Anders als beim Eurovision Song Contest, wollte er diesmal wirklich vorbeischauen, aber nix da: „Andreas Kümmert ist nicht am Start“, musste Moderator Gerald „Jimmy“ Günther zum Auftakt des „Grand Prix de la Chanson de Penivision“ 2015 im Stattbahnhof vermelden – unter cooler Rockgitarren-Brille und blauer Kremlkuppelperücke.
Dreimal hat der gebürtige Gemündener Kümmert schon den „Goldenen Penis“ nach Hause getragen, eine Trophäe, die durchs schrille Szene-Magazin „Kosmischer Penis“ vergeben wird, für stramm aus der alternativen Musikszene herausragende Leistungen. Und das schon seit rund einem Vierteljahrhundert. Die Karriere des Ausnahmesängers Kümmert begann unter anderem mal bei der Schweinfurter Genitaliengala, wo es keinesfalls so knüppelhart zugeht wie in der Skandalwelt der „Bildzeitung“.
Wer hat den Größten?
Immerhin wurde damit die Frage, wer in diesem Jahr am Main den Größten hat, doch wieder mal spannend. Fast so spannend wie die Kleiderauswahl der bezaubernden Assistentin, dem Nummerngirl Conny, auch diesmal ein „witzesprühender Funkenblitz“.
Gleich zu Beginn funkelte vor vollem Saal eine kleine Preziose: Maggie und Maxi von den Schweinfurter „Ghosts without Airplanes“: „Ein Lächeln ist mehr wert als alles Gold der Welt“, lautete das Motto zum schönen Indie-Song, allen aktuellen Goldpreisen zum Trotz.
„Das Brauhaus ist bankrott“, stellte Stattbahnhof-Legende Hans Füsser trocken fest, der sich kurz und rockig vom „Brunsbier“ der Schnüdel verabschiedete. Bevor Vandes als Nürnberger holländischer Abstammung den Trend zur Ernsthaftigkeit fortsetzte, mit wohlklingendem Folkrock: „Ein Mann, der Schweinfurt schön findet“ – das allein taugt zum künstlerischen Alleinstellungsmerkmal.
Bevor die Zukunft des deutschen Hip-Hop die Bühne stürmte: MC Mia (10) ist die Zweitjüngste, die jemals beim Grand Prix dabei war, aber immerhin vier Jahre älter als der Rekordhalter. „Kein Bock“ nannte sich die flotte, selbstbewusste Abrechnung mit klingelnden Weckern: „Nö, ich hab keinen Bock auf Schule, nein.“
„He Told Me To“ alias Sandro Weich aus Coburg hatte sein Debütalbum „While Elephants Sleep“ dabei und kam mit dem Singer-Songwriter-Einstand immerhin auf Platz fünf.
Seinen letzten Preis hat er vor 40 Jahren beim Minigolfen gewonnen, im kroatischen Zadar: der Schilz, der feenhafte Wesen im Regen besang. Merke, das Leben ist wie eine Hühnerleiter: „kurz und beschissen“. Dennoch kein Grund, den Schwanz einzuziehen. Oder einzurollen, wie bei einer der von kundigen Händen, aus Pappmaschee oder Knetgummi, geformten Penistrophäen.
Auch 2015 gab es für jeden Teilnehmer eine kreative Ulknudel, in allen Längen: darunter eine Eierschalen-Variante, ein Blümchen-Exemplar, Salzstreuer oder eine bizarre Rindenmulch-Version. Dazwischen eingeschoben wurden im Programm noch Ricki und Evi, mit einem gefühlvollen Lied über ein (reales) Wiedersehen mit dem Dad, nach 58 Jahren.
Die gewohnt konfuse Anti-Hitler-Death-Crew aus Königshofen hatte dann, anlässlich des 70. Jubiläumsjahres des Ablebens vom Gröfaz, eine passende Antwort auf alle Hasstiraden dieser Welt dabei: ein Liebeserklärung (nein, nicht an den Adi), mit heruntergelassener Hose.
Caroline Korn ist Musical-Sängerin aus Hamburg und besang ein zuckersüßes „Dornröschen“ am Keyboard, bevor die Zweitplatzierten des Vorjahres Peitsche, Frauenperücke und Ledermanschetten auspackten: „Die große BDSM-Verschwörung“, lautete die Antwort von Tschägga & Flo(rentine) auf den „50 Shades of Grey“-Hype: Auaauaaua. Jaaaaa.
Sa(domaso)ti(e)risch und das auch noch per Vers, sozusagen. Zur Strafe gab's einen Klaps auf die Allerwertesten, durch die Assistentin. Stilistische Einflüsse von Milli Vanilli merkte man bei Nico Be, mit einem „Silent Song“: Die Sängerin blieb, wie der Titel schon sagte, stumm.
Der etwas später eingetroffene Midlife Crisler aus Erlangen geißelte den Körperkult, die Zellertaler Spatzenjäger hatten, „uuuh baby“, auch 2015 jede Menge Spaß. Bevor der Nürnberger Uli Tsitsos von Elephant Circle mit „Troubled all night“ ein besinnliches Americana-Betthupferl zum Besten gab.
Frechheit siegt
Die Rangfolge wurde vom Publikum per Stimmkarte festgelegt: Die barfüßige Maggie Barth durfte, welch Ironie, ausgerechnet in güldne Penispantoffeln (auf Platz vier) schlüpfen. Der dritte Platz, sprich ein albinofarbener Lümmel sowie ein Kasten Bier, ging an Vandes. Tschägga & Flo wurden am Ende noch mal so richtig durchgequält – zwar gab es das Köstliche Riesenleberwurschdbrod als Sonderpreis für den originellsten Auftritt. In der Gesamtwertung blieb es mit dem silbernen Penis und einem Keyboard aber wieder beim Achtungserfolg. Während Jungstar MC Mia voller Stolz den Hauptgewinn davontrug. Welch Symbol, denn genau dafür ist der Namensgeber des Contests ja schließlich da: für reichlich musikalischen Nachwuchs.