
Der Mensch hat die Natur nach der Eiszeit stark verändert. Doch mit Hilfe eines möglichst genauen Rückblicks in die Geschichte und anhand der in den vergangenen Jahrzehnten gemachten Funde vor allem im Hinblick auf die Pflanzensoziologie ist es möglich, ein Bild von der Beschaffenheit der einstigen Landschaft nachzuzeichnen. Das gelingt gerade zwischen Grabfeld und dem südlichen Steigerwald und hier insbesondere in der Gegend am und um den Schwanberg gut.
Dies betonte Erich Meidel vor etwa 40 Freunden der Vorgeschichte nach einer Exkursion in Großlangheim in seinem Diavortrag über die Hauptfundgebiete in der Region Main-Rhön. Hier liegt bei Ottenhausen-Hesselbach nordöstlich von Schweinfurt einer der fundreichsten Freilandplätze Mitteleuropas.
Seit dem Jahr 2007 widmet sich der von Erich Meidel gegründete Freundeskreis Vorgeschichte im Raum Gerolzhofen-Schweinfurt der Geschichte vom ersten Auftreten des Menschen bis zum Gebrauch der Schrift zwischen Main-Steigerwald und Grabfeld. Besonderen Raum nimmt dabei die Mittlere Steinzeit ein, also die Zeit nach der letzten Eiszeit bis zur Ausbreitung der Landwirtschaft.
Bei Großlangheim muss sich den Menschen nach dem letzten Rückzug der Gletscher aus dem Norden Deutschlands Nahrung in Hülle und Fülle geboten haben, so Meidel in seinem Vortrag. Dabei stützte er sich auf eine Broschüre des Archäologischen Netzwerks Kitzinger Land von 2003.
Die Urwald-Frage
Das Klima war wärmer als heute, wie Funde der Sumpfschildkröte selbst in Norddeutschland zeigen. Die Menschen lebten in leichten zeltartigen Gehäusen nur kurzfristig an einem Platz, weil das Wild bald auf die Bejagung reagierte und weiterzog. Zum Teil kehrten die Menschen aber wieder an dieselben Siedlungsstellen zurück.
Ähnlich wie an Felsdachwohnungen der Frankenalb in Oberfranken anhand von Knochenresten der Mittelsteinzeit festgestellt, dürften Hirsch, Elch, Wisent, Ur und das Reh die Hauptbeutetiere gewesen sein.
Oft werde von einem dicht geschlossenen Urwald in der Mittelsteinzeit ausgegangen. Doch hätten dort die erwähnten Großwildarten bis zu ihrer Ausrottung durch den Menschen im späten Mittelalter nicht überleben können, so Meidel.
Durch die zahlreichen gefundenen Reste von Werkzeugen und Jagdwaffen ergebe sich in Bayern ein großes Potenzial für die Erforschung der Alt- und Mittelsteinzeit, so der Referent weiter. Bedauerlicherweise werde dieses aber für die Erforschung eines viertausendjährigen, wichtigen Abschnittes unserer Geschichte nicht ausgeschöpft.
Dass von einem lockeren Urwald ohne Einfluss des Menschen auch in unserem Raum ausgegangen werden könne, würden neben Funden von Lössanwehungen wie bei uns vor allem die Gipsheide in Sulzheim mit ihren Pflanzen und Insekten aus der Eiszeit zeigen. Nur ohne starke Beschattung hätten sie sich bis zur Ausbreitung der Landwirtschaft erhalten können. Bis dahin hielten die großen pflanzenfressenden Waldtiere die Flächen von dichtem Bewuchs mit Bäumen und Hecken frei.
Am liebsten sandig und feucht
Kennzeichen aller mittelsteinzeitlichen Fundstellen in Südwestdeutschland sei das Vorkommen von Rothirsch, Reh und Wildschwein.
Die Mittelsteinzeit ist vor allem durch die Entwicklung der Natur unter heutigen Wärmebedingungen ein wichtiger Geschichtsabschnitt. Sie kann so als Maßstab für eine naturnahe Waldwirtschaft zum Schutz gegen die vom Menschen verursachte Klimaerwärmung dienen, sagte Meidel. Dies etwa, indem im naturnahen Wald stärker an Raum für Kleinpflanzen gedacht werde.
Der mit den vorgeschichtlichen Verhältnissen bestens vertraute Führer Werner Gimperlein (Biebelried) betonte am ehemaligen Hermannsee, dass sich die Sammler und Jäger der Nacheiszeit gerne wie hier in der Nähe von Gewässern auf sandigen Boden aufhielten und auch vom Fischfang lebten, wie die am Hermannsee gefundenen Harpunenklingen vermuten lassen.
Laut Gimperlein breiteten sich unsere Urvorfahren, die Kulturpflanzen anbauten und Nutztiere züchteten, in der folgenden Jungsteinzeit zunächst in fruchtbaren Lössgebieten aus. Bei Großlangheim ließen sie sich auf der anderen Mainseite nieder. Gimperlein wies auch auf die urnenfelderzeitliche Höhensiedlung auf dem Bullenberg und die dort gemachten Hortfunde hin.
Harpunen und Keramik
Große Aufmerksamkeit fand Inge Thomaier (Großlangheim) mit ihrer Beschreibung des im Bauernkrieg zerstörten Schlosses und seiner Ruine. Aus dem Brunnen konnte Werner Gimperlein bei der Restaurierung mittelalterliche Keramik, darunter Scherben mehrerer rund 15 Zentimeter hoher Vierpausbecher (12. bis 14. Jahrhundert) bergen.
Hoch eingeschätzt werden die in der Ausstellung der Gemeinde Großlangheim gezeigten Funde, darunter etwa eine keltische Viertelstater-Münze vom Hermannsee.
Den Dank der Teilnehmer an die Führer und an Erich Meidel übermittelte am Ende der Veranstaltung dessen Nachfolger als Vorsitzender des Freundeskreises, Roland Spiegel aus Eschenau.