Mode spiegelt Emotion" ist der ungewöhnliche Abend im Gerolzhöfer Museum Johanniskapelle überschrieben. Das Publikum ist begeistert.
Sie nahmen am Ende strahlend den Applaus des Publikums entgegen: (von rechts) Anja Iff, Ulli Hillebrand, Luisa Röll, Steffi Lembcke und Jutta Keller.
Foto: Klaus Vogt | Sie nahmen am Ende strahlend den Applaus des Publikums entgegen: (von rechts) Anja Iff, Ulli Hillebrand, Luisa Röll, Steffi Lembcke und Jutta Keller.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:12 Uhr

Die Szenerie ist durchaus ungewöhnlich: Großformatige Emotionen-Portraits mit ihren lauten Farben neben ruhigen gotischen Bildwerken, Kleiderständer mit einer bunten Auswahl an Blusen, Röcken, Schals und Hosen stehen vor dem alten Altarstein, Ledersessel werden von Scheinwerfern beleuchtet: "Mode spiegelt Emotion" ist der ungewöhnliche Abend in der Johanniskapelle überschrieben. Das Publikum ist begeistert.   

Mode ist die Haut der Seele. Dieses Zitat des bekannten Modedesigners Guido Maria Kretschmer macht den Zusammenhang zwischen der persönlichen Gefühlswelt und der alltäglichen Kleiderwahl deutlich. Wie man sich fühlt, so kleidet man sich.

In vier verschiedenen Spielszenen stellt Anja Iff an diesem Abend unterschiedlichste emotionale Situationen dem Publikum vor, jeweils mit großformatigen Bildern auf der Beamer-Leinwand und mit passender Musik optisch und akustisch verstärkt. Da ist zum Beispiel die junge Frau, gespielt von Ulli Hillebrand. Sie steigt am Morgen aus dem Bett, schläfrig und müde. Dazu läuft "Bye Bye Black Bird" von Joe Cocker. Sie hat die ganze Nacht nicht gut geschlafen, quälende Sorgen und Gedanken haben sie wach gehalten. Die Frau stellt sich vor den Kleiderschrank und holt eine bunte Bluse heraus, hält sie vor sich hin und betrachtet sich im Spiegel, schüttelt den Kopf und hängt sie wieder rein. Sie greift lieber zu einer bequemen schwarzen Hose, zieht einen dunklen Rollkragenpulli an und eine graue, zu große Strickjacke drüber. Etwas zum Reinkuscheln... 

Eine Frau in dieser Stimmungslage werde an so einem Tag auf keinen Fall ihre neue weiße, figurbetonte Jeans tragen und dazu die Bluse mit dem bunten Blumenmuster anziehen, erklärt Anja Iff. Denn: "Sie wählt lieber kuschelige Materialien. Diese Haptik spendet Trost, hüllt sie ein.  Grau wählt, wer sich im Hintergrund halten und nicht auffallen will."

Das leuchtende Blumenkleid

Szenenwechsel: Zur Musik "Pretty Woman" von Roy Orbison erscheint die junge Luisa Röll, das Handy am Ohr. Das Mädchen ist aufgeregt, läuft hin und her. Luisa geht an den Kleiderständer, blättert, zieht mehrere Kleider heraus. Sie wählt ein buntes Blumenkleid in leuchtenden Farben, das ihre Taille zeigt. Der Rock schwingt, sie dreht sich vor dem Spiegel, macht Selfies. Ein verliebtes Mädchen, das sich auf das Date mit ihrem neuen Freund freut. Sie wollen einen Ausflug machen, sie werden Hand in Hand durch die Straßen bummeln, Eis essen und die Sonne genießen... 

Strenger Blick, strenge Kleidung: Steffi Lembcke stellte die Emotion der Geschäftsfrau vor.
Foto: Klaus Vogt | Strenger Blick, strenge Kleidung: Steffi Lembcke stellte die Emotion der Geschäftsfrau vor.

Die junge Frau will sich nicht verstecken, analysiert Anja Iff. "Jeder darf sehen, dass es ihr gut geht, dass sie glücklich ist." Mode könne auch beim Betrachter Gefühle der Freude und guten Laune wecken. "Wir erinnern uns in diesem Fall an Situationen, die wir in dieser oder ähnlicher Stimmung erlebt haben. Denn an die Momente, die wir unter starken Emotionen erlebt haben, können wir uns später besser erinnern - und oft wissen wir sogar noch, was wir damals als Kleidung getragen haben."

Die Macherin

Die Stimmung schlägt um. Zur Musik "It's a Man's World" von James Brown erscheint mit großen Schritten und erstem Blick Steffi Lembcke. Sie geht zum Kleiderständer und holt einen blauen Blazer heraus, greift zur hellblauen Hemdbluse. Sie hält sich einen Rock hin, schüttelt den Kopf, denn er ist zu kurz. Dann greift sie zur gerade geschnittenen Stoffhose, passend zum Blazer. Sie frisiert ihre Haare streng. Sie hält den roten Lippenstift an die Lippen, dann legt sie ihn weg und nimmt doch nur den farblosen Labello. Sie dreht sich und wendet sich vor dem Spiegel. Soll sie den oberen Knopf des Blazers zu machen oder offen lassen? Sie lässt ihn offen und macht noch eine Perlenkette hin. Fertig.

Diese Frau ist erst vor kurzem zur Abteilungsleiterin befördert worden. Und heute steht ein wichtiger Termin bei der Geschäftsleitung an. "Die Frau muss durch ihre Kleidung ihre Fähigkeiten unterstreichen, ihren Platz in der Männerwelt behaupten, nicht vom Thema ablenken", erklärt Anja Iff nach der Spielszene. "Sie möchte wegen ihrer Kompetenz geschätzt werden und nicht wegen ihrer Weiblichkeit. Deshalb wird sie keine grellen Farben, bunte Muster oder zu figurbetonte Kleidung wählen." Die Frau reiht sich ein in die Uniform der Anzugträger, die in dieser Position ungeschriebenes Gesetz ist. So strahlt sie Selbstsicherheit und Vertrauen aus, gute Voraussetzungen für das Gelingen ihres Termins mit der Geschäftsleitung.

Die Blazer der Angela Merkel

In einem kleinen Abstecher geht Anja Iff mit mehreren Fotos dann auf die derzeit politisch mächtigste Frau der Welt ein: Angela Merkel und ihre zahlreichen Blazer in Drei- oder Vierknopfvariante. "Frau Merkel trägt Blazer in Kombination zu einer dunkelblauen oder schwarzen schlichten Hose, die perfekt sitzt." Die Kanzlerin trage die Uniform der Männer ihrer Politikerschicht. "Aber sie nutzt die Farbe als Zeichen der Frauen." Grün, wenn es um Zuverlässigkeit und Bescheidenheit geht, Blau bei Verhandlungen in Sachlichkeit und Harmonie, Rot bei festlichen Anlässen und wenn Durchsetzungsvermögen gefragt ist und ein Gelb, wenn bei öffentlichen Terminen Optimismus, Lebensfreude und Aufgeschlossenheit signalisiert werden sollen.

Erotik in Schwarz

Spielszene vier: Es erklingt "Sexual Healing" von Marvin Gaye. Jutta Keller steht vor den Kleiderständern und wiegt sich im Takt der Musik. Ihr schwarzer Body und die schwarzen Strümpfe spielen mit der Transparenz. Enthüllen und Verhüllen. Die Frau wählt einen kurzen schwarzen Rock, der ihre schlanke Figur und Beine zur Geltung bringt. Über den Body mit seinem tiefen Dekolleté noch ein schwarzes Paillettenjäckchen, dazu hochhackige rote Pumps und einen roten Seidenschal. Fertig ist die rothaarige Versuchung.

Mode ist Emotion: Jutta Keller wählte zum Tête-à-tête das kleine Schwarze.
Foto: Klaus Vogt | Mode ist Emotion: Jutta Keller wählte zum Tête-à-tête das kleine Schwarze.

"Die Signale dieser Frau sind eindeutig: Hier trägt sie schwarz als Zeichen von Raffinesse und Erotik. Sie stellt ihre weiblichen Vorzüge heraus", erläutert Modeexpertin Anja Iff. Aber: Wie bei allem im Leben kommt es auch hier auf das richtige Maß an. "Denn es kann reizvoller sein, beim Date nicht gleich alles zu offenbaren."

Mode ist Emotion. Langanhaltender Applaus der Besucherinnen und Besucher in der vollbesetzten Johanniskapelle belohnte die Akteurinnen für deren zeitaufwändige Vorbereitung für diesen Abend, der im Rahmenprogramm der laufenden Sonderausstellung mit Werken von Pater Meinrad Dufner stattfand. Und zum Abschluss hat Anja Iff noch einen Tipp parat: "Sie werden morgen früh sicher einige Minuten länger vor dem Kleiderschrank brauchen. Aber machen Sie sich keinen zu großen Kopf, denn das meiste macht der Mensch unbewusst. Die Kleidung, in der Sie sich sicher und wohl fühlen, ist die Richtige."

 
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